------------------------------------------- Gesendet: Donnerstag, 8. Mai 2014 17:31:20 Betreff: BRUEEU*2142: 3311. Sitzung des RfAB im Format der Handelsminister am 08.05.2014 Vertraulichkeit: Vertraulich Diese Nachricht wurde automatisch von einer Regel weitergeleitet. ----------------------------------------------------------VS-Nur fuer den Dienstgebrauch ----------------------------------------------------------- aus: AUSWAERTIGES AMT an: BKAMT, BKM, BMAS, BMBF, BMELV, BMF, BMFSFJ, BMU, BMVBS, BMWI, BMZ, EUROBMWI ----------------------------------------------- aus: BRUESSEL EURO nr 2142 vom 08.05.2014, 1728 oz an: AUSWAERTIGES AMT ----------------------------------------------Fernschreiben (verschluesselt) an 400 eingegangen: 08.05.2014, 1729 VS-Nur fuer den Dienstgebrauch auch fuer ATHEN DIPLO, BKAMT, BKM, BMAS, BMBF, BMELV, BMF, BMFSFJ, BMJ, BMU, BMVBS, BMWI, BMZ, BRUESSEL DIPLO, BUDAPEST, BUKAREST, DEN HAAG DIPLO, DUBLIN DIPLO, EUROBMWI, GENF INTER, HELSINKI DIPLO, KOPENHAGEN DIPLO, LAIBACH, LISSABON DIPLO, LONDON DIPLO, LUKSEMBURG DIPLO, MADRID DIPLO, MOSKAU, NEW DELHI, NEW YORK UNO, NIKOSIA, OTTAWA, PARIS DIPLO, PARIS OECD, PEKING, PRAG, PRESSBURG, RIGA, ROM DIPLO, SOFIA, STOCKHOLM DIPLO, TALLINN, TOKYO, VALLETTA, WARSCHAU, WASHINGTON, WIEN DIPLO, WILNA ----------------------------------------------- Betr.: 3311. Sitzung des RfAB im Format der Handelsminister am 08.05.2014 hier: TOP Freihandelsabkommen EU-CAN (CETA) --Zur Unterrichtung-- I. Zusammenfassung Kommissar De Gucht informierte über die Fortschritte beim Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA). KOM hoffe, in den noch offenen Punkten (insbesondere im Agrarbereich, bei Finanzdienstleistungen, Investitionsschutz und maritimen Dienstleistungen) innerhalb der nächsten Woche eine Einigung zu erzielen. Alle wortnehmenden MS unterstrichen, dass CETA als gemischtes Abkommen ausgestaltet werden müsse. KOM wurde aufgefordert, den MS die konsolidierten Texte so bald wie möglich zur Prüfung zu übersenden. Im Fokus der Aussprache lagen die Bestimmungen zum Investitionsschutz. DEU ( unterstützt von NLD, HUN, MLT und AUT) verwies auf diesbezüglichen Prüfvorbehalt und mahnte an, dass die Ergebnisse der ISDS-Konsultationen des Freihandelsabkommens mit den USA auch bei CETA Berücksichtigung finden müssten. II. Ergänzend und im Einzelnen Kommisar de Gucht erinnerte daran, dass der politische Durchbruch bei CETA bereits im Oktober erzielt worden sei. Die technische Umsetzung dieses Ergebnisses würde sich aber weitaus komplizierter darstellen als üblich. Es stelle KOM vor große Herausforderungen, wenn CAN etwa immer wieder bereits finalisierte Punkte wieder zur Disposition stelle. Das Ergebnis werde dennoch ein sehr ehrgeiziges Abkommen sein. So würden fast 99 % aller Zolllinien beseitigt. Zudem öffne CAN erstmals seine öffentlichen Ausschreibungen für ausländische Unternehmen auch auf Provinz- und Kommunalebene, dies sei auch ein wichtiges Signal für die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP). Ebenso überzeugten seines Erachtens die Ergebnisse bei den geografischen Herkunftsangaben. Auch wenn CAN dieses Instrument traditionell skeptisch bewerte, habe CAN alle Arten von nahrungsmittelbezogenen Angaben anerkannt. Bei Dienstleistungen und Investitionen habe man ebenfalls sehr gute Ergebnisse erzielt (gleiches Niveau erreicht wie im Verhältnis zwischen USA und CAN). Insbesondere im Investitionsschutz verblieben ausreichend Rechtsetzungsspielräume für die MS, dies bilde eine solide Grundlage für die Verhandlungen bei TTIP. Bei nachhaltiger Entwicklung habe man erreicht, dass die Verpflichtung zur Ratifizierung und Implementierung von ILO-Konventionen im Abkommen niedergelegt sei. Zum derzeitigen Zeitpunkt gebe es noch offene Punkte in den Bereichen Agrar, Investitionsschutz, Finanz-Dienstleistungen, maritime Dienstleistungen sowie kleinere Fragen bei Ursprungsregeln. Im Einzelnen: Das Agrarpaket sei fast finalisiert und bedürfe noch einer endgültigen Bestätigung. So habe KOM nach schwierigen Diskussionen mit der CAN-Seite vereinbart, dass es eine Zollquotenverwaltung auf Basis eines Lizenzsystems für Rind- und Schweinefleisch geben solle. Für die Einfuhr von Käse nach CAN habe KOM sich Kapazitäten für neue Importeure einräumen lassen. Für die drei bisher noch nicht konsentierten geografischen Herkunftsangaben (Jambon de Bayonne, Beaufort, Nürnberger Bratwürste) werde es eine Kombinationslösung ("Grandfathering and phasing out") geben. Das Kapitel zum Investitionsschutz sei - von wenigen Ausnahmen abgesehen vollständig. Allerdings wolle CAN nunmehr die Anwendung von Investor-Staat Schiedsverfahren ("Investor state dispute settlement" - ISDS) einschränken, sofern geistiges Eigentum betroffen sei. Dieses Ansinnen habe KOM deutlich zurückgewiesen, weil dies nicht im Interesse der pharmazeutischen Industrie der EU sei. Darüber hinaus würden in diesem Fall beispielsweise auch geografische Herkunftsangaben nicht ISDS unterfallen. CAN begründe seinen neuen Vorstoß auch mit den anhaltenden Diskussionen über ISDS in der EU. KOM fordere daher die MS auf, von öffentlichen kritischen Bemerkungen zu ISDS abzusehen. Je stärker die öffentliche Diskussion befeuert werde, desto größere Schwierigkeiten ergäben sich mit Blick auf zukünftige Abkommen. Im Übrigen hätten die MS zahlreiche eigene Investitionsförderverträge abgeschlossen, die ISDS-Mechanismen enthielten. Sobald die ISDS-Konsultationen im Rahmen von TTIP finalisiert seien, werde KOM diesen Bereich sorgfältig evaluieren und daraus entsprechende Schlussfolgerungen ziehen. Ein weiterer Bereich, der noch nicht abgeschlossen sei, seien Finanzdienstleistungen. Dies betreffe u.a. das Portfolio-Management sowie Versicherungen ("cross-border insurance"). Zudem bestehe CAN auf bindenden Verpflichtungen für Schuldverschreibungen. Im Bereich der maritimen Dienstleistungen habe KOM einen Vorschlag zu den Voraussetzungen für Seezubringerdienste auf der Route zwischen Halifax und Montreal übermittelt, den CAN allerdings noch nicht angenommen habe. KOM äußerte die Hoffnung, die noch offenen Punkte alsbald (möglichst innerhalb der nächsten sieben Tage) klären zu können. Im Anschluss sei wie üblich die Konsolidierung der Texte sowie die sprachjuristische Prüfung ("legal scrubbing") vorgesehen. Die finalisierten Texte sollten den MS noch vor Paraphierung übersandt werden - dies sei im Übrigen seines Erachtens nie strittig gewesen. In der anschließenden Aussprache begrüßten alle wortnehmenden MS den Abschluss eines ehrgeizigen Abkommens mit CAN und erinnerten zugleich daran, dass CETA als gemischtes Abkommen ausgestaltet und paraphiert werden müsse. DEU (ebenso NLD) erläuterte, dass dies nicht nur eine Frage der rechtlichen Kompetenzen sei. Es gehe auch darum, über die Beteiligung der nationalen Parlamente breite politische Unterstützung für die Zeichnung des Abkommens einzuwerben. Einzelne MS (DNK, EST, FIN und GBR) sahen eine Priorität in einem raschen Abschluss der Verhandlungen. Demgegenüber wiesen DEU, CZE, SVK, CYP, MLT, HUN, ESP, AUT und FRA darauf hin, dass den MS die Möglichkeit zu einer eingehenden Prüfung der Texte vor Paraphierung gegeben werden müsse. KOM werde daher aufgefordert die konsolidierten Texte so bald wie möglich zu übersenden (letzteres auch von LVA gefordert). Einen Schwerpunkt der Aussprache bildeten die Äußerungen der MS zum Investitionsschutz. So erklärte DEU (unterstützt von POL) - unter Hinweis auf einen gesonderten Prüfvorbehalt für den Bereich Kultur und Medien -, dass man, sobald das endgültige Verhandlungsergebnis vorliege, dieses noch sorgfältig prüfen müsse. NLD, POL, LTU und HUN erinnerten in diesem Zusammenhang daran, dass die Bestimmungen in CETA konsistent mit der Haftungsaufteilungs-VO sein müssten. Zahlreiche MS (IRL, CZE, NLD, POL, GBR, SWE, MLT und ESP) forderten zudem die Streichung des der EU eingeräumten Prüfvorbehalts für Investitionen, die KOM als Reaktion auf den allgemeinen CAN Prüfvorbehalt gegenüber Investoren aus Drittstaaten hineinverhandelt hatte. Dieser Vorbehalt sende ein negatives Signal an die Investoren und entspreche im Übrigen nicht der EU-Investitionspolitik. Eine andere Auffassung vertrat FRA, das sich für ein reziprokes Vorgehen in diesem Bereich aussprach (ähnlich PRT, das entsprechenden Verhandlungsspielraum für KOM forderte). CZE forderte, dass alle bilateralen Investitionsschutzverträge durch CETA ersetzt werden müssten (keine parallelen Investitionsregime) und erinnerte zudem daran, dass eine vorläufige Anwendung des Investitionsschutzkapitels bei ihnen aus verfassungsrechtlichen Gründen ausscheide (letzterer Punkt ebenfalls von HUN vorgetragen). ESP forderte die Aufnahme einer "umbrella clause". DEU (unterstützt von NLD, HUN, MLT und AUT) erklärte darüber hinaus, dass man die ISDS-Vereinbarungen zu CETA nicht vom ISDS-Konsultationsprozess bei TTIP abkoppeln dürfe, da die ISDS-Konsultationen auf den CETA-Verhandlungstexten basierten. AUT ergänzte, dass dies schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit der Konsultationen erforderlich sei. Demgegenüber warb GBR dafür, einem baldigen Abschluss den Vorzug zu geben, auch wenn ein ähnliches Ergebnis in beiden Verhandlungen den Idealfall darstelle. SWE und PRT unterstützten KOM darin, dass man die öffentliche Diskussion zu ISDS nicht befeuern dürfe. Schließlich sei ISDS ausdrücklich in den Verhandlungsmandaten für CETA und TTIP enthalten. Darüber hinaus bat PRT (unterstützt von LUX) KOM um Ausarbeitung einer Kommunikationsstrategie zu ISDS. Zur von CAN vorgeschlagenen Ausnahme von geistigen Eigentumsrechten aus dem Anwendungsbereich von ISDS äußerte FRA, dass der Rat es nicht akzeptieren würde, wenn der im Oktober anlässlich der politischen Einigung erreichte Besitzstand aufgegeben werde. Zu den übrigen Kapiteln äußerten sich die MS überwiegend positiv. So zeigte sich SVK über die Ergebnisse im Zollbereich erfreut und wies darauf hin, dass ein verbesserter Marktzugang im Kfz-Bereich für sie von besonderer Bedeutung sei. AUT erklärte, dass die Öffnung der Beschaffungsmärkte unterhalb der bundesstaatlichen Ebene ein wichtiges Ergebnis sei. DNK und SWE lobten die für den Bereich der pharmazeutischen Industrie erzielten Ergebnisse. Die bevorstehende Einigung im Agrarbereich wurde von IRL und DNK begrüßt, während sich CZE kritisch äußerte. FRA und SVN erinnerten an ihre Sensibilitäten und äußerten die Erwartung, dass die bevorstehende Einigung diese aufnehme. LTU wies darauf hin, dass man zum Erwerb von landwirtschaftlichen Nutzflächen kürzlich neue Gesetzgebung erlassen habe. Hierfür müsse ihnen in CETA ein ausreichender Politikspielraum ("policy space") eingeräumt werden. ROU und BGR erinnerten an ihre offensiven Interessen im VISA-Bereich. In der Erwiderung erklärte KOM, dass das Verfahren bei CETA dem üblichen Vorgehen entspreche. Dies bedeute, dass der finalisierte Text den MS und dem EP mit einem angemessenen Zeitrahmen (drei bis vier Wochen) zur Durchsicht übersandt werde. Im Übrigen liege die Paraphierung in der Zuständigkeit der KOM. Sache des Rates sei die Unterzeichnung. Was den gemischten Charakter des Abkommens angehe, dauere die Prüfung des Rechtsdienstes der KOM noch an. Die generelle Diskussion sei ja im Übrigen bekannt - früher oder später werde der EuGH über die Frage zu befinden haben. Das von DEU und NLD vorgetragene Argument, dass die Zustimmung der nationalen Parlamente auch für die politische Unterstützung benötigt werde, verfange insofern nicht, als der Vertrag von Lissabon eine neue Kompetenzordnung vorsehe. Zum Investitionsschutz erklärte KOM, dass man die "mirror reservation" im Text belassen wolle, auch wenn eine konkrete Anwendung dieses Prüfmechanismus nicht angedacht sei. Eine entsprechende Rezprozitätsklausel sei normale Praxis in Freihandelsabkommen. Die Kohärenz mit der Haftungsaufteilungs-VO sei seines Erachtens sichergestellt. KOM erklärte darüber hinaus, dass die Bestimmungen zu ISDS gegenüber den zuvor von den MS verwendeten Klauseln große Verbesserungen enthielten. So sei darin u.a. ein vollständiger Vorbehalt für das Recht des Gesetzgebers zur Regulierung ("right to regulate") enthalten, der Begriff der indirekten Enteignung trennscharf definiert und die Transparenz der Verfahren verbessert worden. Zudem sei die Auswahl von Schiedsrichtern deutlicher ausgestaltet und ein Berufungsmechanismus eingerichtet worden. Schließlich böten die Bestimmungen auch einen guten Schutz gegen unseriöse Klagen ("frivolous claims"). Auch die ISDS-Konsultationen orientierten sich ja an diesem neues Muster. Die öffentlichen Reaktionen darauf werde KOM genau prüfen. Man könne aber nicht mit der Paraphierung von CETA warten, bis der gesamte Prozess abgeschlossen sei. Auf Frage von PRT, ob man bestimmte Materien von ISDS (z.B. Arbeitsschutzstandards) ausnehmen könne, erklärte KOM dass dieses Unterfangen schwierig, wenn nicht gar unmöglich sei. Bestimmte Sonderbereiche, etwa Wettbewerbsrecht, seien zwar ausgeschlossen, eine Ausnahme einzelner Sektoren etwa sei aber viel zu kompliziert. Zu den von verschiedenen MS geäußerten Sensibilitäten äußerte KOM, dass der Vorbehalt von LTU zum Landerwerb für Agrarflächen wegen der Unvereinbarkeit mit GATS ein schwerwiegendes Problem darstelle, diesen Punkt müsse man sich noch einmal anschauen. Die Visaproblematik (Intervention von ROU, BGR) sei nicht Gegenstand des Abkommens selbst. Dennoch sei sich CAN bewusst, dass dieses Problem vor Abschluss des Abkommens gelöst werden müsse. Die vorläufige Anwendbarkeit des Abkommens sei auf die Teile begrenzt, die in EU-Zuständigkeit lägen. In einer anschließenden Stellungnahme erinnerte der Rechtsdienst des Rates an die geteilten Zuständigkeiten im Handelsbereich (etwa bei Transportdienstleistungen) und die ausschließlichen Zuständigkeiten bei Investitionen (Portfolio-Investitionen). Auch wenn die Paraphierung vom Verhandlungsführer vorgenommen werde, müsse sich dieser sich dem Verhandlungsmandat entsprechend verhalten. KOM wies diese Sichtweise in einer weiteren Intervention unter Bezugnahme auf die bekannten Positionen zurück.