Chancen der Digitalisierung nutzen Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt Mai 2015 Zusammenfassung Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft und unsere Arbeitswelt. Diese Entwicklung wird häufig unter Stichwörtern wie Industrie 4.0 oder Arbeit 4.0 diskutiert. In jedem Fall gilt, dass die Digitalisierung die gesamte Arbeitswelt und alle Wirtschaftsbereiche betreffen wird. Dieser Prozess, die Digitalisierung, ist bereits heute in vollem Gange. Sie bringt Herausforderungen mit sich, vor allem aber große Chancen für den Standort Deutschland. Das gilt nicht nur mit Blick auf eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, sondern auch hinsichtlich neuer Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Digitalisierung fördert Spezialisierung und Arbeitsteilung. Die Bedeutung (industrienaher) Dienstleistungen und die Bedeutung von Werk- und Dienstverträgen werden daher wie damit im Zusammenhang stehende Geschäftsmodelle zunehmen. Eine weitere Regulierung dieser etablierten Vertragsformen würde eine erfolgreiche Digitalisierung erschweren. Durch die Digitalisierung steigen zudem Flexibilität und Flexibilitätsanforderungen. Durch flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit der flexiblen Nutzung von Betriebsmitteln werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr Souveränität erhalten, z. B. um Beruf und Privatleben noch besser zu vereinbaren. Das klassische Beschäftigungsverhältnis wird bestehen bleiben. Aber es werden weitere Arbeitsformen entstehen, die nicht durch Regulierungen eingeschränkt werden sollten. Zeit und Ort der Aufgabenerfüllung werden zunehmend flexibel. Um den Wandel zum digitalen Zeitalter und zur Industrie 4.0 und zur Gesellschaft 4.0 erfolgreich zu meistern, muss die kognitive Grundlage gelegt werden. Das bedeutet: bessere Bildung und lebenslanges Lernen. Hier besteht erheblicher Qualifizierungs- und Anpassungsbedarf auf allen Stufen des Bildungssystems. Nur so kann „digital literacy“ gefördert werden. Deutschland ist mit seiner robusten industriellen Basis, seiner Innovationskraft und seiner technologischen Stärke gut aufgestellt, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Größere Anstrengungen im Bildungsbereich sind dafür ein wichtiger Faktor. Die deutsche Wirtschaft hat den Willen, die Digitalisierung aktiv zu gestalten und die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen. Dazu bedarf es auch einer Anpassung des deutschen Arbeitsrechts an die Herausforderungen der Digitalisierung. Mit mehr Regulierung wird die Digitalisierung der Arbeitswelt und Wirtschaft nicht gelingen. Im Einzelnen Chancen der digitalen Wirtschafts- und Arbeitswelt nutzen Neue Kommunikationsmittel, die Digitalisierung von Produktion und Dienstleistungen sowie die Vernetzung von Produktionsschritten verändern unsere Wirtschaft und die Arbeitswelt nachhaltig. Es werden neue Arbeitsformen und Tätigkeitsfelder entstehen. Diese Entwicklung sollte positiv begleitet werden. Die Digitalisierung bietet zahlreiche Chancen für Unternehmen und Arbeitnehmer. Unternehmen können mit der Digitalisierung und Vernetzung von Kommunikation, Einkaufs-, Produktions- und Vertriebsschritten die Abläufe im Betrieb produktiver und effizienter gestalten. Zudem haben sie einfacheren und direkteren Zugang zu internationalen Märkten. Für die Arbeitnehmer bieten sich u. a. bessere Möglichkeiten, Beruf und Privatleben zu vereinbaren. Wichtig ist, dass die Flexibilität, die die Digitalisierung durch neue Arbeitsabläufe und neue Kommunikationsinstrumente mit sich bringt, nicht durch Regulierung behindert wird. Positive Wettbewerbs- und Beschäftigungseffekte können nur mit einem flexiblen Rahmen ausgeschöpft werden. Gelingt es, das Potenzial der Digitalisierung freizusetzen, das gerade mit Blick auf die traditionellen Stärken des deutschen Standorts über alle Branchen hinweg besteht, kann die sehr gute Arbeitsmarktentwicklung der letzten Jahre bei fortschreitender Digitalisierung nachhaltig unterstützt werden. Arbeitsteilung fördern Die Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt wird Arbeitsteilung und Spezialisierung in den Arbeits- und Produktionsprozessen fördern, unterstützen und auch erforderlich machen. Spezialisierte Unternehmen erbringen ihre Arbeiten regelmäßig im Wege von Werk- und Dienstverträgen. Werk- und Dienstverträge werden daher an Bedeutung zunehmen. Diese Entwicklung wird Wertschöpfung und Produktivität nachhaltig verändern und der Gesellschaft, Wohlfahrtsgewinne ermöglichen. Daher dürfen Instrumente der Aufgabenteilung und Spezialisierung nicht eingeschränkt werden. Werk- und Dienstverträge sind eine anerkannte, faire und effektive Möglichkeit, diese Aufgabenteilung und Spezialisierung zu unterstützen. Ihr Einsatz darf auch künftig nicht in Frage gestellt werden. Werden im Rahmen solcher Verträge Arbeitnehmer beschäftigt, gelten dieselben arbeitsrechtlichen Regeln wie für andere Arbeitnehmer auch. Flexible Beschäftigung nicht belasten Flexible Beschäftigung wird – ebenso wie Spezialisierung und Aufgabenteilung – in der digitalen Arbeitswelt immer wichtiger. Die Digitalisierung wird auch kurzfristigere Schwankungen der Auftragslage bedeuten. Beschäftigung wird deshalb stärker als bisher den Anforderungen schwankender Auftragslagen folgen müssen. Ein Mittel, dies zu ermöglichen, ist eine flexible Arbeitszeit. Ein anderes Mittel ist die Unterstützung von Zeitarbeit und befristeter Beschäftigung. Wo die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen volatiler wird, kann es nicht bei einem statischen Angebot an Arbeit und Arbeitsbedingungen bleiben. Flexible Anforderungen bei der Erstellung von Gütern und der Erbringung von Dienstleistungen setzt flexible Arbeitsbedingungen voraus. Befristung und Zeitarbeit dürfen daher nicht durch neue Belastungen begrenzt werden. Zeitarbeit und insbesondere die sachgrundlose Befristung müssen auch künftig für die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen ohne neue Beschränkungen zur Verfügung stehen. Ein Belastungsmoratorium auch hinsichtlich flexibler Beschäftigungsformen ist unverzichtbar. Das gilt ganz besonders für die im Koalitionsvertrag geplante Regulierung der Zeitarbeit. Sollten die Ankündigungen des Koalitionsvertrages umgesetzt werden, bedarf es für Veränderungen bei der Höchstüberlassungsdauer wie bei dem Grundsatz der Vergütung tariflicher Öffnungsklauseln. Für sachgrundlose Befristungen sollte dadurch mehr Rechtssicherheit Chancen der Digitalisierung nutzen Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt 2 geschaffen werden, dass der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages dann erneut möglich wird, wenn zwischen der vorhergehenden Beschäftigung und der befristeten Anschlussbeschäftigung ein Zeitraum von nicht mehr als 24 Monaten vergangen ist. Betriebsverfassung anpassen Die vertrauensvolle Zusammenarbeit von Arbeitgeber, Betriebsrat und Belegschaften steht nicht zur Disposition. Neue Kommunikations- und Produktionsabläufe werden eine höhere Geschwindigkeit der Entscheidungsfindungs- und Umsetzungsprozesse in Unternehmen und Betrieben zur Folge haben. Diesen Anforderungen kann sich die Mitbestimmung nicht verschließen. Verzögerungspotenziale müssen abgebaut, bestehende Regelungen auf ihre Zukunftsfähigkeit hin überprüft werden. So kann z. B. die Einführung eines vollständig neuen IT-Systems der Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegen. Das darf aber nicht dazu führen, dass jedes auch nur denkbare Update ebenfalls mitbestimmt wird. Die Digitalisierung verstärkt neue Formen der Gestaltung und Strukturierung von Arbeitsbeziehungen, z. B. wird das Arbeiten in sogenannten Matrixstrukturen künftig noch zunehmen. Die stark an den Anforderungen der Durchführung von Projekten orientierte Arbeit in solchen Strukturen macht neue Lösungsansätze für betriebsverfassungsrechtliche und auch arbeitsvertragliche Anforderungen notwendig. So werden z. B. zentrale Funktionen bei einem oder mehreren Konzernunternehmen gebündelt. Zudem erfolgt eine unternehmensübergreifende Gliederung nach Funktions- und Produktionsbereichen. Daher muss z. B. die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung in diesen Fällen vereinfacht und weitegehend vereinbarungsoffen – gerade auch für Rahmenregelungen – gestaltet werden. Ebenso können die von der Digitalisierung angestoßenen Änderungen in Produktionsund Kommunikationsabläufen Änderungen der bisher bestehenden betriebsverfas- sungsrechtlichen Strukturen notwendig machen. Bei einer stärkeren Auflösung von Betriebsstrukturen kann es sich z. B. anbieten, Betriebe, die heute noch als eigenständige Einheiten geführt werden, künftig zu einem Betrieb zusammenzufassen, um so Abstimmungsprozesse und Entscheidungen zu vereinfachen. Hierfür bietet es sich an, die Gestaltungsmöglichkeiten von Betriebsrat und Arbeitgeber bei der Anpassung an notwendige Veränderungen zu erhöhen und Entscheidungen unmittelbar in den Betrieben herbeizuführen. Damit kann die Attraktivität und Flexibilität der Betriebsverfassung gestärkt werden. Arbeitszeitflexibilität als Standortvorteil nutzen und weiter ausbauen Die Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt bringt neue Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung mit sich. Insbesondere im verarbeitenden Gewerbe aber auch bei Büroberufen und Wissensarbeit wird auch künftig die eigentliche Arbeit im Betrieb stattfinden. Aber für einige Berufsgruppen ergeben sich neue Möglichkeiten ortsungebundenen Arbeitens – beispielsweise durch cloud computing. Digitalisierung und zunehmende internationale Arbeitsteilung bedeuten auch eine zunehmende weltweite Vernetzung der Arbeitswelt. Kommunikation und Abstimmungsprozesse innerhalb von weltweit tätigen Konzernen, aber auch zwischen verschiedenen Unternehmen, nehmen zu. Diese über Zeitzonen hinweg stattfindende Kommunikation wird in manchen Fällen durch gesetzlich vorgegebene tägliche Höchstarbeitszeiten erschwert. Um hier mehr Spielräume zu schaffen und betriebliche Notwendigkeiten abzubilden, sollte das Arbeitszeitgesetz deshalb von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umgestellt werden. Das würde zu mehr Flexibilisierungsmöglichkeiten führen, z. B. wenn temporäre, aber umfassende Abstimmungsprozesse mit asiatischen Partnern oder Niederlassungen am frühen Morgen sich nur mit denselben Mitarbeitern im Betrieb in Deutschland am Abend mit den ame- Chancen der Digitalisierung nutzen Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt 3 rikanischen Partnern und Niederlassungen fortführen lassen. Insbesondere tarifvertragliche oder betriebliche Regelungen können hier zu passgenauen Lösungen führen. Dadurch wird gleichzeitig der Schutz der Beschäftigten sichergestellt. Mit der Umstellung auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit würde die Bundesregierung zudem ihrem Anspruch einer Eins-zu-eins-Umsetzung von EU-Normen gerecht werden und somit auch einen effektiven Beitrag zum Bürokratieabbau leisten. Digitale Kommunikationsmittel machen es möglich, bestimmte Tätigkeiten an fast jedem Ort der Welt auszuüben. Dadurch entfallen einerseits lange Pendel-Zeiten zum Arbeitsplatz. Andererseits kann es durchaus einmal notwendig sein, dass Spezialisten zuhause oder im Betrieb länger als geplant in Anspruch genommen werden. Soweit hierauf ein Ausgleich durch Ruhezeit zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt, muss dies künftig zu praxisnahen Bedingungen möglich sein. Die Möglichkeit weltweit vernetzt zu arbeiten wird auch durch das Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit in Deutschland beschränkt. Insbesondere der Sonntag unterscheidet sich von im Wochenturnus widerkehrenden Feiertagen in anderen Ländern. Um in der weltweit vernetzten Wirtschaft wettbewerbsfähig zu bleiben, dürfen an die Genehmigung von Sonn- und Feiertagsarbeit keine übermäßigen bürokratischen Hürden gestellt werden. Ein wichtiges Instrument der Flexibilisierung sind Arbeitszeitkonten, die vor dem Hintergrund schwankender und unregelmäßiger Nachfragen im digitalen Zeitalter noch erheblich an Bedeutung zunehmen werden. Arbeitszeitkonten helfen Unternehmen auf unterschiedliche Auftragslagen in angemessener Zeit zu reagieren. Sie helfen gleichzeitig, Zeitplanungen der Beschäftigten besser mit betrieblichen Anforderungen in Einklang zu bringen. Gesetzliche Beschränkungen solcher zumeist in Tarifverträgen und ergänzend in Betriebsvereinbarungen geregelten Arbeitszeitsystemen sind daher überflüssig. Notwendig ist, den konstruktiven Umgang mit Arbeitszeitkonten durch flexible rechtssi- chere Rahmenbedingungen zu begleiten und nicht in Frage zu stellen. Eine bürokratische und praxisferne Überfrachtung des Rechtsrahmens für Arbeitszeitkonten, wie dies jetzt im Mindestlohngesetz erfolgt ist, schränkt die Spielräume unangemessen ein. Mehr Arbeitszeitflexibilität bedeutet auch, dass die Reaktionsfähigkeit z. B. für kurzfristiges Arbeitszeitvolumen erhöht werden muss. Eine schnelle Reaktionsfähigkeit würde die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen und ihre Attraktivität für Abnehmer ihrer Produkte und Dienstleistungen erhöhen. Dafür sollte u. a. eine Reform des § 12 TzBfG ins Auge gefasst werden, der für Arbeitszeiterhöhungen zu enge Grenzen setzt. Die Ankündigungsfrist von vier Tagen sollte zumindest für den Fall, dass die Arbeit im Home Office erbracht wird, verkürzt werden. Hier können Beschäftigte viel spontaner und ohne lange Vorlaufzeiten reagieren. Neue Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben Eine gelingende Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben spielt eine wichtige Rolle bei der Personalgewinnung. Immer mehr Beschäftigte wollen sich sowohl beruflich als auch familiär einbringen können. Eine steigende Anzahl von Beschäftigten hat zudem Pflegeverpflichtungen, für die Lösungen gefunden werden müssen. Durch die Digitalisierung ergeben sich hier neue Möglichkeiten, wobei das digitale, orts- und zeitungebundene Arbeiten eine entscheidende Rolle spielt. Eine Flexibilisierung der Arbeitsorganisation, gerade mit Blick auf den Arbeitsort, ermöglicht mobiles Arbeiten oder das Arbeiten im Home-Office. Die gewonnenen Freiräume bei flexibler Arbeitsorganisation werden ergänzt oder kombiniert mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, wie Teilzeit – von wenigen Wochenstunden bis zu vollzeitnaher Teilzeit, Gleitzeit, Vertrauensarbeitszeit, Arbeitszeitkonten oder auch Jobsharing. Flexible Arbeitsformen sind aber nicht für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter und nicht für jede Art von Arbeit geeignet. Ziel muss es sein, dass – im Rahmen der be- Chancen der Digitalisierung nutzen Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt 4 trieblichen Möglichkeiten – Beschäftigte Beruf und Privatleben besser miteinander vereinbaren und ihre Karrierechancen nutzen können. Die Digitalisierung bietet zwar neue technische Möglichkeiten für die Vereinbarkeit, aber grundlegende Rahmenbedingungen, wie z. B. der weitere Ausbau bedarfsdeckender und hochwertiger Ganztagskitas und Ganztagsschulen oder familienpolitische Leistungen, die keine Fehlanreize setzen, der Erwerbstätigkeit fernzubleiben, behalten ihre wesentliche Bedeutung. Das deutsche Arbeitsschutzsystem ist für die digitale Zukunft gut aufgestellt Das bestehende Arbeitsschutzsystem ist gut aufgestellt, um die Arbeitswelt im Zeitalter der Digitalisierung sicher und gesund gestalten zu können. Die heute geltenden Arbeitsschutzvorschriften – insbesondere das Arbeitsschutzgesetz, das Schutzziele definiert und nicht detaillierte Maßnahmen vorgibt – sind flexibel genug und werden auch neuen Arbeitsformen und Arbeitsbedingungen gerecht. Es ist absehbar, dass sich Tätigkeiten und Anforderungsprofile künftig stärker ausdifferenzieren werden und viele Beschäftigte nicht mehr nur an einem festen Arbeitsort tätig sein werden. Damit wird der Aufwand für den Arbeitsschutz in den Betrieben steigen. Beispielsweise kann es aufwändiger werden, Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen, weil weniger gleichartige Tätigkeiten für die Beurteilung zusammengefasst werden können und Beschäftigte an verschiedenen Orten arbeiten. Im Bereich der körperlichen Belastungen und Gefährdungen sind – ausgehend von einem bereits hohen Niveau – auch weiterhin deutliche Verbesserungen zu erwarten, weil ergonomischere Arbeitsmittel zur Verfügung stehen werden. Neue technische Entwicklungen unterstützen Beschäftigte mit vorrübergehenden oder chronischen körperlichen Einschränkungen, wie sie im Zuge alternder Belegschaften zunehmend zu erwarten sind. Auch wird es aufgrund der fortschreitenden Automatisierung in der Industrie geringere Unfallrisiken geben. Das bringt echten Fortschritt in der Arbeitswelt und einen erheblichen Mehrwert für Unternehmen wie Beschäftigte. Wo es weniger persönliche Anwesenheit gibt, wird die Kontakthäufigkeit mit Führungskräften, Kolleginnen und Kollegen abnehmen. Dies kann aber durch praxisbezogene Gemeinschaften von Personen, die informell miteinander verbunden sind und ähnlichen Aufgaben gegenüberstehen (sogenannte „communities of practice“), Kontaktmöglichkeiten im Umfeld des „home office“ oder neue Kommunikationsmittel zu einem großen Teil kompensiert werden. Etwas anders ist die Situation bei den psychischen Belastungen. Derzeit ist noch nicht umfassend vorhersehbar, wie sie sich im Zuge der Digitalisierung von Wirtschaft verändern werden. Deshalb muss der Arbeitsschutz zeitnah und flexibel auf Veränderungen reagieren können. Dies ist durch die derzeitigen Handlungsspielräume im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen gewährleistet. Hier würde weitere Regulierung – etwa zur Stressvermeidung oder zur Einschränkung der Erreichbarkeit – keinen zusätzlichen Nutzen bringen, sondern nur mehr Bürokratie, Handlungs- und Rechtsunsicherheit. Der geltende Rechtsrahmen bietet alle Möglichkeiten, innerhalb eines Betriebs potenzielle psychische Gefährdungen für einzelne Tätigkeiten zu ermitteln. Dabei ist es sinnvoll, dass in diese Bewertungen nach und nach gesicherte und allgemein akzeptierte Forschungsergebnisse zu psychischen Belastungen einfließen, ohne dass es deshalb neuer Rechtsetzung bedarf. Darüber hinaus muss klar sein: Arbeitsschutz ist Arbeitnehmerschutz. Arbeitsschutzregelungen für Arbeitnehmer können nicht auf selbstständige Erwerbsformen ausgedehnt werden. Auch wenn neue Formen der Arbeitsorganisation wie „crowdworking“ auftreten, bleibt es dabei, dass Selbstständige ihre Arbeitsbedingungen und Arbeitszeiten nur selbst bestimmen können. Crowdworking und crowdsourcing sind neue Formen freier Tätigkeiten und freier Mitarbeit im Internet, die sich gesetzlich nicht fassen las- Chancen der Digitalisierung nutzen Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt 5 sen. Es handelt sich auch nicht um Beschäftigungsformen, die irgendwie regelbar wären. Gesetzlicher oder tariflicher Handlungsbedarf, erscheint nicht gegeben, zumal nationale oder gar regionale Regelungen leerlaufen würden. Es ist aber sinnvoll, diese Entwicklungen empirisch zu untersuchen und so die Debatte auf eine sachliche Grundlage zu stellen. Überlegungen, ein Mindestentgelt für crowdworker festzusetzen, sind abwegig. Wer aus freien Stücken eine solche Aufgabe im Internet übernehmen will, sollte und kann daran weder gesetzlich noch in anderer Weise gehindert werden. Das gilt auch für andere selbständige Tätigkeiten im In- und Ausland. Flexible Regelungsmöglichkeiten beim Datenschutz erhalten Digitalisierung bedeutet allgemein ein höheres Datenaufkommen. Auch deshalb sind die Diskussionen über die Gestaltung des Datenschutzrechts in Europa in vollem Gange. Mit dem Entwurf für eine Datenschutzgrundverordnung hat die Europäische Kommission die Initiative für einen neuen europäischen Rechtsrahmen zum Datenschutz ergriffen. Ziel der neuen Regelungen ist es, den Datenschutz an die rasante Entwicklung neuer Technologien und die zunehmende Globalisierung anzupassen. Bislang fallen die bestehenden datenschutzrechtlichen Vorgaben in den Mitgliedstaaten der EU trotz ihrer gemeinsamen Grundlage, der Datenschutzrichtlinie aus dem Jahr 1995, unterschiedlich aus. Das gilt erst recht im internationalen Kontext. Folgen sind Rechtsunsicherheit und hohe Kosten. Deshalb ist der Grundansatz der EUKommission richtig, das Datenschutzrecht in Europa zu harmonisieren. Diese Vereinheitlichung des Rechtsrahmens muss auch eine weitgehende Vereinheitlichung des Beschäftigtendatenschutzes umfassen. Eine digitale Arbeitswelt benötigt darüber hinaus mehr Flexibilität. Dem muss sich das Datenschutzrecht stellen. Für den praktischen Umgang mit den abstrakten rechtlichen Vorgaben heißt das, dass Arbeit- geber und Arbeitnehmervertreter insbesondere durch Betriebsvereinbarungen aber auch in Tarifverträgen konkrete datenschutzrechtliche Vereinbarungen treffen können. Durch die zunehmende Digitalisierung des Arbeitslebens wird die Bedeutung betriebsbezogener datenschutzrechtlicher Lösungen wachsen. In Fällen, in denen es keine Arbeitnehmerrepräsentation gibt, wie z. B. in einem betriebsratslosen Betrieb, ist die Einwilligung der Arbeitnehmer zur Verarbeitung personenbezogener Daten wesentlich. Betriebliche Regelungen können auch den Umgang mit der zunehmenden Vermischung privater und dienstlich gestellter Arbeitsmittel erleichtern. Die zunehmende Nutzung privater digitaler Endgeräte durch Beschäftigte auch für den betrieblichen Bereich wird unter dem Stichwort „bring your own device“ intensiv diskutiert. Hierdurch ergeben sich nicht nur technische Fragen. Datenschutz- und arbeitsrechtliche Aspekte müssen geklärt werden. Hierzu gehören Bereiche wie Fernüberwachung, Fernlöschung, Zugangs- und Weitergabekontrollen ebenso wie Aufwendungsersatz und Herausgabeansprüche bei Ausscheiden. Regelungen auf betrieblicher und/oder individueller Ebene sind darüber hinaus auch für den Fall anzuraten, in dem der Arbeitgeber digitale Endgeräte bereitstellt. Die laufende Nutzung von E-Mail und Internet wird immer mehr zur Selbstverständlichkeit. Damit wird die Zahl derjenigen Arbeitnehmer ansteigen, die auch während der Arbeitszeit auf die private Nutzung von EMail und Internet nicht verzichten wollen. Gleichzeitig gibt es viele Unternehmen, die bereit sind, ihren Mitarbeitern diese private Nutzung – in einem vertretbaren Maß – einzuräumen. In Betriebsvereinbarungen werden häufig die Grundlagen für eine erlaubte Privatnutzung betrieblicher Kommunikationsmittel festgelegt. Gleichzeitig muss der Arbeitgeber sicherstellen können, dass diese Vorgaben auch eingehalten werden und z. B. keine übermäßige private Nutzung erfolgt oder strafrechtlich relevantes Material heruntergeladen oder versendet wird. Eine betriebliche Regelung oder eine Einwilligung des Arbeitnehmers in die Durchführung von Missbrauchskontrollen ist damit eine wesent- Chancen der Digitalisierung nutzen Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt 6 liche Voraussetzung für die Bereitschaft der Arbeitgeber, ihre Kommunikationsmittel auch für private Zwecke nutzen zu lassen. Problematisch ist die Privatnutzung betrieblicher Kommunikationsmittel auch wegen der ungeklärten Frage, ob ein Arbeitgeber hierdurch zum Diensteanbieter im Sinne des Telekommunikationsrechts wird. Danach würde die Kommunikation dem Fernmeldegeheimnis unterliegen. Das Telekommunikationsrecht passt aber weder in Terminologie noch Systematik auf die Rechtsbeziehung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Es sollte klargestellt werden, dass ein Arbeitgeber, der die Privatnutzung seiner Kommunikationsmittel zulässt, kein Diensteanbieter wird. MINT-Bildung ausbauen Wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Transformation zur digitalen Wirtschaftsund Arbeitswelt ist die Sicherung der hierfür notwendigen Fachkräfte. Für die Digitalisierung sind besonders die MINTQualifikationen von Bedeutung. Die intensive Förderung der „digital literacy“ kann nur gelingen, wenn die MINT-Bildung in Deutschland auf allen Stufen des Bildungssystems gestärkt wird. Ziel muss es sein, MINTBildung als Teil einer umfassenden Allgemeinbildung zu betonen. Dabei meint MINTBildung keineswegs nur Faktenwissen, sondern vor allem eine grundlegende Vertrautheit mit der von Wissenschaft und Technik geprägten Welt. Eine solche Bildung ist von großer Bedeutung für die individuelle Persönlichkeitsentwicklung und Lebensperspektive. Sie ist eine Voraussetzung für zivilgesellschaftliche Teilhabe, für die berufliche Entwicklung und für Chancengerechtigkeit. Mehr und bessere MINT-Bildung sollte bereits in frühkindlichen Bildungseinrichtungen vermittelt werden: der Umgang mit Zahlen, Größen, Formen, Mengen und Relationen sowie das erste forschende Experimentieren, um Freude, Neugier und Interesse an MINT zu wecken. Erzieherinnen und Erzieher brauchen hierfür eine entsprechende Qualifikation. In der Schule kann auf dieses „Vorwissen“ aufgebaut werden. Neben Mathematik sollten zwei naturwissenschaftliche-technische Fächer verpflichtend bis zum Schulabschluss belegt werden; dies ist bisher erst in sechs Bundesländern der Fall. MINT-Fächer sollten anregend, anschaulich und praxisnah vermittelt werden. Digitale Kompetenzen in der Schule umfassend vermitteln Digitale Kompetenzen müssen noch stärker als bisher zur Allgemeinbildung zählen. Auch wenn die internationale Vergleichsstudie ICILS (International Computer and Literacy Study) den deutschen Schülerinnen und Schülern zwar eine ausbaufähige, aber vergleichsweise gute digitale Kompetenz attestiert, müssen informationstechnische Grundlagen sowie Medienbildung verbindlich in den Lehrplänen und stärker in der Lehreraus- und -weiterbildung verankert werden. Bei dem Erwerb informationstechnischer Grundlagen stehen der Umgang mit Textverarbeitungs-, Tabellenkalkulations-, Präsentations-, Dateiverwaltungs- und Bildbearbeitungsprogrammen, Modellbildung, Simulationen sowie das Zusammenspiel von Hard- und Software im Mittelpunkt. Medienbildung umfasst das Lernen mit Medien und das Lernen über Medien. Medienkompetenz ermöglicht ein sachgerechtes, selbstbestimmtes, kreatives und sozial verantwortliches Handeln in der medial geprägten Lebenswelt. Die oben genannte ICILS-Studie widerlegt auch die weit verbreitete Annahme, Kinder und Jugendliche würden durch das Aufwachsen in einer von neuen Technologien geprägten Umwelt automatisch zu kompetenten Nutzern digitaler Medien. Ziel muss es daher sein, „digital illiteracy“ zu verhindern und auf breiter Front die notwendigen Kompetenzen auszubauen – auch im Hinblick auf während des Erwerbslebens notwendige Phasen der Weiterbildung. Bei der Stärkung digitaler Kompetenzen in der Schule engagieren sich die Arbeitgeber bereits in einer Vielzahl von Initiativen und Projekten (z. B. die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft gemeinsam mit der Stiftung Bildungspakt Bayern in den Projekten „Lern- Chancen der Digitalisierung nutzen Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt 7 reich 2.0 – Üben und Feedback digital“ sowie „Unterricht digital – Lernen mit interaktiven Video-Tutorials“). Ausbildungsreife sicherstellen Voraussetzung für digitale Kompetenz in Beruf und Alltag ist, die Ausbildungsreife im Laufe der schulischen Ausbildung sicherzustellen. Viele Jugendliche verlassen die Schule nicht mit dem erforderlichen Rüstzeug für die Ausbildung. Reparaturmaßnahmen im Übergangssystem zur Aufarbeitung von Defiziten sind nötig und verursachen hohe Kosten. Bildungspolitische Reformen müssen daher die Qualität der Schulen verbessern. Es ist Aufgabe der allgemein bildenden Schule, mit der Ausbildungsreife für alle Schulabgängerinnen und Schulabgänger eine anschlussfähige Ausgangsposition sicherzustellen. Die Ausbildungsreife umfasst dabei zum einen die schulischen Basiskenntnisse und zum anderen ein notwendiges Arbeits- und Sozialverhalten wie Durchhaltevermögen, Selbstorganisation und Teamfähigkeit („soft skills“). Zur Ausbildungsreife gehört auch eine fundierte Berufsorientierung mit dem Ziel der Berufswahlreife, damit Schüler besser auf die Arbeitswelt vorbereitet sind. Diese muss fest im Schulalltag verankert und in Kooperation mit der Wirtschaft und der Bundesagentur für Arbeit vermittelt werden. Überfachliche Kompetenzen in Studiengängen stärken Hochschulabsolventen müssen für ihren Einstieg in den Arbeitsmarkt gut auf die technischen Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben, vorbereitet sein. Wichtig sind daher früher Praxisbezug in der Lehre, Praktika in den Studiengängen und eine insgesamt stärkere Offenheit der Hochschulen für die Anforderungen des Arbeitsmarktes. In Studiengängen sollte ein grundlegendes Verständnis für digitale Arbeits- und Wirtschaftsprozesse vermittelt werden, wo immer dies nötig und sinnvoll ist. Klar ist: Alle Hochschulabsolventinnen und -absolventen brauchen stärker als bisher überfachliche Kompetenzen wie Management, Projektsteuerung und insbesondere IT-Wissen. Die Interdisziplinarität von Studiengängen ist unerlässlich und sollte weiter ausgebaut, die Zusammenarbeit von Fachdisziplinen unterstützt und die Förderung über Stiftungsprofessuren intensiviert werden. Ausbildungsordnungen bieten hohes Maß an Flexibilität für notwendige Anpassungen In Industrie und Dienstleistungen werden sich die Anforderungen an Beschäftigte auf der mittleren Qualifikationsebene durch die Digitalisierung deutlich weiterentwickeln, d. h. Produktionstätigkeiten im eigentlichen Sinne werden abnehmen und stattdessen werden „technische Dienste“ im Produktionsbetrieb (Vorbereitung, Entstörung, Kontrolle) zunehmen. Über die enge Einbindung der Arbeitgeberseite in die Erarbeitung neuer bzw. kontinuierliche Anpassung und Modernisierung bestehender Ausbildungsordnungen in der beruflichen Bildung können notwendige Veränderungs- und Aktualisierungsbedarfe der Unternehmen schnell realisiert werden. Die Ausbildungsordnungen sind flexibel, definieren Mindeststandards und lassen damit Raum für die Anpassung an unterschiedliche betriebliche Erfordernisse und an die technische Entwicklung – auch an die Digitalisierung. Passende Ausbildungsberufe (Metall- und Elektro sowie ITBerufe) sind vorhanden; aktuelle Berufe sind bereits heute an Produktionssystemen orientiert und auf branchenübergreifende Zusammenarbeit angelegt. Wie an den Hochschulen ist auch im Bereich der beruflichen Bildung bei einer steigenden Anzahl von Berufen auf eine ausreichende Vermittlung von IT-Kompetenzen zu achten. Ehemals getrennte Bereiche werden intensiv miteinander verzahnt werden; der technologische Wandel wird auch in Zukunft nicht an Fahrt verlieren. Absolventinnen und Absolventen aus beiden Bildungsbereichen – akademisch wie beruflich – brauchen mehr soziale Kompetenzen, um die notwendige Interaktion zu gestalten sowie die Fähigkeit zum aktiven und lebensbegleitenden Lernen. Diese Fähigkeiten können unter anderem durch stärker projektorientierte Lehre oder durch Chancen der Digitalisierung nutzen Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt 8 Angebote von Zusatzqualifikationen ausgebaut werden. Berufs- und Hochschulbildung verzahnen – duale Studienangebote ausweiten Die Aufgaben von Produktions- und Wissensarbeitern wachsen weiter zusammen. Das gilt insbesondere für digitalisierte Produktionsstätten und -prozesse und das wird vor allem im Rahmen von Industrie 4.0 gelten, in der sog. „smart factory“. Daher muss die Verzahnung von beruflicher und akademischer Bildung weiter ausgebaut werden. Akademische Studiengänge sollten in ihren Curricula praxisrelevante Inhalte enthalten und berufliche Ausbildungsgänge, wo notwendig, akademisch-wissenschaftlich Bezüge. Duale Studiengänge kombinieren in hervorragender Weise eine wissenschaftliche Qualifikation mit fundierter Praxiserfahrung. Auch mit Blick auf den Fachkräftemangel im MINTBereich ist die positive Entwicklung im Bereich der dualen Studienangebote zu begrüßen und der weitere Ausbau des Angebots an den Hochschulen – unter Wahrung hoher Qualitätsstandards – zu unterstützen. Auch und gerade für neue Fächer und Berufe kann das Potenzial des dualen Studienformats noch stärker ausgeschöpft werden. Wichtig ist dafür insbesondere auch eine noch bessere Abstimmung und Verzahnung der Inhalte der beiden Lernorte. Weiterbildung ist Königsweg Der Königsweg zur Anpassung an die Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt ist Weiterbildung. Dabei ist auf eine arbeitsplatznahe Weiterbildung (on the job) und lernförderliche Arbeitsorganisation zu achten. Das Lernen kann nicht „auf Vorrat“, sondern sollte permanent und selbstgesteuert erfolgen. Digitale Medien, E-Learning und Blended Learning sind einzusetzen. Die notwendige Basis hierfür im Sinne von Selbstlern- und Medienkompetenz muss in der Erstausbildung gelegt werden. Auch bei der Qualifizierung von An- und Ungelernten, z. B. durch Ausbildungsbausteine, ist dies zu berücksichtigen. Insgesamt gilt es, die Verantwortlichkeit für berufliche Weiterbildung je nach Nutzen und Interessen zu teilen. In der Regel profitieren Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen von Weiterbildung. Sie sollten sich daher jeweils angemessen am Aufwand beteiligen und Verantwortung übernehmen. Vor allem die Einbringung von Zeit stellt eine gute Möglichkeit zur Beteiligung der Mitarbeiter am Weiterbildungsaufwand dar. Aktuell finden noch rund zwei Drittel der betrieblichen Weiterbildung in der Arbeitszeit statt. Dahinter steht zwar eine erfreuliche Entwicklung – 2007 hatte dieser Anteil noch vier Fünftel betragen. Allerdings wünscht sich weiterhin eine Mehrheit der Betriebe, dass ihre Beschäftigten mehr Freizeit für die eigene Weiterbildung einbringen. Digitale Lerntechnologien ausbauen Beim Einsatz von digitalen Lerntechnologien in Schulen und Hochschulen liegt Deutschland im internationalen Vergleich noch weit zurück. Der Einsatz digitaler Werkzeuge im Unterricht kann zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung führen. So können Jugendliche durch die Nutzung kollaborativer Lernplattformen Inhalte selbst mitgestalten. Durch den Einsatz von Lerntechnologien kann auch die Inklusion (barrierefreie Förderung leistungsschwächerer sowie Zusatzangebote für leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler) und die effizientere Einbindung der Eltern in den Schulalltag unterstützt werden. Die Kompetenz zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht ist bei den Lehrkräften kaum vorhanden. Der pädagogisch sinnvolle Einsatz von digitalen Lernmitteln muss daher in der Lehrerausbildung sowie in Fortbildungsangeboten fest verankert sein. Gleichzeitig ist nicht jede digitale Technologie auch als Fortschritt für den Unterricht zu werten. An den Hochschulen haben gerade vor dem Hintergrund einer dünnen Personaldecke neue Lehrmodelle wie der „flipped classroom“ das Potenzial, die universitäre Ausbildung qualitativ deutlich zu verbessern. Hier sind entsprechende Anreize und Fördermodelle von öffentlicher Hand notwendige Voraussetzung. Auch innovative Lernansätze Chancen der Digitalisierung nutzen Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt 9 wie Open Educational Ressources sollten unterstützt werden. In der beruflichen Bildung kann durch den Einsatz von Lerntechnologien auch die bessere Vernetzung der Lernorte während der Berufsausbildung erreicht werden. Innerhalb vieler Betriebe verändern sich die Kommunikations- und Kooperationsformen, die sich auch auf die betriebliche Ausbildung auswirken. Ausbildungsinhalte werden nicht nur im direkten Kontakt, sondern auch über soziale/digitale Medien vermittelt. Digitale Medien können darüber hinaus auch für die Grundbildung und Alphabetisierung genutzt werden. Ansprechpartner: BDA DIE ARBEITGEBER Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände Planung Koordination Grundsatzfragen T +49 30 2033-1070 grundsatz@arbeitgeber.de Chancen der Digitalisierung nutzen Positionspapier der BDA zur Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeitswelt 10