R e chtsstre i te EurofighterGegengeschäfte Platzverbote rund um Akademikerball 2014 Jahresbericht 2015 3 Jahre Einsatz für mehr Transparenz. Die P ro j e k te FRAGDENSTAAT.AT Parteispenden.at OFFENESPARLAMENT.AT Au sz e i chn un ge n Concordia-Preis für Presse- und Informationsfreiheit Demokratiepreis der Margaretha Lupac Stiftung des österreichischen Parlaments Vorwort Sehr geehrte Unterstützerin, sehr geehrter Unterstützer, 2 seit 2013 engagieren wir uns für mehr behördliche Transparenz in Österreich. Unser Ziel: Ein starkes Recht auf Informa­ tionszugang, das Bürgerinnen und Bür­ gern erlaubt, auf Augenhöhe mit der Ver­ waltung zu kommunizieren. Denn nur wenn Dokumente und Informationen für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich sind, wird sinnvolle Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung erst wirklich möglich. Nur wenn es JournalistInnenen und Nichtregierungsorganisationen mög­ lich ist, Verträge und Informationen zur Verwendung öffentlicher Mittel zu erhal­ ten, können Verschwendung, Missbrauch und Korruption effektiv aufgedeckt und verhindert werden. Seither hat sich an der Rechtslage nichts geändert. In einer Bewertung des „Rechts auf Information“, durchgeführt von Access Info Europe und dem Center for Law and Democracy, liegt Österreich im Vergleich mit über 100 Staaten auf der allerletzten Stelle – unverändert über die letzten Jahre. Trotzdem konnten wir uns schon über erste Erfolge freuen. Da in der Hektik der Kampagne oft wenig Zeit zur Dokumentation bleibt, werden wir künftig einmal pro Jahr unsere Erfolge, Fortschritte aber auch Rück­ schläge als Jahresbericht veröffentlichen. In dieser ersten Ausgabe ist die Zeit zwischen 2013 und Ende 2015 ab­ gebildet, wobei wir auch Einblicke in das Jahr 2016 wagen. Abseits von inhaltlichen Berichten zu unseren Aktivitäten wie der Kampagnenarbeit [ab Seite 3], Gerichtsverfahren [S. 16], und Projekten [S. 8] beinhaltet dieser Bericht auch eine Zusammen­ fassung unserer Finanzen [S. 21]. Dies geschieht im Sinne eines offenen und transparenten Umgangs mit unseren Mitteln. Im Rückblick können wir die öffentliche Diskussion um behördliche Transparenz seit 2013 mit einer Achterbahnfahrt vergleichen. Der Höhepunkt war rasch erreicht: Nachdem wir das Thema auf die politische Tagesordnung gehoben hatten, dauerte es nur einige Tage, bis die Regierung ein Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild versprach. Wie weit hinunter die Fahrt geht, sieht man allerdings daran, dass es immer noch kein solches Gesetz gibt. Untätig waren wir deswegen aber noch lange nicht – und kleinere Erfolge, über die wir auf den nächsten Seiten berichten werden, bestärken unser Engagement. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen unseres ersten Jahresberichts. Markus Hametner Obmann-St v. Jahresbericht 2015 Un se re Kampagn e Unsere Ziele Das Forum Informationsfrei­ heit engagiert sich für einen zeitnahen, freien, umfassen­ den und unbürokratischen Zugang zu Behördeninforma­ tionen. In Österreich soll es BürgerInnen, JournalistInnen und zivilgesellschaftlichen Organisationen möglich sein, das Handeln der Verwaltung und die Verwendung von Steuergeldern nachzuvoll­ ziehen. Dafür ist ein grundsätzliches Recht auf Zugang zu allen Daten, Informationen und Dokumenten, die in einer Behörde vorhanden sind, notwendig. Wir fordern deshalb ein starkes Informationsfreiheits­ gesetz, wie es in fast allen Demokratien längst zum etablierten Standard geworden ist. Ein starkes Bürger­ recht auf Informationszugang bedeutet nicht, dass das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz aufgeweicht würde. Es gibt berechtigte Gründe für die Geheim­ haltung von Informationen. Jedoch müssen diese Gründe klar gesetzlich definiert sein. Im Einzelfall muss immer eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und Geheimhaltungsgründen durchgeführt werden, ebenso muss nachvollziehbar dokumentiert werden, welche Schäden bei Veröffent­ lichung entstehen würden. Das Recht auf Information Das Recht auf Information lässt sich aus dem von Österreich ratifizierten Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte der Vereinten Nationen (Artikel 19) ableiten. Darüber hinaus garantieren sowohl die Grundrechtecharta der Euro­ päischen Union (Artikel 11, „Freiheit der Meinungs­ äußerung und Informationsfreiheit“) als auch Artikel 10 („Meinungsfreiheit“) der Europäischen Menschen­ rechtskonvention, die in Österreich im Verfassungs­ rang steht, ein Recht auf Informationszugang. 2013 wurde die Republik Österreich vom Europäischen Menschenrechtsgerichtshof erstmals wegen der Ver­ weigerung einer Behörde, Auskunft zu gewähren, für eine Verletzung des Grundrechts auf Informations­ zugang verurteilt. Die Anerkennung des Rechts auf Information als Menschenrecht ist in den vergangenen Jahren international gewachsen. Mehr als 100 Länder haben Informationsfreiheitsgesetze (IFGs) eingeführt, jährlich kommen weitere dazu. Doch die bislang vorliegenden Entwürfe für ein österreichisches IFG und eine damit verbundene Verfassungsänderung entsprechen nicht internationalen Standards. Ende des Amtsgeheimnisses Seit den 1920er Jahren ist das sogenannte Amts­ geheimnis in Artikel 20(3) der Bundesverfassung verankert. Dieser verpflichtet Organe der Verwaltung mit breit definierten Gründen zur Verschwiegenheit über alle ihnen bekannten Tatsachen. 1987 wurde in Artikel 20(4) eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung für Behörden verankert. Das darauf basierende Auskunftspflichtgesetz und die entsprechenden Länder-Gesetze entsprechen jedoch nicht den Kriterien eines modernen Informationsfrei­ heitsgesetzes. So muss eine Auskunft nur gewährt werden, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheits­ pflicht dem nicht entgegensteht – siehe: Amtsge­ heimnis. So haben Bürgerinnen und Bürger nach dem Auskunftspflichtgesetz kein Recht, Dokumente oder Studien einzusehen. Das Amtsgeheimnis kann in der Praxis fast willkürlich von Behörden vorgeschoben werden, um die Heraus­ gabe von Information zu verweigern. Es steht durch seine Verankerung in der Verfassung symbolisch für eine über Jahrzehnte gewachsene Geheimhaltungs­ kultur in weiten Bereichen der Verwaltung. Jahresbericht 2015 3 Un se re Kampagn e Transparenz als Standard Vorbild für unsere Forderungen ist insbesondere Hamburg. Das dortige Transparenzgesetz beinhaltet nicht nur ein starkes Recht auf Informationszugang, es verpflichtet Behörden außerdem zu aktiver Transparenz. Das Hamburger Modell wird mittlerweile von anderen deutschen Regionen, etwa Bremen und RheinlandPfalz, übernommen und weiterentwickelt. 4 Drei zentrale Kernpunkte: 1. Veröffentlichungspflicht für abgeschlossene Ver­ gabe- und Förderverträge, eingekaufte Gutachten, Statistiken und Messungen, in öffentlicher Sitzung gefasste Entschlüsse samt Anlagen und viele andere Behördendokumente. 2. Schaffung eines zentralen Transparenz-Registers, in dem all diese Dokumente und Informationen zeitnah frei zugänglich gemacht werden. 3. Ein unabhängiger Informationsbeauftragter, der die Einhaltung der Regeln zu Informationszugang und Datenschutz überwacht, Streitfälle schlichtet, die Weiterentwicklung der Regeln vorantreibt und Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger bei Informationsanliegen ist. Informationsbeauftragter Kern-Aspekt eines starken Rechts auf Informationszu­ gang ist die Frage, wie BürgerInnen dieses Recht in der Praxis durchsetzen können wenn ihnen Behörden eine Auskunft verwehren. International gibt es unterschiedliche Modelle, in den fortschrittlichsten Systemen können sich BürgerInnen im ersten Schritt an Informationsbeauftragte wenden. Solche Stellen bieten unabhängigen Rechtsschutz gegen Entscheidungen von Behörden, dienen zugleich als Servicestelle für BürgerInnen und Behörden und sind in der Regel auch für das Monitoring der Umset­ zung des Informationsfreiheitsrechts verantwortlich. Durch öffentliche Stellungnahmen und ihre Rechts­ schutzentscheidungen können sie einen Kulturwandel in der Verwaltung hin zu mehr Offenheit beschleunigen. Im Fall einer Auskunftsverweigerung kann ein Informa­ tionsbeauftragter bindend entscheiden, ob dieses Vor­ gehen gerechtfertigt ist. Bürgern und Behörden steht dann offen, gegen diese Entscheidung den Rechtsweg zu bestreiten. Internationale Beispiele zeigen, dass ein Beauftragter die überwiegende Mehrzahl der Streit­ fälle lösen kann. Dieses Modell ermöglicht schnelle, kostengünstige und unbürokratische Entscheidungen und erhöht so die Legitimität des Rechts auf Zugang zu Information. Davon profitieren sowohl die BürgerIn­ nen als auch die Behörden. Der Weg Wie alles begann… Zusammen mit Hubert Sickinger beginnt Josef Barth im Sommer 2011 damit, sich für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und für ein Informationsfreiheits­ gesetz einzusetzen. Auf dem Transparenz-Watchblog Amtsgeheimnis.at und in einem derStandard.atBlog dokumentiert der Ex-Profil-Journalist, was Öster­ reichs Bürger nicht wissen dürfen. November 2012 Florian Klenk, Falter-Chefredakteur und einer der führenden Aufdecker des Landes, stößt einmal mehr auf eine Mauer behördlichen Schweigens und macht seinem Ärger auf Twitter Luft: 1 Puls4-Journalistin Corinna Milborn reagiert: 2 Auch Kurt Kuch, der mittlerweile verstorbene stellver­ tretende News-Chefredakteur, ist von der Idee angetan. Wir beschließen: die Zeit ist reif für eine Kampagne für ein Transparenzgesetz. 3 1 Florian Klenk @florianklenk Ich versuchte, so wie britische Journalisten, Einsicht in die Spesen unserer Abgeordneten zu bekommen. Parlament sagt: Amtsgeheimnis #fail Jänner 2013 Die Kampagne Transparenzgesetz.at geht online. Innerhalb weniger Wochen unterschreiben mehr als 10.000 Bürgerinnen und Bürger für ein Transparenz­ gesetz nach dem Vorbild Hamburgs. Dort muss die Verwaltung Verträge, Statistiken und verschiedene Dokumente der Verwaltung automatisch auf einem zentralen Transparenz-Portal veröffentlichen. Und die Bürgerinnen und Bürger haben ein starkes Recht auf Informationszugang, bei Problemen können sie sich an einen unabhängigen Informationsbeauftragten wenden. Die ersten Medien berichten über unsere Initiative. Jahresbericht 2015 Un se re Kampagn e 2 Corinna Milborn @corinnamilborn @florianklenk wir sollten alle gemeinsam für die nächste legislaturperiode einen freedom of information act fordern. cc @KurtKuch Februar 2013 Die Politik entdeckt das Thema für sich. Sebastian Kurz, damals ÖVP-Staatsekretär im Innenministerium, begrüßt die Aktion und schließt sich der Forderung der Initiatoren vollinhaltlich an. Nur einen Tag später zieht der SPÖ-Staatssekretär im Kanzleramt Josef Ostermayer nach und kündigt einen Gesetzesentwurf an. Nicht ohne dabei angesichts des großen medialen Interesses an Kurz zu betonen, dass die Initiative von der Zivilgesellschaft und nicht vom Koalitionspartner ausging. Kanzler und Vizekanzler heißen Transparenz ebenfalls gut und versprechen beim Ministerrat eine umgehende Änderung der Rechtslage. März 2013 Ostermayer und Kurz laden – unabhängig voneinan­ der – das Forum Informationsfreiheit jeweils zu einem kurzen Gespräch. Ein kurzes, höfliches Kennen­lernen, man tauscht Freundlichkeiten aus – und erzählt einan­ der noch einmal persönlich, was man davor schon in Radio, Fernsehen und Zeitungen gesagt und wie man es gemeint hat. Mehr nicht. Das Kanzleramt legt eine kurze Punktation auf einer A4-Seite vor, mehr werde später folgen. Dann passiert nichts. Zwei Monate lang. Geschichten in den Medien ändern daran nichts. Nur durch Zufall kommt das Thema wieder auf die Agenda. Mai 2013 „Amtsgeheimnis!“, sagt der damalige Umweltminister Nikolaus Berlakovich auf die Frage, wie viele Tonnen mutmaßlich Bienenvölker-mordender Pestizide in Österreich versprüht werden. Noch dazu am „Tag der Pressefreiheit“. Die Regierung lädt zu einem Gespräch für Ende Mai, diesmal mit beiden Staatssekretären und anderen Regierungspolitikern. 20 Minuten Statement, 25 Minuten Fragen beantworten – dann sind die Initiatoren wieder entlassen. Die Regierung verspricht die Änderung mittels Initiativantrag noch im Juni. Gesetzesformulierung gibt es bis dahin keine. Juni 2013 Es ist der letzte Tag der Legislaturperiode, an dem das Gesetz noch hätte beschlossen werden können. ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf erklärt, dass man die Abschaffung des Amtsgeheimnisses vor dem Sommer nun doch nicht beschließen werde: „Ein Transparenz­ gesetz durch einen intransparenten Gesetzgebungs­ prozess abzuwickeln, das wird nicht gehen.“ Er will eine Regierungsvorlage samt Begutachtungs­ verfahren. Was an diesem Tag nicht beschlossen wird, wissen Österreichs Bürger nicht: Welchen Gesetzestext die Regierung durch Abgeordnete einbringen lassen wollte, bleibt geheim. Ebenso, wer in welcher Sitzung welche Gründe dagegen vorgebracht hat. Es braucht erst einen offenen Brief an beide Regierungsparteien, um ihre Standpunkte öffentlich zu machen; diese sind nur sehr vage und divergieren in wesentlichen Punkten. Dann ist Sommer und die Legislaturperiode zu Ende. Es beginnt der Wahlkampf. 3 Josef Barth @josefbarth Passt! Amtsgeheimnis ade, #Transparenzgesetz her. Wer gibt mir dazu ein Interview? #FOI @HubertSickinger @corinnamilborn @florianklenk @KurtKuch Jahresbericht 2015 5 Un se re Kampagn e Juli 2013 Nachdem die Regierung keinen Gesetzesentwurf vorlegt, schreiben wir einen eigenen: Experten wie Politikwissenschaftler Hubert Sickinger, Ex-AntiKorruptionsstaatsanwalt Walter Geyer und Verfas­ sungsjurist Alfred Noll arbeiten mit Unterstützung von Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler einen Gesetzestext aus. Kommentar der Regierungs­parteien: keiner. Es herrscht Schweigen. August und September 2013 Dann ist tatsächlich Wahlkampf! SPÖ und ÖVP fordern ein Transparenzgesetz für Österreich. Grüne, FPÖ, NEOS und Team Stronach ebenso. In den Überschriften sind sich alle einig, Inhalte wurden bis dahin nie wirklich besprochen. 6 Oktober 2013 Österreich hat gewählt, die Regierungsparteien schreiben die Abschaffung des Amtsgeheimnisses ins Regierungsprogramm. NEOS und Grüne übernehmen unseren Gesetzestext und bringen ihn als eigenen Initiativantrag im Parlament ein. Im Verfassungsaus­ schuss wird er bis zum Jänner nicht behandelt. Jänner/Februar 2014 – ein Jahr nach Kampagnenstart Kurz bevor der Verfassungsausschuss die Anträge von NEOS und Grünen spätestens behandeln müsste, kündigt Kanzleramtsminister Ostermayer den vor einem Jahr angekündigten Gesetzesentwurf erneut an. Gespräche mit den Initiatoren oder eine Diskussion mit der Öffentlichkeit gibt es keine. Schon seit mehr als sechs Monaten nicht. März 2014 Der Regierungsentwurf für eine Verfassungsänderung, mit der das Amtsgeheimnis abgeschafft werden soll, geht in Begutachtung. Öffentliche Stellen bringen schriftliche Stellungnahmen ein. Das Forum Informati­ onsfreiheit wird nicht eingeladen. Ungefragt geben wir eine Stellungnahme ab. Kommuniziert wird nur über die öffentlichen Medien. April 2014 Nachdem die Regierungsparteien zu keinem Gespräch laden, laden wir ein. Grüne, NEOS, FPÖ sagen zu, auch ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl kommt. Die SPÖ sagt ab: Kanzleramtsminister Ostermayer lässt brieflich wissen, dass es noch Gespräche „im geeigneten Rahmen“ geben werde, Verfassungssprecher Peter Wittmann schreibt, es sei „eine gute Tradition, dass die Abgeordneten zunächst die Begutachtungsfrist abwarten“; an einem runden Tisch der Initiative teilzu­ nehmen hieße, dass alle anderen Stellen, die Begut­ achtungen ausarbeiten, „von mir desavouiert würden“, was „in der öffentlichen Wahrnehmung negativ wäre“. Er garantiere aber, dass das Forum Informationsfreiheit später eingebunden würde. Auch auf unseren Gesetzesentwurf, der immer noch im Verfassungsausschuss liegt, gibt es keine Reaktion. Keine Erörterung, nicht einmal Kritik, dass er vielleicht schlecht oder unausgegoren sei. Es ist so, als gäbe es ihn gar nicht, als läge er gar nicht im Parlament. Die Regierung lädt über ein Jahr lang zu keinen Gesprächen. Tut man es selbst, kommen die Zuständigen auch nicht. Und wenn die Medien einladen, dann kommen nur noch Beamte. Die loben zwar den selbst ausfor­ mulierten Wortlaut des Gesetzes, können aber keine Frage nach dem politischen Willen und danach, warum etwas wie geregelt werden solle, beantworten. Sie sind lediglich ausführende Organe. April 2015 – zwei Jahre nach Kampagnenstart Zwei Jahre lang gibt es damit kein öffentliches Gespräch mit VertreterInnen der zuständigen Kanzler­ partei. Und nachdem Sebastian Kurz nach der Wahl Außenminister wird, ist unklar, wer auf ÖVP-Regierungsseite überhaupt Ansprechpartner ist. Österreicherin­ nen und Österreicher hatten keine Gelegenheit, die Politiker zu ihrer Meinung zu befragen und ihre Meinung selbst zu äußern. Mehr Inhalt als die veröf­ fentlichten Seiten des fertigen Regierungsentwurfs wurde nie kommuniziert. Mai 2015 Die Grünen laden uns im Namen der sechs Parlaments­ parteien ein, „als Experten“ etwas zum Regierungs­ entwurf zu sagen. Nur informell: ohne schriftliche Einladung, ohne Tagesordnung, es gibt keine Regeln zu Ablauf, Protokollierung oder Ergebnissicherung. Für Minister Josef Ostermayer ist sein stellvertretender Kabinettschef da, weiters sind Beamte von Bundes­ kanzleramt und Parlament anwesend. Die Parteien sind durch ihre Verfassungssprecher ver­ treten, nur von der SPÖ ist kein Abgeordneter dabei – statt des Verfassungssprechers kommt ein Klubmit­ arbeiter. Zwei Stunden wird diskutiert. Zeitlich kann damit nur ein Bruchteil der Problemfelder angespro­ chen werden. Ob das Gesagte irgendwo Niederschlag findet, ist unklar. Eine öffentliche Debatte, bei der sich Österreichs BürgerInnen einbringen könnten, ist bis­ lang nicht vorgesehen. Zweieinhalb Jahre wurde die Verfassungsänderung de facto nicht diskutiert. Nun soll sie nur fünf Wochen nach einem nicht öffentlichen Diskussionstermin durch den nicht öffentlichen Verfassungsausschuss gewunken werden. Wenn das Gesetz dann erstmals öffentlich im Nationalrat diskutiert werden wird, ist es auch schon fertig. Dann wird sich wohl nichts mehr ändern lassen. Jahresbericht 2015 Un se re Kampagn e 7 Foto: @11i4 November 2015 Der Verfassungsausschuss des Parlaments schickt einen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz in Begutachtung. Dezember 2015 In unserer Stellungnahme zum IFG-Entwurf kommen wir zum Schluss: Trotz einiger punk­ tueller Verbesserungen würde der vorliegende Entwurf signifikante Verschlechterungen gegenüber der aktuellen Lage bringen: Höhere Kosten, längere Fristen, unzureichende Definiti­ onen. Behörden würden zahlreiche Hintertüren bereitgestellt, um Informationen zu verweigern. Informationsbeauftragten sieht der Entwurf keinen vor, dafür ein immenses Kostenrisiko für BürgerInnen, die ihr Recht auf Information gegenüber staatlichen Unternehmen auf dem Zivilrechtsweg erstreiten sollen. Anfang 2016 Access Info Europe und das International Press Institute kritisieren den vorliegenden IFG-Entwurf als unzureichend. Die Verhandlungen zwischen Regierungsparteien und Opposition stocken, die Grünen setzen ein Ultimatum bis zum Sommer, um ein Informationsfreiheitsgesetz zu beschließen. Vertreter von SPÖ und ÖVP lassen wissen, dass sie sich beim Thema Informationsrecht nicht unter Zeitdruck setzen lassen werden – drei Jahre, nach­dem sie eine rasche Abschaffung des Amts­ geheimnisses angekündigt haben. Jahresbericht 2015 Di e P roje kte Neben unserem Engagement für ein Recht auf Informations­ zugang treiben wir Projekte voran, mit denen wir Offenheit in Politik und Verwaltung forcieren möchten. Unser Ziel: Bürgerin­ nen und Bürgern Werkzeuge zu bieten, um Informationen besser erhalten, nutzen und einordnen zu können. MAUER DES SCHWEIGENS Seit 2013 wird am 28. September „Right to Know Day“ – der Tag der Informationsfreiheit, der 2012 von Bürger­ rechtsorganisationen in vielen Ländern ausgerufen wurde – auch in Österreich gefeiert. An diesem Tag laden wir österreichische und interna­ tionale Expertinnen und Experten ein, um ihr Wissen zum Thema Informationsrechte zu teilen. 2013 trugen Helen Darbishire (internationaler Vergleich von Informationsrechten) und Katharina Schmidt (Österreichische Politik und Transparenz) vor, 2014 teilten Gavin Sheridan (Irland) und Elisabetta Tola (Italien) ihre Erfahrungen vom Zusammenspiel von Journalismus und Informationsrechten. Für eine Veranstaltung eine Woche zuvor konnten wir Peter Schaar, den ehemaligen Deutschen Datenschutz- und Informationsfreiheitsbeauftragten gewinnen. 2015 er­ zählte Marianne Schulze über Informationsfreiheit und Transparenz im Menschenrechtskontext und András Pethő brachte seine Perspektive als in Ungarn tätiger Investigativjournalist ein. 8 Foto: @11i4 Seit 2014 verleihen wir an dem Tag in diesem Rahmen außerdem die „Mauer des Schweigens“, einen Amtsgeheimnis-Award. Mit diesem Preis wollen wir be­ sonders problematische und systematische Fälle von Auskunftsverweigerung in politisch brisanten Themen­ bereichen aufzeigen, damit nicht behauptet werden kann, die aktuelle Regelung sei „transparent genug“. Eine mit ExpertInnen besetzte Jury vergibt Punkte an zuvor nach einer Ausschreibung nominierten Aus­ kunftsverweigerungen, der Preis geht nach Addition aller Punkte an die drei höchstplatzierten Nominie­ rungen. Viele der unbeantworteten Anfragen wurden ursprünglich über unsere Plattform FragDenStaat.at gestellt. Jahresbericht 2015 Di e P roje kte 9 Foto: @11i4 Die Gewinner 2014 Platz 2 (gleichauf) Das Wirtschaftsministerium für die Verweigerung der Nennung jener Firmen, die Eurofighter-Gegengeschäfte getätigt haben. Platz 2 (gleichauf) Das Innenministerium für die intransparente Informati­ onspolitik um das Schubhaftzentrum Vordernberg. Platz 1 Der Stadtschulrat Wien für die Untersagung, Eltern Einsicht in den Text eines ihren Kindern vorgelegten Lesetests zu gewähren. Die Jury bestand aus Corinna Milborn (Infodirektorin Puls4), Florian Klenk (Falter), Ulla Kramar-Schmid (profil), Martin Thür (ATV), Max Schrems (Bürgerrechtsaktivist), Herbert Starmühler (Verband Plattform Bürgerinitiativen) und Mathias Huter (Forum Informationsfreiheit). Sie begründete ihre Wahl für den ersten Platz folgen­ dermaßen: „Ein herrlich absurdes Beispiel für die Art und Weise wie sich Ämter gegen Transparenz wehren. Den Eltern jenen Lesetest zu verweigern den man den Kindern vorlegt, zeigt wie Ämter noch immer Denken.“ Die Gewinner 2015 Platz 3 Das Amt der Burgenländischen Landesregierung für die Weigerung, die Kosten einer Burgenland-„Kurier“Sonderbeilage kurz vor der Landtagswahl offenzu­ legen. Platz 2 Das Büro der Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima für die nachhaltige Auskunftsverweigerung zu einem von der Stadt über eine Tochterfirma betriebenen Tierheim. Platz 1 Das Innenministerium für die wiederholte Weigerung, JournalistInnen Zugang zur Asyl-Erstaufnahmestelle Traiskirchen zu gewähren. Die Jury bestand aus Markus „Fin“ Hametner (Forum Informationsfreiheit, FragDenStaat.at), Thomas Lohninger (AKVorrat), Stefan Wehrmeyer (FragDenStaat.de, Open Know­ ledge Foundation Deutschland, Correct!v), Ulrike Weiser (Die Presse), Herta Wessely (Aktion 21 – pro Bürgerbeteiligung) und Sahel Zarinfard (Dossier) Jahresbericht 2015 Di e P roje kte FRAGDENSTAAT.AT Anfang 2013 begannen wir nicht nur unsere Kampagne für die Abschaffung des Amtsgeheimnis­ ses, sondern eröffneten auch ein Portal, das Anfragen an Behörden vereinfacht. Dies ist aus mehreren Gründen wichtig: Einerseits geben Behörden oft selbst nicht klar an, an wen sich Bürgerinnen und Bürger mit Fragen wenden können. Andererseits erlaubt uns der Betrieb des Portals, das Antwortverhalten von Behörden zu messen, katalogisieren und aufzuzeigen: wie lange dauert es durchschnittlich, bis eine Erstantwort eintrifft? Werden Fristen eingehalten? Wie viele Anfragen werden schlussendlich zufriedenstellend beantwortet? 10 FragDenStaat.at wurde maßgeblich vom deutschen Schwesterportal FragDenStaat.de und anderen internationalen Portalen inspiriert und unterstützt. Es erleichtert die Kontaktaufnahme mit Behörden durch eine Behörden-Datenbank und informiert sowohl die Anfragenden als auch die Beantwortenden über ihre Rechte und Pflichten laut Auskunftspflichtgesetz. So stellen sie eine Anfrage Anfragen werden per E-Mail an Behörden übermittelt, die laut Auskunftspflichtgesetz bis zu 8 Wochen Zeit haben, die Anfragen der Bürgerinnen und Bürger zu beantworten. SachbearbeiterInnen können diese Anfragen direkt per E-Mail beantworten. Wenn eine Antwort eintrifft, wird der Antragsteller oder die Antragstellerin per E-Mail benachrichtigt. Verstreicht die Frist ohne Rückmeldung, wird man automatisch an die Anfrage erinnert und es besteht die Möglichkeit, die Behörde mittels Mausklick an die Anfrage zu erinnern. Wenn Antworten per Post ankommen, können sie ebenfalls auf FragDenStaat.at hochgeladen und veröffentlicht werden. Antworten werden von den Anfragestellern kategori­ siert: beispielsweise ob ihre Fragen ganz oder teil­ weise beantwortet oder Einsicht verweigert wurde, ob Informationen laut Angabe der Behörde gar nicht vorhanden waren. 1 Stellen Sie eine Anfrage! 2 Wählen Sie eine Behörde aus Suchen Sie nach einem Thema oder einer Behörde: Suchen Ministerium Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (Österreich) Bundesministerium für Bildung und Frauen (Österreich) Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (Österreich) Bundesministerium für Familie und Jugend (Österreich) Bundesministerium für Finanzen (Österreich) Bundesministerium für Frauen und Öffentlichen Dienst (Österreich) Bundesministerium für Gesundheit (Österreich) Bundesministerium für Inneres (Österreich) Bundesministerium für Justiz (Österreich) Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Österreich) Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (Österreich) Jahresbericht 2015 Di e P roje kte Die Statistik FragDenStaat.at erlaubt uns nun, erstmals quantitative Aussagen über Auskünfte in Österreich zu geben. Nur die 327 (2013–2015) öffentlich gestellten Anfragen wur­ den in den folgenden Auswertungen berücksichtigt. In den drei Jahren, für die Daten vorliegen, wurden nach Einschätzung der Anfragestellenden stets unter 50% der Anfragen erfolgreich oder „teilweise erfolgreich“ abgeschlossen. (2013: 36 von 81, 2014: 58 von 118, 2015: 61 von 127). Allerdings wurden wenige explizit abgelehnt (6 / 18 / 10). Viel öfter wurde gar nicht in der vorgesehenen Zeit beantwortet. Bemerkenswert ist beispielsweise: durchschnittlich vergingen 34 Tage bis Behörden eine erste Antwort sendeten. In dieser Statistik kann diese Nachricht eine Eingangsbestätigung darstellen, eine Nachfrage, oder eine vollständige Anfragebeantwortung. 2013 28 2014 Dafür, dass „Auskünfte […] ohne unnötigen Aufschub“ zu erteilen sind, ist eine durchschnittliche Wartezeit von über einem Monat bemerkenswert. 8 81 47 2015 11 51 erfolgreich 118 11 teilweise erfolgreich 127 Anfragen insgesamt 3 Betreff der Anfrage: Betreff Vorlage anpassen Ihre Anfrage: Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit beantrage ich gem §§2, 3 AuskunftspflichtG die Erteilung folgender Auskunft: Beschreiben Sie Ihre Anfrage hier ... [... Zeige Kompletten Anfragetext] 4 Überprüfen und absenden! Jahresbericht 2015 11 Di e P roje kte Transparente Entscheidungsprozesse Lässt sich der Einfluss von Lobbyisten auf Gesetze in verschiedenen EU-Staaten nachvollziehen? Dieser Frage sind wir 2015 zusammen mit der spanischen Organi­ sation Access Info Europe und den Partnern Diritto di Sapere (Italien), GONG (Kroatien), OKFN Deutschland, Request Initiative (Vereinigtes Königreich), Watchdog Poland, TheStory.ie (Irland) und Transparency Interna­ tional Italy nachgegangen. Spoiler: In Österreich lautet die Antwort klar: Nein. 12 Raucherschutz, Novellierung des Urheberrechts, Steuerreform, Polizeiliches Staatsschutzgesetz und Informa­ tionsfreiheitsgesetz. Bei diesen Gesetzen wollten wir wissen, mit welchen InteressensvertreterInnen sich MitarbeiterInnen der zuständigen Ministerien zum Entwurf getroffen hatten. Über unsere Webseite FragDenStaat.at haben wir öffentlich nachvollziehbar Details zu derartigen Treffen nach dem Auskunftsplichtgesetz beantragt: Ort, Zeit, Namen und Funktionen aller TeilnehmerInnen, sowie Protokolle und sämtliche von InteressensvertreterInnen an das Ministerium übermittelte Dokumente. Gesundheitsministerium (Raucherschutz) waren hier vergleichsweise am transparentesten. Letzteres hatte sich zwei Mal mit VertreterInnen von Hotelierver­ einigung und Wirtschaftskammer getroffen – weitere Details zu den Besprechungen, den genauen Teilneh­ mern und dem Inhalt der Diskussionen gab es keine. Bei sechs Anfragen haben wir in keinem einzigen Fall Lobbyisten-Dokumente oder Mitschriften von Treffen mit Interessensvertretern erhalten, auch in keinem Fall die Namen oder genauen Anliegen der Lobbyisten. Stets wurden wir Stellungnahmen in den Begutach­ tungsverfahren der entsprechenden Gesetzesentwürfe verwiesen. Zum Vergleich: Der irische Journalist Gavin Sheridan, den wir im Herbst 2014 nach Wien eingeladen hatten, erhielt vom irischen Gesundheitsministerium auf Anfrage 931 Seiten an Memos und Emails von TabakLobbyisten, die MinisteriumsmitarbeiterInnen erhalten hatten. Kurios war eine Antwort des Bundeskanzleramtes auf unsere Anfrage. Welche Interessensvertreter zum Entwurf des Informationsfreiheitsgesetzes konsultiert worden waren, wollten wir wissen. Die Antwort: Das unterliegt dem Amtsgeheimnis. Diese Frage möchten wir nun vom Bundesverwaltungsgericht klären lassen. Aber das ist nicht so einfach: Einen dafür benötigten negativen Bescheid haben wir über ein halbes Jahr nach Antrag noch immer nicht erhalten. Nur in zwei Fällen war es uns möglich, nachzuvoll­ziehen, ob es Treffen mit Interessensvertretern gab – das Justizministerium (Urheberrecht) und das Parteispenden.at Eine Politik mit offenen Karten, das ist das Ziel von Parteispenden.at – einer Initiative, mit der wir Licht auf sämtliche Aspekte der Parteienfinanzierung werfen wollen. Insbesondere möchten wir die Finanz-Daten der Parteien sammeln, einfach auffindbar machen, aufbereiten und visualisieren. Weiters wollen wir dokumentieren, wo es bei der gesetzlichen Regelung der Parteienfinanzierung Schlupflöcher und unzurei­ chende Transparenz gibt, und uns für tiefgreifende Nachbesserungen bei der 2012 verabschiedeten Reform des Parteiengesetzes und der dort festgeschriebenen Regeln einsetzen. In Zusammenarbeit mit der Sunlight Foundation in Washington DC und Nichtregierungsorganisationen aus zahlreichen Ländern arbeiten wir an globalen Grund­ sätzen für eine transparente Parteien- und Politikfinan­ zierung. Ein Workshop der Sunlight Foundation im Juli 2015 in Washington DC bot auch Gelegenheit für eine Diskussion mit Ann M. Ravel, der damals vorsitzenden Kommissarin der Federal Election Commission (FEC), die als unabhängiger Regulator auch dafür verantwortlich ist, die Einhaltung von Parteienfinanzierungsregeln in den USA zu überwachen. Erste Analysen zur heimischen Parteienfinanzierung haben wir 2015 veröffentlicht, für 2016 haben wir uns vorgenommen, die Finanzströme zu den Parteien so weit wie möglich zu dokumentieren. Durch mehr als 90 im Jänner 2016 gestellte Anfragen via FragDenStaat.at versuchen wir, erstmals Details zu direkten und indirek­ ten Parteienförderungen von Ländern und Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern zu bekommen. Möglich wird Parteispenden.at auch durch 105 Unterstützerinnen und Unterstützer, die in einer Crowd­ funding-Kampagne 5.200 Euro gespendet haben. Jahresbericht 2015 Di e P roje kte 13 Grafik: Elvira Stein OFFENESPARLAMENT.AT In unserer politischen Arbeit kommt es immer wieder vor, dass wir mit der Website des Parlaments in Berüh­ rung kommen. Auf ihr werden relevante Ausschuss­ sitzungen bekannt gegeben, Gesetzesentwürfe und Stellungnahmen publiziert und viele weitere Informa­ tionen veröffentlicht. Um die Arbeit mit diesen Informationen einfacher zu machen, haben wir das Projekt OffenesParlament.at initiiert. Es trägt dazu bei, die Arbeit des Parlaments und der Abgeordneten transparenter und nachvoll­ ziehbarer zu machen. Dafür reichern wir Datensätze und Informationen an und ermöglichen einen benutzerfreundlicheren Zugang. Außerdem werden parlamentarische Inhalte besser durchsuchbar und auffindbar. Beteiligung an Entscheidungsprozessen. Wenn Bürge­ rInnen zeitnah über eine Petition oder eine Begutach­ tung informiert werden, können sie sich auch in diese Prozesse einbringen. Inhalte, Akteure und Prozesse werden so weit als möglich untereinander verlinkt. Weiters verweist OffenesParlament.at wo immer möglich auf die Inhalte auf der Parlaments-Webseite um den Zugriff auf die Original-Quelle zu ermöglichen. OffenesParlament.at wurde durch eine Förderung der Internet Privatstiftung Austria im Rahmen des Projekts netidee.at gefördert, ist zu Redaktionsschluss in einer offenen Betaphase und hilft uns schon bei unserer Kampagnenarbeit. Die Seite erlaubt beispielsweise die Einrichtung von Benachrichtigungen für Gesetzgebungsprozesse, Personen, Stichworte oder individuelle Suchanfragen. Per Email werden NutzerInnen dann über Neuigkeiten informiert. So vereinfachen wir die Mitwirkung und Jahresbericht 2015 Di e P roje kte Transparentes Gerasdorf Wie können wir unsere Stadt zu einem Vorbild in Sachen Open Government und Transparenz machen? Mit dieser Frage kontaktierte der neu amtierende Vizebürgermeister von Gerasdorf bei Wien, Lukas Mandl (ÖVP), im Frühling 2015 das Forum Informationsfreiheit. In mehreren Treffen mit Mandl, Bürgermeister Alexander Vojta (SPÖ), Stadtamtsdirektor Herbert Klenk und Mitgliedern des Gemeinderates stellten Vertreter des Forum Informationsfreiheit österreichische und internatio­ nale Mechanismen einer offenen und bürgernahen Verwaltung vor. 14 Deutlich wurde bei den Diskussionen die schwierige Lage von VerwaltungsmitarbeiterInnen: Geben sie Informationen und Dokumente im Sinne einer offenen Verwaltung an BürgerInnen und verletzen dabei unwissentlich Verschwiegenheits­ pflichten, so droht eine strafrechtliche Verfolgung. Jedoch gibt es kaum Anleitungen, Richtlinien und Empfehlungen für BehördenmitarbeiterInnen, wie weit nach derzeitiger Rechtslage in der Praxis Transparenz gehen kann und darf. Dürfen öffentliche Förderungen an Vereine und Initiativen ins Internet gestellt werden? Unter welchen Umständen darf eine Stadt Details zu Beschaffungen und Vergaben öffentlich machen? Welche Daten zu öffentlichen Einrichtungen und welche Arten von Bevölkerungsstatistik dürfen öffentlich zugänglich gemacht werden? Es fehlt eine Stelle, bei der sich die Verwaltung aus erster Hand informieren kann, wie Geheimhaltungs­ gründe auszulegen sind, und welche Informationen automatisch oder auf Anfrage veröffentlicht werden dürfen. Diese Beraterrolle für die Verwaltung leistet in vielen Ländern ein Informationsbeauftragter (mehr dazu auf Seite 4). Eine solche Stelle wollen SPÖ und ÖVP – zumindest auf Bundesebene – auch in Zukunft nicht. Sonstige Aktionen HCB-Skandal Monatelang hatte die Kärnter Lebensmittelaufsicht zu Überschreitungen von HCB-Grenzwerten geschwiegen, bis im Dezember 2014 das volle Ausmaß des HCBSkandals bekannt wurde. Die Überschreitungen wären unter das Amtsgeheimnis gefallen, argumentierte die Behörde damals. Das Forum Informationsfreiheit stellte daraufhin klar, dass die Behörde allem Anschein nach Veröffentlichungspflichten nicht beachtet hatte. Denn bei Umweltinformationen müssen Behörden zwischen öffentlichem Interesse, das insbesondere etwa bei Grenzwert-Überschreitungen besteht, und allenfalls existierenden Geheimhaltungsinteressen abwiegen. Geheimschutzordnung Ende 2014 war es soweit: Regierung und Opposition waren sich einig, dass parlamentarische UntersuchungsAusschüsse künftig ein Recht der Opposition sein sollen. Eine einfache Mehrheit im Nationalrat sollte in Zukunft nicht ausreichen, um Untersuchungsausschüsse zu beenden. Die Bedingung: das Parlament müsse die Geheimschutzordnung des Bundes übernehmen, die die Geheimhaltung von Informationen durch Parla­ mentarier regeln soll. Das Absurde an der Situation: die Geheimschutzordnung des Bundes war zum Zeitpunkt der Diskussion nicht öffentlich – niemand wusste, was wirklich drin stand. Erst nach einer FragDenStaat.at-Anfrage von Markus Hametner wurde die Geheimschutzordnung veröffentlicht und somit klar, nach welchen Regeln Dokumente klassifiziert werden. Weiters konnte der Regierungsvorschlag mit den 2014 geltenden Regeln verglichen werden. Im Regierungs­ vorschlag fand sich auch die Geheimhaltungsstufe „Nicht-öffentlich“, die in der Geheimschutzordnung nicht vorgesehen war. Weiters war von einem „Verwer­ tungsverbot“ für Medien die Rede. Schlussendlich – auch nach unserer Kritik – wurde von diesen geplanten Änderungen Abstand genommen und die bestehende Geheimschutzordnung großteils übernommen. Berichterstattung Von der Gründung 2013 bis Ende 2015 gab es deutlich über 300 Berichte in österreichischen Medien zum Forum Informationsfreiheit und seinem Engagement für mehr Transparenz in Politik und Verwaltung. Wir sehen diese Medienberichterstattung als Bestätigung dafür, dass es uns gelingt, wichtige Themen aufzugreifen und öffentliche Diskussionen mitzugestalten. Jahresbericht 2015 Di e P roje kte Informationsweiterverwendungsgesetz Im März 2015 haben wir eine Stellungnahme zur Novellierung des Informationsweiterverwendungs­ gesetzes (IWG) übermittelt. Mit dieser Reform hat Österreich die EU-Richtlinie zur Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors umgesetzt, und die Verwaltung verpflichtet, Informationen in weiterverwendbaren Formaten zu veröffentlichen. Wir haben diesen Regeln unterstützt und unterstreichen, dass öffentliche Stellen mit Steuermitteln generierte Informationen, Daten und Werke so weit wie möglich so veröffentlichen sollen, dass der Öffentlichkeit ein Recht auf Weiterverwendung eingeräumt wird. Außerdem kritisierten wir das Vorhaben im Entwurf, Behörden zu erlauben, elektronische Kommunikati­ on auf Online-Formulare zu beschränken und keine Emails zuzulassen. Dies hätte eine unnötige Barriere für viele BürgerInnen geschaffen, und etwa auch FragDenStaat.at verunmöglicht. Diese von uns kritisierte Einschränkung wurde gestrichen und findet sich nicht im beschlossenen Gesetz. Enquete zur Stärkung der direkten Demokratie Weshalb Informationsfreiheit für BürgerInnen gegen­ über Politik und Verwaltung Grundlage direkter Demo­ kratie in Österreich sein sollte, erklärte Josef Barth vom Forum Informationsfreiheit im April 2015 im Bundes­ rat im Rahmen der parlamentarischen EnqueteKommission zur Stärkung der direkten Demokratie. Hypo U-Ausschuss Im April 2015 fanden sich die Abgeordneten im HypoUntersuchungsausschuss in einer ungewohnten Rolle wieder, die manche Bürgerinnen und Bürger gut kennen: sie waren Bittsteller für Information – viele Akten waren dem Ausschuss geschwärzt geliefert worden. In einem Kommentar in der Presse forderten Josef Barth und Mathias Huter: Klagt doch, liebe Ab­ geordnete! Das geschah einige Wochen später auch, der Verfassungsgerichtshof entschied: Akten sind dem U-Ausschuss ungeschwärzt vorzulegen. Als Experten im Verfassungsausschuss Auf Einladung der Grünen waren Josef Barth, Hubert Sickinger und Gert Nepel vom Forum Informations­ freiheit im Mai 2015 als „Experten“ im Verfassungsaus­ schuss des Parlaments eingeladen, wo sie den Abge­ ordneten erläuterten, wie ein starkes österreichisches Informationsfreiheitsgesetz, das sich an internationalen Standards orientiert, aussehen sollte. Max Schrems Wir treten für einen gläsernen Staat ein, der Bürger­ rechte und Privatsphäre seine BürgerInnen respektiert. Im Oktober 2015 haben wir uns sehr über den Sieg für Bürgerrechte von Max Schrems gefreut, als der Europäische Gerichtshof im Oktober das „Safe Harbor“- Datenübermittlungsabkommen nach seiner Klage aufgehoben hat. Schrems hat sich öffentlich für einen starken Informationszugang ausgesprochen und unsere Initiative Transparenzgesetz.at unterstützt. Beitritt zur Open Government Partnership Österreich soll der Open Government Partnership (OGP) beitreten, forderten wir im Oktober 2015. In einem offenen Prozess und in breiter Einbindung von BürgerInnen und Zivilgesellschaft sollte nach einem OGP-Beitritt ein nationaler Aktionsplan für Open Data, mehr Transparenz, und innovative Bürgerbeteiligung erarbeitet werden. Die OGP würde ein Forum bieten, um von den Erfahrungen der 66 Mitgliedsländer zu profitieren – anstatt ständig zu versuchen, in Österreich das Rad neu zu erfinden. Gemeinnützigkeit Im November 2015 wurde das Gemeinnützigkeits­ gesetz novelliert. In der Begutachtung forderte das Forum Informationsfreiheit: Organisationen im Bereich Journalismus, Demokratie, Menschen- und Bürgerrechte muss es endlich möglich werden, absetzbare Spenden zu erhalten, um diesem bislang völlig unterfinanzierten Bereich der österreichischen Zivilgesellschaft eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. #Besserentscheiden durch mehr Transparenz Vertreter des Forum Informationsfreiheit haben im November 2015 an der Bundesrats-Enquete „Digitaler Wandel und Politik“ teilgenommen und mehrere Anre­ gungen zum Konsultationsprozess #besserentscheiden geliefert: • Tiefgreifende Nachbesserungen beim „Transparenz­ paket“ von 2012, insbesondere beim Lobbyisten­ register, der Offenlegung der Parteienfinanzierung und beim Medientransparenzgesetz; • Eine automatische Veröffentlichung von Beschaf­ fungen und Vergaben der öffentlichen Hand; • Eine weitgehende Veröffentlichung und Freigabe von Studien, Daten und Dokumenten, die mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Griss-Akten: Sicherung des Informationszugangs Nach der Vernichtung von Protokollen und Akten der Griss-Kommission, die den Bericht zum Hypo-Debakel erstellt hat, forderten wir im Dezember 2015: Es muss sichergestellt werden, dass Stellen, die eine mit öffent­ lichen Mitteln finanzierte staatliche Aufgabe überneh­ men, Dokumente und Informationen archivieren. Nur so kann der Informationszugang in Zukunft garantiert werden. Jahresbericht 2015 15 R e chtsstre i te Neben unserer politischen Arbeit versuchen wir auch auf anderen Wegen die Informationsfreiheit in Österreich zu stärken. Das Vorgehen gegen Informationsverweigerung vor Gericht ist eine Möglichkeit. Unsere Erfahrung zeigt jetzt schon: solche Verfahren sind langwierig. Aber unser erster Erfolg kann sich sehen lassen! EurofighterGegengeschäfte 16 Im Februar 2013 stellten wir beim Launch von FragDenStaat.at eine Anfrage nach der Liste der Eurofigh­ ter-Gegengeschäfte. Diese wurde uns vom Wirtschaftsministerium verweigert. Begründung: die Liste sei – da noch nicht endgültig – kein „gesichertes Wissen“, außerdem ermittle gerade die Staatsanwaltschaft. Wir hielten die Begründung für juristisch höchst frag­ würdig und legten dagegen am 24. Oktober 2013 Beschwerde ein. Und bekamen im Juni 2015 vom Verwaltungsgerichts­ hof (VwGH) Recht! Aus der Presseaussendung des VwGH, weil’s so schön ist: Antwort nach über zwei Jahren. Foto: Markus Hametner „Dass dem Minister keine abschließende Liste von Unternehmen mit anerkannten Gegengeschäften vorliege, ist keine nachvollziehbare Begründung, um die Auskunft über die bereits anerkannten Gegengeschäfte zu verweigern. Der pauschale Hinweis auf nicht näher bezeichnete „laufende Verfahren“ und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zeigt nicht, inwiefern die bloße Nennung der Unternehmen geeignet wäre, diese Verfahren zu beeinträchtigen. Schließlich war auch die erforderliche Abwägung zwischen den Interessen der von der Auskunftserteilung betroffenen Unternehmen einerseits und dem Informationsinteresse des Beschwerdeführers andererseits nicht durchgeführt worden.“ Jahresbericht 2015 R e chtsstre i te 17 Foto: cc-by flickr.com: Max Pfandl Wirtschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) musste auf unseren Erfolg reagieren und kündigte nach dem Ministerrat am 23. Juni an, die Gegengeschäfts-Liste veröffentlichen zu wollen. „Aus meiner Sicht ist da volle Transparenz angebracht“. Die Liste der Gegengeschäfte wurde am 25. Juni online veröffentlicht. In der gleichen Antwort behauptete Mitterlehner allerdings auch, durch die rechtswidrige Auskunfts­ verweigerung seines Ministeriums sei kein Schaden entstanden. Das sehen wir anders: Zum Beispiel konnte im letzten Nationalratswahlkampf Frank Stronach behaupten, dass seine Firma Magna keine Gegengeschäfte erhalten hätte – was sich anhand der Liste leicht widerlegen lässt. Dass NEWS wenige Monate vor der Entscheidung des Gerichts die Liste aus anderer Quelle veröffentlichte ändert nichts daran: Durch die Verschleppung wurde verhindert, dass sich Bürger und Bürgerinnen ausreichend über eine Causa informieren können, die jetzt schon 12 Jahre lang regelmäßig in die Medien findet. Die lang geheim gehaltene Liste. Foto: Markus Hametner Jahresbericht 2015 R e chtsstre i te Eurofighter-Vertragswortlaut Wirtschaftsministerium und Verteidigungsministerium Aus den Gegenschriften des Wirtschaftsministeriums in unserem ersten Eurofighter-Fall ergaben sich noch mehr Fragen: Wenn alles so geheim gehalten werden muss, wie ist das eigentlich im Vertrag definiert? Was steht im Vertrag sonst noch so? Deswegen stellten wir eine weitere Anfrage an das Wirtschaftsministerium: nach der Formulierung der Geheimhaltungsbestimmungen im EurofighterVertrag. Die Frage „wie genau“ die Geheimhaltungs­ bestimmung formuliert war, stieß anfänglich auf Unverständnis: 18 Das BMWFW (vormals BMWFJ) ersucht den Aus­kunftswerber am 20. 02. 2014 um Konkretisierung seiner zweiten Fragestellung, insbesondere wie die Formulierung „wie genau“ konkret zu verstehen ist. Der Auskunftswerber antwortete am 21. 02. 2014, dass die Frage „Wie genau ist diese Vereinbarung formuliert?“ auf den Wortlaut der Vereinbarung (oder mehreren Teilvereinbarungen) abzielt. Am 17.6.2014 brachten wir die Beschwerde ein, sie wird vom Verwaltungsgericht des Bundes entschieden werden. Die Zusammenfassung unserer Beschwerde: Gebühren für die Beschwerde waren im Bescheid nicht erwähnt, Zahlungsmodalitäten auch nicht. Das hinderte die Behörde nicht daran, zwei Monate zu warten und dem Einreicher dann über das Finanzamt eine Zahlungsaufforderung zu schicken – mit 50% Gebührenerhöhung. Laut Auskunft des Finanzamts ist eine solche Vorgehensweise rechtmäßig. Gleichzeitig fragten wir über das befreundete Portal „whatdotheyknow.com“ das Britische Verteidigungsministerium um einen Eurofighter-Kaufvertrag an – und bekamen ihn. Dies bestärkte uns in unserer Entscheidung, den österreichischen Kaufvertrag beim Verteidigungsministerium anzufragen. Leider folgte eine Ablehnung, im dazugehörigen Bescheid führte das Verteidigungsministerium aus, dass nur Informationen über Akten erfragt werden könnten, nicht aber Akteninhalte. Am 27. Juli 2015 haben wir Beschwerde gegen die Auskunftsverwei­ gerung eingelegt. Das Ministerium brauchte aber fast zwei Monate – bis zum 25. September 2015 – um sie ans Verwaltungsgericht weiterzuleiten. Dies passiert scheinbar regelmäßig: Die öffentliche Stelle schickt die Beschwerde mit einer Gegenschrift zum Verwal­ tungsgericht – und lässt sich für die Auswertung dieses Kommentars bis zu zwei Monate Zeit. In den Gesetzen ist jedoch keine Maximaldauer für die Weiterleitung definiert – Behörden können so Beschwerdeverfahren durch Nichtstun verlängern. • Verletzung des Rechts auf Informationszugang durch die fehlende Wahl der geringsten Einschränkung • Fehlerhafte Interessensabwägung zwischen gering geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (nicht sensiblen Interessen) und dem Recht auf Informationszu­ gang • Fehlende Verifizierung von “möglicherweise auftreten­ den“ Nachteilen für die Vertragsparteien im Bezug auf den konkreten Fall • Fehlerhafte Interessensabwägung zwischen solchen nur “möglicherweise auftretenden“ Nachteilen und dem Recht auf Informationszugang Geheime Ausgaben der EUParlamentarier Erstmals haben JournalistInnen aus allen EU-Mitglieds­ staaten im November 2015 akkordiert Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof gegen das Europäische Parlament eingelegt. Dieses hatte ihnen Zugang zu Abrechnungen der Abgeordneten verweigert. Österreichische Klägerin: Ö1-Journalistin und FOIVorstandsmitglied Tanja Malle. Jahresbericht 2015 R e chtsstre i te Foto: cc-by flickr.com: Honza Soukup Platzverbote rund um Akademikerball 2014 Am 24. Jänner 2014 wurde im Rahmen des Akade­ mikerballs ein großflächigeres Platzverbot als bei Besuchen von US-Präsidenten verhängt. Auch die Gegendemonstration am Heldenplatz, die in den Vorjahren immer friedlich verlief, wurde verboten. Am gleichen Tag stellte Markus Hametner auf FragDenStaat.at die Frage: „Welche Dokumente (Lageeinschätzung, Gefahreneinschätzung) wurden zur Vorbereitung dieser Entscheidung erstellt?“ Auch Kopien der Dokumente forderte er an. Die LPD Wien begründete die Ablehnung der Anfrage damit, dass „der Begriff ‘Auskunft’ die Pflicht zur In­ formation über die Tätigkeit der Behörde, nicht aber eine Verpflichtung zur Begründung behördlichen Handelns oder Unterlassens“ beinhalte. Nachdem nur Dokumente angefragt wurden, keine Begründungen, halten wir diese Begründung für fragwürdig. Am 25. März 2014 wurde Beschwerde gegen diese Informationsverweigerung eingereicht. Fast ein Jahr ist der Akt am Gericht gelegen, dann stellte sich heraus, dass er von der Behörde an das falsche Gericht geschickt wurde. Am 27. Februar 2015, 11 Monate nach der Beschwerde, wurde der Fall an das Verwaltungsgericht des Bundes übergeben. Eine Entscheidung steht noch aus. Jahresbericht 2015 Au sz e i chn un ge n Concordia-Preis für Presse- und Informationsfreiheit Josef Barth kritisierte in seiner Rede die in Österreich herrschende Informationsmonarchie, in der Informa­ tion nach Status anstelle von Rechten vergeben wird. Der damals aktuell vom Bundeskanzleramt präsentierte Entwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses wolle ebendieses beibehalten. In keinster Weise garantiert er ein Informationsfreiheitsgesetz, das diesen Namen verdient. Das Team bei der Preisverleihung, Foto: Christian Müller 20 Just in dem Saal des Parlaments, in dem in den1920ern das Amtsgeheimnis im Verfassungsrang beschlossen wurde, erhielt das Forum Informationsfreiheit im April 2014 den Concordia Preis für Presse- und Informationsfreiheit des Presseclubs Concordia. „Der ganze Schabernack eines Auskunftspflichtgesetzes beruht auf dem Missverständnis, dass die Bürger Informationen erbitten müssten – während es doch sonnenklar ist, dass alle anfallenden Informationen nicht dem Privateigentum irgendeines Behördenleiters zugehören, sondern das Eigentum der Öffentlichkeit sind“, sagte der Jurist und FOI-Unterstützer Alfred Noll in seiner Laudatio. Demokratiepreis der Margaretha Lupac Stiftung des österreichischen Parlaments Das Engagement des Forum Informationsfreiheit für ein Bürgerrecht auf Informationszugang wurde im Jänner 2015 mit dem Demokratiepreis der Margaretha Lupac Stiftung des österreichischen Parlaments ausgezeichnet. Dieser wird für „außergewöhnliches zivilgesellschaftliches Engagement und Einsatz für Demokratie“ vergeben. Bei der Überreichung durch Nationalratspräsidentin Doris Bures unterstrich Mathias Huter im Namen des Forum Informationsfreiheit vor zahlreichen Abgeordne­ ten und dem Zweiten Nationalratspräsident Karlheinz Kopf, dass Transparenz kein Selbstzweck, sondern eine Voraussetzung für Demokratie ist. Er forderte vom Parlament den Mut für ein starkes Informationsfreiheitsgesetz ein, um die Kultur der Geheimhaltung in Öster­ reich endlich zu überwinden: „Nur ein informierter Bürger ist ein informierter Wähler. Ein Staat, der vor sei­ nen Bürger so viel Angst hat, dass er sein Tun vor ihnen geheim hält, untergräbt sein eigenes Fundament.“ In ihrer Laudation sagte Brigitte Bierlein, Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofs und Jury-Mitglied der Margaretha-Lupac-Stiftung, das Forum Informations­ freiheit folge der Überzeugung, dass nur informierte Bürgerinnen und Bürger an der Demokratie teilnehmen können. Durch individuelle Informationsrechte gegen­ über der Verwaltung werde Korruption erschwert, der Verschwendung von Steuergeldern vorgebeugt und das Vertrauen in Politik und Verwaltung gestärkt. Das Team bei der Preisverleihung, Foto: @11i4 Geteilt hat sich das Forum Informationsfreiheit den mit 15,000 Euro dotierten Preis mit Jugendornbirn, einer Vorarlberger Demokratie-Initiative, die es Jugendlichen ermöglicht, Verantwortung in ihrer Gemeinde zu über­ nehmen. Die Margaretha Lupac-Stiftung geht auf die 1999 verstorbene Margaretha Lupac zurück, die dem Parlament 1,5 Millionen Euro hinterlassen hat. Jahresbericht 2015 F i n an z e n Von Ende 2013 – zuvor betrieben wir die Kampagne und unsere Projekte als Einzelpersonen – bis Ende 2015 hat der Verein folgende Einnah­ men und Ausgaben verbucht Projekte Neben unserer Kampagnenarbeit rechnen wir momentan auch zwei Projekte über das Vereinskonto ab: Parteispenden.at und OffenesParlament.at. Beide sind mit Ende 2015 noch nicht komplett abgerechnet. Parteispenden.at Einnahmen Spenden via IndieGoGo bzw Direkt Einnahmen Preisgelder Spenden & Mitgliedsbeiträge Honorare € 11.500,00 € 2.670,00 € 4.890,17 Ausgaben IndieGoGo-Gebühren € -320,11 € 583,40 21 OffenesParlament.at Einnahmen Ausgaben Honorare an die Generalsekretäre Overhead wie Kontogebühren, Domain-Gebühren und andere Dienste Veranstaltungen: Raummiete, Transport und Unterbringung von Gästen € -2.400,00 € -449,81 Förderung Netidee.at Ausgaben Honorarnoten, Server-Gebühren € -1.573,74 Viele Ausgaben wurden jedoch von den Mitgliedern persönlich übernommen und nie über das Vereinskonto abgerechnet. Die wahren Kosten unserer Kampagne sind deswegen ungleich höher als hier abgerechnet. € 38.960,00 € 15.625,09 Erhaltene Sachleistungen: • Sunlight Foundation (USA): Übernahme von Reise­ kosten für Workshop-Teilnahme in Washington, DC (Mathias Huter) • T ransparency International: Übernahme von Reise­ kosten nach Brüssel für Moderation eines Panels zu Transparenz bei Beschaffungen (Mathias Huter) • T ransparency International: Übernahme von Reisekosten und Teilnahmegebühren an der 16. International Anti-Corruption Conference (IACC) in Kuala Lumpur (Mathias Huter) • D er Presseclub Concordia hat uns für die Mauer des Schweigens und Diskussionsveranstaltungen seine Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung gestellt. Jahresbericht 2015 TEA M Be i rat Jo s ef Bart h Gründer, Obmann Cath ari n a F e lk e Generalsekretärin 2014 Hub e rt Si cki n ge r Beiratsvorsitzender Cori n n a Mi l b orn Journalistin, puls4; Autorin Tanja M a l l e Obmann-Stv. N e ls o n Carr Walte r Ge ye r Ehem. Leiter der AntiKorruptions-Staatsanwaltschaft A l fr e d Nol l Anwalt Medien- und Urheberrecht Mar ku s Ham et n e r Obmann-Stv. A n dre a s Kri s ch Ge org Hol z e r Journalist und Autor aus Kärnten P e te r Paryce k Leiter Centre for E-Governance an der Donau-Universität Krems M at hia s H u t er Generalsekretär G e rt N e p e l F lori an Kl e n k Chefredakteur Falter; mehrfacher “Journalist des Jahres“ 22 A le x a n d e r Wacke r Seit Beginn der Kampagne haben Teile des Teams andere Herausforderungen gefunden. Wir bedanken uns bei Dominik Sinnreich, Maximilian Kronberger und Sara Hassan für ihre tatkräftige Hilfe. Außerdem gedenken wir dem 2015 verstorbenen Aufdecker­ journalisten und News-Chefreporter Kurt Kuch, der unsere Initiative von Anfang an unterstützt hat. Jahresbericht 2015 ENGAGIE R EN Informiert bleiben Falls Sie das Thema Transparenz und Informationszu­ gang interessiert, laden wir Sie dazu ein, auf Informationsfreiheit.at unseren Email-Newsletter zu abonnieren, den wir mehrmals pro Jahr versenden. Um auf dem Laufenden zu bleiben können sie uns auch auf sozialen Medien folgen: www.facebook.com/transparenzgesetz.at Twitter: @amtsgeheimnisAT Nachfragen Brennt Ihnen eine Frage unter den Nägeln, die eine Behörde beantworten könnte? Über unsere Webseite FragDenStaat.at ist es einfach und unbürokratisch möglich, Anfragen an Behörden nach dem Auskunfts­ pflichtgesetz zu stellen. Mitmachen Design, Web-Entwicklung, Pressearbeit, fachliche Ausarbeitung von Fragen rund um das Thema Transparenz – all das machen wir in unserer Freizeit. Wir freuen uns auch über fachliche Unterstützung durch JuristInnen und Personen mit Erfahrung in Verwaltungsangelegenheiten. Veranstaltungen Gerne sprechen Vertreter des Forum Informationsfrei­ heit bei Veranstaltungen zu den Themen Transparenz und Recht auf Informationszugang. Unterstützen Wir setzen uns für Offenheit ein und leben sie auch. Deshalb veröffentlichen wir alle Zuwendungen (inklusive Sachleistungen) aus einer Quelle, die innerhalb eines Jahres den Betrag von EUR 1.000 übersteigen. Auch veröffentlichen wir Details zu unseren Finanzen auf unserer Webseite: www.informationsfreiheit.at/unsere-finanzen/ Unser Engagement erfolgt derzeit weitestgehend ehrenamtlich. Darum sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen. Jeder einzelne Euro hilft, Österreich transparenter zu machen! Konto: Forum Informationsfreiheit IBAN: AT692011182434942000 BIC: GIBAATWWXXX Paypal: office@informationsfreiheit.at Fördermitgliedschaft Mit einer Fördermitgliedschaft für 29 Euro pro Jahr können Sie dabei helfen, die Projekte und das Engage­ ment des Forum Informationsfreiheit zu unterstützen. Wenn Sie Fördermitglied werden oder uns finanziell oder anderweitig unterstützen wollen, freuen wir uns über Kontaktaufnahme unter office@informationsfreiheit.at. Vielen Dank! Impressum Forum Informationsfreiheit ZVR 796723786 Kirchberggasse 7/8 1070 Wien office@informationsfreiheit.at www.informationsfreiheit.at Grafikdesign sebastianhierner.com Vorstand Josef Barth, Tanja Malle, Markus Hametner Jahresbericht 2015 23 5m:.2 — 35mm. 2 _ ’.