Antwort Hamburger Behörde für Schule und Berufsbildung: Frage 1: In welchen Jahrgängen wird Sexualunterricht durchgeführt? Im Hamburgischen Schulgesetz ist festgelegt, dass an Schulen Sexualerziehung unterrichtet wird und welche Ziele angestrebt werden (siehe § 5 und 6 http://www.hamburg.de/bsb/schulgesetz/ ). Sexualerziehung wird als fächerübergreifendes Aufgabengebiet ab Jahrgangsstufe 1 in allen Schulformen unterrichtet (siehe http://li.hamburg.de/Bildungspläne.pdf ). Frage 2: Welche Inhalte werden dabei behandelt? In den Bildungsplänen zur schulischen Sexualerziehung ist festgehalten, bis zu welcher Jahrgangsstufe Schülerinnen und Schüler die dort ausgewiesenen Kompetenzen erworben haben sollen. Dafür geeignete Themenfelder werden angegeben. Im Rahmen der selbstverantworteten Schule entscheidet die Schule, wie diese konkret ausgestaltet werden. Unterstützung erhalten die Lehrkräfte im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI), Abteilung Beratung – Vielfalt, Gesundheit und Prävention (siehe http://li.hamburg.de/sexualerziehunggender/ ). Für die Grundschule sind folgende Inhalte festgelegt (Im Detail im Bildungsplan nachzulesen http://li.hamburg.de/Bildungspläne.pdf): Ausgangspunkt sind in der Sexualerziehung die Themen und Fragen der Kinder, die für sie im Moment wichtig sind. - die Entwicklung von Ich-Stärke, Einfühlungs- und Abgrenzungsvermögen sowie Akzeptanz des persönlichen Bereichs und der Gefühle anderer, - Weitergabe gesicherten Wissens über die menschliche Sexualität, - zur Prävention von sexualisierter Gewalt werden Kenntnisse über den eigenen Körper sowie das Wahrnehmen und Benennen von Gefühlen vermittelt, - Themen, wie z. B. Geschlechterrollen oder verschiedene Lebensformen, werden aufgegriffen, zu denen es in den Elternhäusern unterschiedliche Einstellungen geben kann. Grundsätzlich ist die Ausgestaltung dieser Themen an den Grundrechten orientiert, die sich auf die Menschenwürde und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit beziehen. Anforderungen am Ende der Jahrgangsstufe 2 Die Schülerinnen und Schüler • stellen unterschiedliche Gefühle dar, • nennen Beispiele für angenehme und unangenehme Berührungen, • ordnen Ja oder Nein sagen einzelnen Situationen zu, • beschreiben ihre Familie, • bezeichnen Körperteile, • benennen Geschlechtsunterschiede, • erkennen einen Zusammenhang zwischen Zeugung, Schwangerschaft und Geburt. Mögliche Themenfelder am Ende der Jahrgangsstufe 2: - Es ist schön, ein Mädchen/Junge zu sein - Mein Körper - Das bin ich - Deine Familie - meine Familie - Wie ein Kind entsteht 1 - Die Welt der Gefühle Gute und schlechte Geheimnisse Anforderungen am Ende der Jahrgangsstufe 4 Die Schülerinnen und Schüler • nehmen unterschiedliche Gefühle wahr und drücken diese sprachlich aus, • beschreiben verschiedene Formen des Zusammenlebens und des familiären Aufwachsens, • nennen Beispiele für Freundschaft und Liebe, • nennen biologische Geschlechtsunterschiede, • stellen die Entstehung und Entwicklung menschlichen Lebens dar, • erläutern die körperliche Veränderung hin zur Pubertät, • bezeichnen sexuelle Übergriffe als Unrecht. Mögliche Themenfelder am Ende der Jahrgangsstufe 4: - Mein Körper und wie er sich verändert - Freundschaft, Verliebtheit, Zärtlichkeit und Liebe - Partnerschafts- und Familienformen - Mein Körper gehört mir In den weiterführenden Schulen sind folgende Inhalte festgelegt (im Detail im Bildungsplan nachzulesen. http://li.hamburg.de/Bildungspläne.pdf): Mindestanforderungen am Ende der Jahrgangsstufe 6: Die Schülerinnen und Schüler • stellen körperliche und seelische Veränderung bis hin zur Pubertät dar, • kennen verschiedene Ausdrucksformen von Freundschaft, Verliebt sein sowie Liebe und unterscheiden diese voneinander, • beschreiben den Weg von der Zeugung bis zum Säugling sprachlich angemessen, • kennen Grundbedürfnisse des Säuglings und Kleinkindes, • nennen Beispiele für sexuelle Grenzverletzungen und Gewalt. Mögliche Themenfelder der Jahrgangsstufe 6: - Wie ich wurde, was ich bin - Pubertät – was ist denn das? - Freundschaft, Liebe und Sexualität - Mädchen sein, Frau werden – Junge sein, Mann werden - Grenzen setzen – Hilfe holen Mindestanforderungen für den ersten Schulabschluss: Die Schülerinnen und Schüler • veranschaulichen, was zu einer gleichberechtigten Partnerschaft gehört, • stellen verschiedene Formen von Partnerschaften dar, • wissen, worauf man bei der Versorgung eines Babys bzw. eines Kleinkindes achten sollte, • kennen verschiedene Verhütungsmittel und -methoden, • beschreiben, wie man sich vor einer HIV-Infektion schützen kann, • wissen, dass es unterschiedliche Beratungsmöglichkeiten (z. B. Beratungseinrichtung, Online-Beratung) gibt. 2 Themenfelder für den ersten Schulabschluss: - Sexualität, Körperlichkeit und Sexualverhalten: z. B. Schönheit, was ist das? - Sexualität und Fortpflanzung: z. B. Das erste Mal, wann, wie und wo? - Sexualität und Identitätsfindung: z. B. Hetero, schwul, lesbisch oder bi? - Liebe, Sexualität und Beziehung: z. B. Ich liebe, wen ich will! - Sexualität und Gesellschaft: z. B. Sicher flirten im Netz Mindestanforderungen für den mittleren Schulabschluss: Die Schülerinnen und Schüler • verfügen über Kenntnisse zum Sexualverhalten des Menschen und zu unterschiedlichen Lebens-und Familienformen, • verfügen über Kenntnisse zur Zeugung, Schwangerschaft, Geburt, Säuglingspflege und Kindererziehung, • stellen dar, wie man verlässlich verhütet und sich vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten schützt, • wissen, wo man sich in Krisensituationen, wie z. B. bei Konflikten in der Partnerschaft, bei Konflikten mit Eltern bezüglich der Partnerwahl, bei sexuellem Missbrauch, bei Vergewaltigung oder bei ungewollter Schwangerschaft helfen lassen kann. Themenfelder: • Sexualität, Körperlichkeit und Sexualverhalten: z. B. Lifestyle: Den Körper verändern? • Sexualität und Fortpflanzung: z. B. Teenagerschwangerschaften • Sexualität und Identitätsfindung: z. B. Für Vielfalt –gegen Homophobie! • Liebe, Sexualität und Beziehung: z. B. Heiraten: ja oder nein? • Sexualität und Gesellschaft: z. B. Beruf und Familie, wie geht das? Mindestanforderungen am Ende der Jahrgangsstufe 10, Gymnasium: Mindestanforderungen Die Schülerinnen und Schüler • verfügen über Kenntnisse zum Sexualverhalten des Menschen und zu unterschiedlichen Lebens- und Familienformen, • verfügen über Kenntnisse zur Zeugung, Schwangerschaft, Geburt, Säuglingspflege und Kindererziehung, • stellen dar, wie man verlässlich verhütet und sich vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten schützt, • wissen, wo man sich in Krisensituationen, wie z. B. bei Konflikten in der Partnerschaft, bei Konflikten mit Eltern bezüglich der Partnerwahl, bei sexuellem Missbrauch, bei Vergewaltigung oder bei ungewollter Schwangerschaft helfen lassen kann. Gymnasiale Oberstufe, Anforderungen und mögliche Themenfelder: Die Schülerinnen und Schüler können 3 • zu Fragen der Sexualmoral ausgewählte Positionen und Argumentationen strukturiert wiedergeben, • verschiedene Methoden der Empfängnisverhütung und deren Anwendung miteinander vergleichen, • Ursachen für den Anstieg sexuell übertragbarer Krankheiten (z. B. HIV/AIDS) und tragfähige Präventionsstrategien darstellen, • zum Thema Sexualität und Gewalt die aktuelle Sachlage analysieren und das Angebot von Hamburger Beratungseinrichtungen beschreiben. Themenfelder: • Sexualität und Identitätsfindung: - sexuelle Identitätsentwicklung und Vielfalt der Lebensformen, • Liebe, Sexualität und Beziehung: - Gewaltbeziehungen beenden –Unterstützungsangebote nutzen, - Kinderwunsch und Lebensplanung - nur ein Frauenthema? - Trennungen - Katastrophe oder Möglichkeit zur Neuorientierung? • Sexualität und Gesellschaft: - Menschenrechte und sexuelle Identität, - Strategien der HIV/AIDS - Prävention als globale Herausforderung, - sexuelle Verwahrlosung von Jugendlichen - Rolle der Medien, - Zwangsverheiratung – eine kulturelle Tradition? Beispiele für selbst gestellte Aufgaben: Entwicklung einer schulischen Ausstellung zur AIDS-Thematik, Vorbereitung einer Diskussionsveranstaltung zum Thema „Zwangsverheiratung“, Entwurf eines schulischen Handlungskonzepts zur Akzeptanz von unterschiedlichen Lebensformen. Frage 3: Von wem wird der Sexualunterricht durchgeführt? Der Unterricht wird von Lehrkräften durchgeführt (z.B. Klassenlehrerinnen und -lehrer, Fachlehrkräfte Sach-, Deutsch-, Biologie-, Religionsunterricht). Ergänzend werden in den höheren Jahrgängen Expertinnen und Experten aus verschiedenen Fachberatungsstellen und anderen Institutionen einbezogen. Beruflicher Hintergrund der Referenten: Ärzt_innen, Sexualpädagog_innen, Sexualtherapeut_innen usw. . Frage 4: Gab es seit 2012 bis heute eine Reform des Sexualunterrichts in ihrem Bundesland? Nein, es gibt zwei aktuelle Schwerpunktsetzungen, die in der Sexualerziehung berücksichtigt werden: Im Januar 2017 wurde der Aktionsplan des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt verabschiedet. Mit diesem Aktionsplan soll ein Beitrag für ein gesellschaftliches Klima geleistet werden, in dem die Menschen unabhängig von ihrer geschlechtlichen und sexuellen Identität ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben führen können. Ziel ist es, über die Themen geschlechtliche und sexuelle Vielfalt zu informieren, zu sensibilisieren und die Sichtbarkeit von Lesben, Schwulen, Bisexuellen sowie von Trans* und Inter*1(LSBTI*) als Teil unserer Gesellschaft in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Zum Abbau von Vorurteilen ist Schule ein wichtiges Handlungsfeld. Mit dem Schwerpunkt Grundschulen und Kinderschutz startet in Hamburg die Bundesinitiative „Schule gegen sexuelle Gewalt“ Dazu findet am 26.4.2017 eine Auftakt- und Informationsveranstaltung für Schulleiterinnen und Schulleiter mit dem 4 Schulsenator Herrn Rabe und dem Unabhängigen Beauftragten des Bundes für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) Herrn Rörig im Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung statt. Dem vorausgegangen ist die Durchführung der bundesweiten Präventionskampagne „Trau Dich“ (siehe https://www.trau-dich.de/ ). Frage 5: Ist für die Zukunft eine Veränderung des Sexualunterrichts in der Diskussion? Soll zum Beispiel der Bildungsplan oder das Schulgesetz dafür überarbeitet werden? Nein, dies ist zurzeit nicht vorgesehen. 5