Antwort Ministerium für Bildung des Landes Sachsen-Anhalt: Sehr geehrter Herr Sachse, anbei die Beantwortung Ihrer Fragen. Beantwortung der Fragen: a) In welchen Jahrgängen wird Sexualunterricht durchgeführt? In den Schuljahrgängen 1 bis 12 aller Schulformen. b) Welche Inhalte werden dabei behandelt? Die Inhalte haben eine umfassende Bandbreite. In der Primarstufe geht es vor allem um den sachlichen Umgang mit der eigenen Person (Kennenlernen und Bezeichnen der weiblichen und männlichen Sexualorgane, Entwicklung des Kindes). c) Von wem wird der Sexualunterricht durchgeführt? Von den LehrerInnen oder werden dafür auch externe Personen eingeladen, die unterrichten? Die Lehrkräfte sind verantwortlich für den Unterricht. Sie können Experten/externe Vertreter hierzu heranziehen. Eine statistische Erfassung der Qualifikationen dieser Personen liegt hier nicht vor. Falls ja: Welchen beruflichen Hintergrund haben diese Personen? Angestellte von Krankenkassen, Medizinischer Dienst d) Gab es seit 2012 bis heute eine Reform des Sexualunterrichts in ihrem Bundesland? Der Erlass zur Sexualerziehung von 1996 wurde evaluiert und 2015 überarbeitet (siehe Anlage, Erlass). Die Neufassung trug der Weiterentwicklung der pädagogischen Praxis und den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung: • Veränderung des Rollenverständnisses von Frauen und Männern und • ein zeitgemäßes Verständnis von Partnerschaft und Familie. Mit der Neufassung des Runderlasses. wurde die Gleichwertigkeit der verschiedenen Ausdrucksformen des menschlichen Empfindens und der sexuellen Identität hervorgehoben. e) Ist für die Zukunft eine Veränderung des Sexualunterrichts in der Diskussion? Soll zum Beispiel der Bildungsplan oder das Schulgesetz dafür überarbeitet werden? Gegenwärtig sind keine Änderungen geplant. Die Lehrpläne wurden aktuell bzw. vor wenigen Jahren erneuert. Hintergrund: Schulische Sexualerziehung kann nicht nur einem bestimmten Unterrichtsfach zugeordnet werden, sie ist vielmehr eine fächerübergreifende erzieherische Aufgabe grundsätzlich jeder Lehrkraft in allen Schulformen und in verschiedenen Unterrichtsfächern. Im Rahmen schulischer Sexualerziehung müssen Sprachbarrieren abgebaut werden, damit Sexualität Gegenstand offener Kommunikation werden kann. Solche kompensatorische Spracherziehung im Unterricht kann nur fächerintegrativ gelingen. Schulische Sexualerziehung muss außerdem auf unterschiedliche kulturelle und religiöse Bindungen der Schülerinnen und Schüler Rücksicht nehmen. Es liegt im Ermessen der Lehrkräfte, im Rahmen der schulorganisatorischen Möglichkeiten einzelne sexualkundliche Themen für Jungen und Mädchen getrennt zu unterrichten, wenn dies sinnvoll erscheint. Auf diese Weise können geschlechtsspezifische Zugangsweisen zu dem Thema berücksichtigt und offene, hemmungsfreiere erzieherische Situationen geschaffen werden. Schulische Sexualerziehung im Primarbereich baut auf Vorkenntnissen aus der Vorschulzeit auf. Als Voraussetzung für erfolgreiche Sexualerziehung muss im Primarbereich die Schule als Lebensraum gestaltet sein, in dem Kinder sich wohlfühlen können und eine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens empfinden. Sexualerziehung ist u. a. den inhaltsbezogenen Kompetenzen des Sachunterrichts zugeordnet. Schulische Sexualerziehung im Sekundarbereich I findet überwiegend in den Fächern Biologie, Sozialkunde, Religionsunterricht und Ethikunterricht statt. Auch Fächer wie Deutsch, Sport und Kunsterziehung sollten entsprechende - insbesondere aktuelle - Themen berücksichtigen. Besondere Bedeutung kommt der Auswahl der Unterrichtsmethoden (maßvoll, verständlich, nachhaltig) zu. Sexualerziehung im Sekundarbereich II der allgemein bildenden Schulen hat die Aufgabe, einzelne Themen vertiefend zu behandeln, unter anderem zu folgenden Inhalten bzw. Themenbereichen: a) Entwicklungsphysiologie (Fortpflanzung, Individualentwicklung), b) Sozialisation und soziales Handeln (Familie als primäre Sozialinstanz, Rollenverhalten), c) Informationsverarbeitung und Verhalten (Bedeutung für Familienerziehung- Jungen/Mädchen) Weiterführende Informationen zur Behandlung der Thematik in einzelnen Fächern sind auch auf dem Bildungsserver des Landes Sachsen-Anhalt abrufbar unter: www.bildung-lsa.de. „Haftungsausschluss: Der vorliegende Text dient lediglich der Information. Rechtsverbindlichkeit haben ausschließlich die im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt (GVBl. LSA) oder im Schulverwaltungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt (SVBl. LSA) veröffentlichten Texte.“ Sexualerziehung an den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt RdErl. des MK vom 15. 4. 2015 – 26-82113 Bezug: RdErl. des MK vom 2. 7. 1996 (SVBl. LSA S. 316), geändert am 30. 11. 1998 (SVBl. 1/1999, S. 3) 1. Grundsätze schulischer Sexualerziehung Sexualität ist ein Wesenszug menschlicher Existenz. Sexualerziehung als Erziehung zu selbstbestimmtem und verantwortlichem gesellschaftlichen Verhalten muss in Zusammenarbeit mit den Eltern auch von der Schule übernommen werden. Dabei sind den Schülerinnen und Schülern unter anderem Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, welche die Achtung vor den Geschlechtern und vor ihrer Gleichberechtigung sowie ein verantwortliches Verhalten gegenüber der Gesundheit fördern. Der Begriff "Gesundheit" ist dabei gemäß Charta der WHO von 1986 als "Zustand körperlichen, seelischen, geistigen und sozialen Wohlbefindens" zu verstehen. Daraus ergibt sich, dass die Sexualerziehung ein wichtiger Teil einer ganzheitlichen schulischen Gesundheitsförderung ist. Sexualerziehung ist stets Teil einer wertorientierten Gesamterziehung. Sie soll die Heranwachsenden befähigen, ihr Leben bewusst und in freier Entscheidung selbst zu gestalten. Dabei wird eine Lebensführung angestrebt, in der die Sexualität als ein wesentlicher Bestandteil menschlichen Daseins anerkannt und bejaht wird, ohne dass Schwierigkeiten und Konflikte verharmlost oder bagatellisiert werden. Geschlechtlichkeit in der schulischen Sexualerziehung sollte alle möglichen Formen von Sexualität berücksichtigen. Die menschliche Sexualität ist als positive Kraft zu sehen, die zur Persönlichkeitsentwicklung und zur Selbstverwirklichung beiträgt. Die anzustrebenden Ziele Eigenverantwortlichkeit und Autonomie verbieten die Verkündigung einer partikularen Sexualmoral. Unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz dürfen andere Formen der Organisation persönlicher, sozialer, emotionaler und sexueller Beziehungen nicht tabuisiert oder diskriminiert werden. Aufgrund der Komplexität kann schulische Sexualerziehung keinem bestimmten Unterrichtsfach zugeordnet werden, sie ist vielmehr eine fächerübergreifende erzieherische Aufgabe grundsätzlich jeder Lehrkraft in allen Schulformen und in allen Unterrichtsfächern. Im Rahmen schulischer Sexualerziehung müssen Sprachbarrieren abgebaut werden, damit Sexualität Gegenstand offener Kommunikation werden kann. Solche kompensatorische Spracherziehung im Unterricht kann nur fächerintegrativ gelingen. Schulische Sexualerziehung muss außerdem auf unterschiedliche kulturelle und religiöse Bindungen der Schülerinnen und Schüler Rücksicht nehmen. 2. Inhalte und Themen schulischer Sexualerziehung Schulische Sexualerziehung soll Kenntnisse und Einsichten über die Bedeutung der Sexualität im individuellen und gesellschaftlichen Leben vermitteln. Dazu gehören biologische, psychosoziale, ethisch-moralische und religiöse Inhalte in alters- und situationsgerechten Thematisierungen. Zum Kennenlernen des eigenen Körpers ist biologisches Grundwissen unverzichtbar. Dazu zählen insbesondere Erkenntnisse über den körperlichen Entwicklungs- und Reifungsprozess, über Körperhygiene, Schwangerschaft, Embryonalentwicklung, Empfängnis- sowie Zeugungsverhütung und sexuell übertragbare Krankheiten. Im Rahmen umfassender Sexualerziehung müssen insbesondere psychosoziale Phänomene, wie Zuwendung, Zärtlichkeit, Partnerschaft und Liebe behandelt werden. Dabei sollen die verschiedenen Formen des Zusammenlebens, ebenso wie die verschiedenen sexuellen Identitäten, behandelt werden. Außerdem sind Pornographie, Prostitution und Formen sexualisierter Gewalt zu thematisieren. Gesellschaftliche Leitvorstellungen, z. B. Geschlechterrollen, sind kritisch zu analysieren. Ethisch-moralische Themen sollen unter anderem Werte und Normen im menschlichen Zusammenleben sowie deren Bedeutung für den Einzelnen und die Gesellschaft behandeln. Akzeptanz und Toleranz gegenüber der Überzeugung Anderer und die Übernahme von Verantwortung sind dabei wichtige Schwerpunkte. Durch integrative Behandlung der Themen sollen Verengungen vermieden werden, die zu einseitigen Vorstellungen über menschliche Sexualität führen. So ist z. B. zur AIDS-Problematik im Biologieunterricht Sachwissen über diese Krankheit zu vermitteln; gleichzeitig muss durch die Diskussion ethisch-moralischer Fragen die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung gegenüber der Krankheit gefördert und durch sozial-gesellschaftliche Themen Einsicht über die Auswirkungen der Immunschwächekrankheit AIDS auf die Formen des menschlichen Zusammenlebens vermittelt werden. Im Rahmen der Schuljahresplanungen sind Abstimmungen zur fächerübergreifenden Umsetzung sexualkundlicher Themen vorzunehmen. Dabei ist eine weitgehend parallele Behandlung der anstehenden Themen in verschiedenen Unterrichtsfächern und in Projekten anzustreben. Es liegt im Ermessen der Lehrkräfte, im Rahmen der schulorganisatorischen Möglichkeiten einzelne sexualkundliche Themen für Jungen und Mädchen getrennt zu unterrichten, wenn dies sinnvoll erscheint. Auf diese Weise können geschlechtsspezifische Zugangsweisen zu dem Thema berücksichtigt und offene, hemmungsfreiere erzieherische Situationen geschaffen werden. Die sexuelle Identität ist Thema schulischer Sexualerziehung. Die sexuelle Orientierung des Einzelnen ist Ausdrucksform der sexuellen Identität; sie beinhaltet die Richtung des geschlechtlichen Begehrens sowohl in Bezug auf sexuelle Lust als auch auf Partnerschaft und Liebe. Die schulische Sexualerziehung dient der Ausbildung und Förderung von Toleranz, Offenheit und Respekt vor den Lebensentwürfen aller Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Es ist wichtig, verschieden- und gleichgeschlechtliche Lebensentwürfe in ihrer Vielzahl darzustellen und altersgemäß zu vermitteln. Schulische Sexualerziehung leistet damit einen Beitrag zum Abbau von Homo- und Transphobie und zur Beseitigung der Diskriminierung von homo- und bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen. Schule soll über die Vielfalt von Geschlecht und Geschlechtsidentität sowie deren Gleichwertigkeit aufklären. Schülerinnen und Schüler sollen sich mit Geschlechterrollen, ihrer Bindung an biologische Gegebenheiten und den damit verbundenen Erwartungen und Gestaltungsspielräumen bezüglich ihren Erlebnis- und Entwicklungsmöglichkeiten (unter anderem in Bezug auf Sexualität, soziale Beziehungen, Berufs- und Partnerwahl) auseinandersetzen. 3. Aufgaben der Lehrkräfte An die Lehrkräfte werden bei der Umsetzung der Bildungs- und Erziehungsziele zur schulischen Sexualerziehung besondere Anforderungen gestellt. Sexualpädagogische Zielstellungen umzusetzen erfordert nicht nur wissenschaftlich fundiertes Grundwissen und methodisches Geschick, sondern auch die Fähigkeit, alters- und situationsgerecht auf die Fragen und Auffassungen der Schülerinnen und Schüler eingehen zu können. Lehrkräfte müssen dabei zwischen amtlichen Aufgaben und persönlichen Überzeugungen unterscheiden können. Die verbale Zurückhaltung von Schülerinnen und Schülern ist zu respektieren. Zur Umsetzung der vorgenannten Anforderungen an die Lehrkräfte wird empfohlen, dass diese mit außerschulischen Expertinnen und Experten zusammenarbeiten und deren Fachkompetenz nutzen. Bei der Vorbereitung und Durchführung von schriftlichen und mündlichen Leistungskontrollen sind emotionale Aspekte und Wertvorstellungen auszuklammern. 4. Zusammenwirken der Schule mit dem Elternhaus Sexualerziehung erfordert das enge Zusammenwirken der Schule mit dem Elternhaus. Die rechtliche Grundlage dazu bildet das Grundgesetz, in dem das Elternhaus (Artikel 6) und der staatliche Erziehungsauftrag (Artikel 7) nebeneinander bestehen. Gemäß § 1 Abs. 4 des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt i. d. F. vom 11. 8. 2005 (GVBl. LSA S. 378), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 24. 06. 2014 (GVBl. LSA S. 350, 358), haben die Schulen bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages das verfassungsmäßige Recht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder zu achten. Das gilt in besonderem Maße bei der Sexualerziehung und erfordert die Abstimmung von Inhalten und Themen zwischen den Lehrkräften und den Eltern. § 59 Absatz 5 des Schulgesetzes weist auf die Notwendigkeit der Erörterung von Inhalt, Planung und Gestaltung des Unterrichts mit den Klassenelternschaften hin und betont die Bedeutung für Unterrichtsfächer, durch die das Erziehungsrecht der Eltern in besonderer Weise berührt wird. Lehrkräfte haben die Klassenelternschaften über geplante sexualkundliche Unterrichtsvorhaben zu informieren. Den Eltern ist im Rahmen von Elternabenden Gelegenheit zu geben, geplante Inhalte und den Einsatz vorgesehener Medien zu erörtern. Dabei ist es sinnvoll, wenn sich die Lehrkräfte und die Eltern auf zu erwartende Fragestellungen vorbereiten, damit sie unbefangen, sachlich und angstfrei über Geschlechtervielfalt und Sexualität sprechen können. Damit werden auch die Eltern ermutigt, in häuslicher Atmosphäre individuell mit ihren Kindern Fragen zur Sexualität zu besprechen. 5. Gestaltung schulischer Sexualerziehung 5.1 Primarstufe Schulische Sexualerziehung im Primarbereich baut auf Vorkenntnissen aus der Vorschulzeit auf. Als Voraussetzung für erfolgreiche Sexualerziehung muss im Primarbereich die Schule als Lebensraum gestaltet sein, in dem die Schülerinnen und Schüler sich wohlfühlen können und eine Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens empfinden. Ziele schulischer Sexualerziehung im Primarbereich sind: - die Vermittlung grundlegender Kenntnisse zur körperlichen Entwicklung, - die Darstellung der Verschiedenheit von Mädchen und Jungen und - die Gestaltung des Verhaltens im Klassenverband. Schulische Sexualerziehung im Primarbereich wird in der Regel von der Klassenlehrerin oder vom Klassenlehrer durchgeführt. Fächerübergreifende Sexualerziehung erfordert die Einbindung sexualpädagogischer Themen in mehrere Unterrichtsfächer, wie z. B. Sachunterricht, Deutsch, Sport, Religionsunterricht und Ethikunterricht. Neben der geplanten zeitlichen Abfolge schulischer Sexualerziehung ist die Beantwortung spontan geäußerter Schülerfragen von größter Wichtigkeit. Das Gespräch als zentrale Unterrichtsform im Primarbereich ist durch den Einsatz von geeigneten Kinderbüchern und durch (Rollen-) Spiele sinnvoll zu ergänzen. Inhaltliche Schwerpunkte sind im Lehrplan für die Grundschule festgeschrieben. 5.2 Sekundarbereich I und II Auch im Sekundarbereich ist die Schaffung einer Atmosphäre des Vertrauens und der Offenheit eine wichtige Voraussetzung für gelingende Sexualerziehung. Nach Abschluss der allgemeinbildenden Schulzeit sollen junge Menschen über fundierte Kenntnisse über die Geschlechter und Einsichten in die Bedeutung menschlicher Sexualität verfügen. Außerdem sollen sie hinreichende innere Stabilität, soziale Kompetenz für die weitere Entwicklung ihrer Sexualität sowie ihrer geschlechtlichen Identität und Akzeptanz der Lebensentwürfe anderer Menschen entwickelt haben. Schulische Sexualerziehung in den Sekundarstufen I und II findet überwiegend in den Fächern Biologie, Sozialkunde, Religionsunterricht und Ethikunterricht statt. Auch Fächer wie Deutsch, Geschichte, Sport und Kunsterziehung sollten entsprechende Themen berücksichtigen. Im Sekundarbereich muss schulische Sexualerziehung die unterschiedlich verlaufenden Pubertätsphasen und die daraus resultierenden Konfliktsituationen der Mädchen und Jungen berücksichtigen. Dies verlangt von den Lehrkräften ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen. Inhaltliche Schwerpunkte sind in den jeweiligen Lehrplänen und in den Rahmenrichtlinien festgeschrieben. Der gestalterische Freiraum im Unterricht in der gymnasialen Oberstufe ist zu nutzen, um die Interessen der Schülerinnen und Schüler angemessen im Unterricht zu berücksichtigen. Aufgabe der Lehrkräfte ist es, den Schülerinnen und Schülern Handlungsorientierungen zu geben und sie entscheidungsfähig zu machen. 5.3 Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Die oben genannten grundsätzlichen Aussagen zur schulischen Sexualerziehung gelten auch für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Das Erlernen von Verhaltensweisen im Bereich der Sexualität ist auch für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf von großer Bedeutung. Die individuellen Förderbedarfe der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf erfordern differenzierte Angebote und Vorgehensweisen bei der Umsetzung der Bildungs- und Erziehungsziele. Sorgfältig geplante und durchgeführte Sexualerziehung, die den jeweiligen Förderbedarf berücksichtigt, soll diesen Schülerinnen und Schülern gezielt Orientierungshilfen geben, sie jedoch nicht bevormunden. 6. Sexuell übertragbare Krankheiten als Thema schulischer Sexualerziehung Die Auswirkungen sexuell übertragbarer Krankheiten auf das gesellschaftliche Leben erfordern die gesonderte und fächerübergreifende Behandlung der Problematik im Unterricht und in der außerunterrichtlichen Arbeit. Grundsätzlich ist zu vermeiden, dass durch sexuell übertragbare Krankheiten Sexualität negativ bewertet wird. Entsprechend dem Alter und der Entwicklung der Schülerinnen und Schüler ist deshalb ein möglichst präzises Wissen über biomedizinische, psychosoziale, ethische, gesellschaftliche und rechtliche Aspekte von sexuell übertragbaren Krankheiten zu vermitteln. Junge Menschen sind zu befähigen, die Gefahren, die von ihnen ausgehen, einzuschätzen, Maßnahmen zu treffen, sich selbst und andere davor zu schützen und Verantwortung gegenüber der Partnerin oder dem Partner zu übernehmen, ohne dass dadurch die positive Kraft der Sexualität geschmälert wird. Der Umgang mit HIV-Infizierten erfordert eine besondere Sensibilität. Von der Möglichkeit ausgehend, dass im sozialen Umfeld junger Menschen Kontakte zu Betroffenen von AIDS entstehen können, hat schulische Sexualerziehung die Aufgabe, bei jungen Menschen die Bereitschaft zu fördern, diesen Personen solidarisch gegenüberzutreten, sie nicht zu diskriminieren und zu stigmatisieren. Dazu ist es notwendig, den Schülerinnen und Schülern Kenntnisse der Übertragungsmöglichkeiten von AIDS und altersgemäße Handlungsorientierungen zu vermitteln. Die Auswahl der im Erziehungsprozess einzusetzenden Medien aus dem vielfältigen Angebot erfolgt durch die Lehrkräfte unter Berücksichtigung der unter Nr. 4 genannten Aspekte zum Zusammenwirken zwischen Schule und Elternhaus. 7. Sexualisierte Gewalt Das altersgerechte Thematisieren von Formen sexualisierter Gewalt im Alltag, z. B. das kritische Werten von Fallbeispielen, soll Schülerinnen und Schüler für das Problem sexualisierter Gewalt sensibilisieren, ohne sie zu verängstigen. Präventive Maßnahmen sollen die Entwicklung von Autonomie und Selbstbewusstsein bei Kindern und Jugendlichen fördern, um der Gefahr entgegenzuwirken, dass sie Opfer sexualisierter Gewalt werden oder selbst sexualisierte Gewalt ausüben. Sie sind über Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die Unterstützung gewähren können, zu informieren. Die Schülerinnen und Schülern sind in den verantwortungsbewussten Umgang mit den Inhalten des Internets einzuführen, um zu verhindern, dass durch die Verfügbarkeit und Präsenz gewaltverherrlichender Medien sexualisierte Gewalt bagatellisiert wird. Auf Symptome für eine vorausgegangene Misshandlung ist im Schulalltag zu achten. Da es eindeutige Kriterien für das Vorliegen solcher Gewaltanwendungen nicht gibt, sollten Lehrkräfte bei Schülerinnen und Schülern mit besonderen Verhaltensauffälligkeiten Gesprächsbereitschaft und Verständnis zeigen, um den Betroffenen eine Chance zu geben, sich anzuvertrauen und Hilfe erhalten zu können (§ 38 Abs. 3 Satz 1 SchulG LSA). 8. Medien für die Sexualerziehung in der Schule Methodische Anregungen und Hinweise für die unterrichtliche Arbeit zu dieser Thematik stehen in den Medienstellen des Landes zur Verfügung. Informationsmaterial in Form von Broschüren, DVDs, Faltblättern usw. stellt unter anderem die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf Anforderung zur Verfügung. Gesundheitsämter, Krankenkassen und Beratungsstellen unterstützen die schulische Sexualerziehung in der Regel durch die Bereitstellung von Materialien. Bei der Einbeziehung von Sachbüchern aus dem öffentlichen Buchhandel, beziehungsweise aus Bibliotheken, ist auf die sorgfältige Prüfung dieser Medienprodukte hinsichtlich ihrer Eignung für eine bestimmte Altersgruppe zu achten. Darüber hinaus können geeignete Kinooder Theatervorstellungen, Ausstellungen oder Veranstaltungen von Verbänden und Vereinen einbezogen werden. Eine Übersicht mit Ansprechpartnern und Bezugsquellen für Informationen und Materialien befindet sich unter http://www.bildung-lsa.de/themen/gesundheitserziehung.html. 9. Lehrerfortbildung Durch systembezogene Fortbildungsangebote sollen Möglichkeiten der fächerübergreifenden schulischen Sexualerziehung aufgezeigt werden. Für die jeweilige Schule können Bildungs- und Erziehungskonzepte entwickelt und deren Umsetzung im Bildungs- und Erziehungsprozess beraten werden. Die Unterstützung durch auswärtige Referentinnen und Referenten soll genutzt werden. Verwiesen wird auf den RdErl. des MK „Die Schule als professionelle Lerngemeinschaft“ vom 19.11.2012 (SVBl. S. 264). 10. Schlussbestimmungen Dieser RdErl. tritt am Tage nach seiner Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt der Bezugserlass außer Kraft.