Antwort Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport: a) In welchen Jahrgängen wird Sexualunterricht durchgeführt? b) Welche Inhalte werden dabei behandelt? Der Thüringer Lehrplan Heimat- und Sachkunde für die Grundschule weist im Abschnitt „Mensch“ des Kapitels „Lebewesen und Lebensräume“ Kompetenzen aus, die die Schüler bereits ab der Schuleingangsphase hinsichtlich der Sexualerziehung erwerben sollen. Am Ende der Grundschule können die Schüler die Fortpflanzung und Entwicklung des Menschen beschreiben. In den weiterführenden Schularten werden in den Fächern Mensch-Natur-Technik, Biologie, Ethik, katholische bzw. evangelische Religionslehre weitere Kompetenzen in diesem Bereich erworben. Im Fach Mensch-Natur-Technik der Klassenstufen 5/6 wird alters- und entwicklungsgemäß biologisches Wissen zum eigenen Körper und zu körperlichen Veränderungen thematisiert. Die Schüler erhalten die Gelegenheit, sich mit ethischen Werten der Sexualität vertraut zu machen: Achtung vor der Würde des Menschen, Akzeptanz verschiedener Lebensweisen, Ablehnung von sexueller Gewalt und Vermeidung von sexuellem Missbrauch. Im Fach Biologie werden in den Klassenstufen 7/8 im Abschnitt „Fortpflanzung, Entwicklung und Sexualität des Menschen“ des Kapitels „Gesunderhaltung des menschlichen Körpers“ die Pubertät, die vorgeburtliche Entwicklung sowie Maßnahmen zum Schutz von Mutter und Kind, Möglichkeiten der Schwangerschaftsverhütung und der Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten sowie die Vielfalt sexueller Ausrichtungen beleuchtet. Ebenfalls in den Klassenstufen 7/8 erkennt der Schüler im Ethikunterricht, dass Liebe in ihren verschiedenen Formen ein Grundbedürfnis des Menschen ist. Er charakterisiert unterschiedliche Formen der Liebe an Beispielen aus Kunst und Literatur, identifiziert Bedingungen für eine gelingende Partnerschaft, begründet das Recht auf selbstbestimmten Umgang mit Sexualität. Im Fach Evangelische Religionslehre wird die Frage nach gelingendem menschlichen Leben gestellt. In den Klassenstufen 7/8 wird die Bedeutung von Freundschaft und Liebe für das menschliche Leben thematisiert sowie bereichernde und zerstörerische Formen von Liebe und Sexualität diskutiert. Im Fach Katholische Religionslehre werden in den Klassenstufen 7/8 die Probleme der Pubertät angesprochen und nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. Es geht um die Vielfalt der Beziehungen zu anderen Menschen, Möglichkeiten toleranten und vorurteilsfreien Verhaltens sowie Tugenden und Werte, die ein gelungenes Zusammenleben vom Menschen ermöglichen. c) Von wem wird der Sexualunterricht durchgeführt? Von den LehrerInnen oder werden dafür auch externe Personen eingeladen, die unterrichten? Falls ja: Welchen beruflichen Hintergrund haben diese Personen? Entsprechend § 34 des Thüringer Schulgesetzes (ThürSchulG) unterrichtet und erzieht der Lehrer bzw. die Lehrerin die Schülerinnen und Schüler in eigener pädagogischer Verantwortung. Dabei sind die geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die Konferenzbeschlüsse und die Anordnungen der Schulaufsicht verbindlich. Im § 40b ThürSchulG ist geregelt, dass die Schule den Unterricht, die Erziehung und das Schulleben im Rahmen der geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eigenverantwortlich gestaltet. Daher unterrichtet die entspreche Fachlehrkraft im Rahmen ihres Fachunterrichts in der Regel auch die Themen der Sexualerziehung. Es steht der Lehrkraft jedoch frei, im Rahmen ihrer pädagogischen Freiheit und Verantwortung, ggf. zu einzelnen Themen Experten hinzuzuziehen. Die Entscheidung trifft die Fachlehrkraft in Abstimmung mit dem Schulleiter. Über den beruflichen Hintergrund dieser Experten liegen dem Ministerium keine Informationen vor. d) Gab es seit 2012 bis heute eine Reform des Sexualunterrichts in ihrem Bundesland? Seit dem Schuljahr 2010/2011 wurden in Thüringen schrittweise weiterentwickelte Lehrpläne eingeführt, auf die sich die Ausführungen zu den Fragen a und b beziehen. Im Dezember 2015 wurde der Thüringer Bildungsplan bis 18 Jahre (TBP-18) veröffentlicht. Im TBP-18 wurde der Abschnitt „Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt“ in das Kapitel 1.2 „Individuelle und soziale Vielfalt – Umgang mit Heterogenität“ aufgenommen. Dementsprechend behandelt der Bildungsbereich „Physische und psychische Gesundheitsbildung“ vertieft vier Kernbereiche, zu denen neben körperlicher Aktivität/Bewegung, Ernährung, Genuss- und Rauschmitteln auch die Sexualität gehört. Der TBP-18 als wichtiger Orientierungsrahmen für die pädagogische Arbeit und für Bildungsqualität in allen Bereichen der Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen in Thüringen beschreibt für die einzelnen Phasen die ablaufenden Bildungsprozesse und unterbreitet konkrete Bildungsangebote. Damit unterstützt der TBP-18 die Lehrerinnen und Lehrer bei ihren pädagogischen Entscheidungen. e) Ist für die Zukunft eine Veränderung des Sexualunterrichts in der Diskussion? Soll zum Beispiel der Bildungsplan oder das Schulgesetz dafür überarbeitet werden? Derzeit ist seitens des Ministeriums keine Änderung von Lehrplänen oder der Regelungen des Thüringer Schulgesetzes zur Sexualerziehung geplant. Seit dem Frühjahr 2016 wird der TBP-18 implementiert. In einer ersten Informations- und Diskussionsphase sollen bis Ende 2017 zunächst durch zielgruppenspezifische Fortbildungs- bzw. Informationsveranstaltungen zentrale Akteure der bestehenden Unterstützungs-, Beratungs- und Informationssysteme des Landes erreicht werden. Im Rahmen dieser Informationsphase ist auch die Möglichkeit der Diskussion des Textes und die Berücksichtigung von Diskussionsergebnissen in Abstimmung mit dem Konsortium gegeben.