Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrags A. Problem und Ziel Am 1. Januar 1981 trat das Gesetz zur Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz – TSG) in Kraft. Das Gesetz regelt, unter welchen Voraussetzungen Menschen, die zwar ein biologisch eindeutiges Geschlecht haben, sich jedoch dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen (Transsexuelle), ihre Vornamen und ihren Geschlechtseintrag in Personenstandsregistern ändern lassen können. Um den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, entweder nur die Vornamen ändern („kleine Lösung“) oder zusätzlich die andere Geschlechtszugehörigkeit feststellen zu lassen („große Lösung“), waren unterschiedliche Voraussetzungen vorgesehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in verschiedenen Entscheidungen Teile des TSG für verfassungswidrig erklärt, vor allem die zusätzlichen Voraussetzungen für die „große Lösung“. Darüber hinaus hat sich die Beurteilung von Transgeschlechtlichkeit, d.h. Abweichen der Geschlechtsidentität einer Person von ihrem eindeutig weiblichen oder männlichen Körperbild, sowohl in der Medizin als auch in der Gesellschaft fortentwickelt; dem trägt die geltende Fassung des TSG nicht hinreichend Rechnung. Die gesetzlichen Regelungen, nach denen es transgeschlechtlichen Menschen ermöglicht werden soll, ihren Geschlechtseintrag in den Personenstandsregistern und – soweit dies gewünscht ist – ihre Vornamen zu ändern, sind daher neu zu fassen. Im Zuge der Neufassung sind das mit dem Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben für Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung neu geschaffene Verfahren für einen Wechsel der Geschlechtszugehörigkeit nach § 45b des Personenstandsgesetzes (PStG) und das Verfahren bei Änderung des Geschlechtseintrags bei transgeschlechtlichen Personen einander anzugleichen, soweit dies aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssituation der beiden Personenkreise möglich und geboten erscheint. Da viele Betroffene den bisherigen Regelungsstandort im TSG – einem Sondergesetz – als diskriminierend empfanden, werden die Regelungen für die Änderung eines Geschlechtseintrags insgesamt für beide Gruppierungen in das Bürgerliche Gesetzbuch überführt. Das TSG kann dann aufgehoben werden. B. Lösung Mit dem Entwurf sollen die materiellen Voraussetzungen für die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen sowohl für inter- als auch für transgeschlechtliche Personen im Personenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt werden. Für die Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit ist neben dem dauerhaften und ernsthaften Zugehörigkeitsempfinden zu einem anderen als dem eingetragenen Geschlecht oder keinem Geschlecht eine qualifizierte Beratung erforderlich. Diese Beratung, über die eine begründete Bescheinigung zu erteilen ist, ersetzt die derzeit erforderlichen zwei Gutachten. Damit die beratende Person die gleiche Qualifikation wie die derzeit zu bestellenden Gutachter nach dem TSG hat, sieht § 2 Absatz 2 des Entwurfs eines Geschlechtsidentitätsberatungsgesetzes (GIBG-E) entsprechende Qualifikationsan- -2- Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr forderungen vor. Das Verfahren soll wie bisher gerichtlich geführt werden. Für die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen bei Intergeschlechtlichkeit (Personen mit einer angeborenen Variation der körperlichen Geschlechtsmerkmale) soll es – wie im geltenden § 45b PStG – auch an dem neuen Standort im BGB bei der Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung oder der eidesstattlichen Versicherung beim Standesamt bleiben. C. Alternativen Keine. D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand Für den Bund entstehen Haushaltsausgaben für die Anerkennung und Finanzierung der Beratungsstellen nach den §§ 5 und 6 GIBG-E. Für die zusätzliche Einweisung der beratenden Personen in die zusätzlichen Aufgaben in den Beratungsstellen sind im Jahr 2020 Ausgaben von ca. 750 000 Euro zu erwarten, in den Folgejahren jährliche Ausgaben für weitere Einweisungen infolge von Fluktuation und die Evaluation der Beratungsleistungen von ca. 92 500 Euro. Für die kostenlosen Beratungsleistungen entstehen ab Inkrafttreten des Gesetzes jährliche Ausgaben in Höhe von 1 240 000 Euro für trans- und intergeschlechtliche Personen sowie einmalige Kosten für intergeschlechtliche Personen in Höhe von 800 000 Euro. Diesen Kosten für den Bund stehen Einsparungen der Länder in Höhe von jährlich 675 000 Euro gegenüber, da künftig in Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe keine Gutachterkosten mehr übernommen werden müssen. E. Erfüllungsaufwand E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger Bürgerinnen und Bürger, die eine Änderung des Geschlechtseintrags bei Transsexualität anstreben, müssen sich zuvor einer qualifizierten Beratung unterziehen. Für die betroffenen ca. 3 000 Personen entsteht ein einmaliger Zeitaufwand von durchschnittlich ca. vier Stunden. E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft Es werden keine Vorgaben – auch keine Informationspflichten – für die Wirtschaft eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft, so dass kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft entsteht. Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten Keine. E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung -3- Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Durch das Gesetz entsteht für den Bund zusätzlicher Erfüllungsaufwand, da die Anerkennung der Beratungsstellen durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) erfolgen soll. Hierzu soll in der Behörde ein neues Referat eingerichtet werden. Die Kosten hierfür belaufen sich auf jährlich ca. 464 000 Euro. F. Weitere Kosten Das Gesetz wirkt sich nicht auf die Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau und insbesondere nicht auf das Verbraucherpreisniveau aus. -4- Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrags Vom ... Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 31. Januar 2019 (BGBl. I S. 54) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Die §§ 18 bis 20 werden wie folgt gefasst: „§ 18 Änderung des Geschlechtseintrags bei Intergeschlechtlichkeit (1) Eine Person mit einer angeborenen Variation der körperlichen Geschlechtsmerkmale kann gegenüber dem Standesamt erklären, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag durch eine andere in § 22 Absatz 3 des Personenstandsgesetzes vorgesehene Bezeichnung ersetzt oder gestrichen werden soll. Liegt kein deutscher Personenstandseintrag vor, kann die Person gegenüber dem Standesamt erklären, welche der in § 22 Absatz 3 des Personenstandsgesetzes vorgesehenen Bezeichnungen für sie maßgeblich ist oder auf die Angabe einer Geschlechtsbezeichnung verzichten. Die Erklärung muss öffentlich beglaubigt werden. (2) Mit der Erklärung kann die Person auch die vorhandenen Vornamen ändern. (3) Als körperliche Geschlechtsmerkmale im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind die das Geschlecht bestimmenden Erbanlagen, die hormonalen Anlagen und das Genitale anzusehen. (4) Die angeborene Variation der körperlichen Geschlechtsmerkmale ist durch die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachzuweisen. Verfügt die Person über keine ärztliche Bescheinigung einer erfolgten medizinischen Behandlung nach Satz 1 und könnte das Vorliegen einer Variation wegen der Behandlung nicht mehr oder nur noch nach unzumutbaren Untersuchungen ärztlich bescheinigt werden, kann die Person dies an Eides statt versichern. -5- Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr § 19 Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit (1) Das Gericht ordnet auf Antrag einer Person, deren Geschlechtsidentität von ihrem eindeutig weiblichen oder männlichen Körperbild abweicht, an, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag durch eine andere in § 22 Absatz 3 des Personenstandsgesetzes vorgesehene Bezeichnung, die dem Zugehörigkeitsempfinden der Person entspricht, zu ersetzen oder zu streichen ist, wenn 1. die Person sich ernsthaft und dauerhaft nicht dem für sie eingetragenen Geschlecht, sondern einem anderen oder keinem Geschlecht als zugehörig empfindet, 2. mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich das Zugehörigkeitsempfinden der Person zu einem anderen oder keinem Geschlecht nicht mehr ändern wird, und 3. die Person eine Beratungsbescheinigung nach § 4 des Geschlechtsidentitätsberatungsgesetzes vorlegt. Liegt kein deutscher Personenstandseintrag vor, stellt das Gericht auf Antrag fest, welche der in § 22 Absatz 3 des Personenstandsgesetzes vorgesehenen Bezeichnungen für die Person maßgeblich ist oder ob auf die Angabe einer Geschlechtsbezeichnung verzichtet wird. (2) In der Entscheidung nach Absatz 1 kann das Gericht auf Antrag der Person zusätzlich ihre vorhandenen Vornamen ändern. Unter den Voraussetzungen von Absatz 1 kann das Gericht auch nur die vorhandenen Vornamen ändern. § 20 Wirkungen der Änderung des Geschlechtseintrags (1) Nach der Änderung des Geschlechtseintrags richten sich die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten der eingetragenen Person nach dem geänderten Eintrag, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Die Änderung des Geschlechtseintrags lässt das Rechtsverhältnis zwischen der eingetragenen Person und ihren Eltern sowie zwischen der eingetragenen Person und ihren Kindern unberührt, bei angenommenen Kindern jedoch nur, soweit diese vor der Änderung des Geschlechtseintrags als Kind angenommen worden sind. Gleiches gilt im Verhältnis zu den Abkömmlingen dieser Kinder. (3) Die Änderung des Geschlechtseintrags lässt die bei ihrem Abschluss bestehenden Ansprüche auf Renten und vergleichbare wiederkehrende Leistungen der eingetragenen Person unberührt. Bei einer sich unmittelbar anschließenden Leistung aus demselben Rechtsverhältnis ist, soweit es hierbei auf das Geschlecht ankommt, weiter von den Bewertungen auszugehen, die den Leistungen bei Abschluss der Änderung zugrunde gelegen haben. (4) Ansprüche auf Leistung aus der Versicherung oder Versorgung eines früheren Ehegatten werden durch die Änderung nicht begründet.“ 2. Nach § 1631d wird folgender § 1631e eingefügt: -6- Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr „§ 1631e Änderung des Geschlechtseintrags bei einem Kind Die Personensorge umfasst ferner das Recht, für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht 14 Jahre alt ist, 1. die Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen nach § 18 oder der Reihenfolge der Vornamen gemäß § 45a des Personenstandsgesetzes abzugeben, 2. einen Antrag nach § 19 oder nach § 409f des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu stellen. Im Übrigen kann ein Kind die Erklärungen nach Satz 1 Nummer 1 nur selbst abgeben und die Anträge nach Satz 1 Nummer 2 nur selbst stellen; es bedarf hierzu jeweils der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Stimmt der gesetzliche Vertreter nicht zu, so ersetzt das Familiengericht die Zustimmung, wenn die Änderung des Geschlechtseintrags oder der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht.“ Artikel 2 Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2648) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Nach Artikel 7 wird folgender Artikel 7a eingefügt: „Artikel 7a Geschlechtszugehörigkeit (1) Die Geschlechtszugehörigkeit einer Person unterliegt dem Recht des Staates, dem die Person angehört. (2) Eine Person kann für die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit die Sachvorschriften des Staates wählen, in dem sie im Zeitpunkt der Änderung ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt hat. Gleiches gilt für einen Namenswechsel unter den Voraussetzungen oder im Zusammenhang mit der Änderung der Geschlechtszugehörigkeit. (3) Erklärungen zur Wahl nach Absatz 2 müssen öffentlich beglaubigt werden; sie können auch von den Standesbeamten beglaubigt oder beurkundet werden.“ 2. Dem Artikel 229 wird folgender § 50 [einsetzen: nächste bei der Verkündung freie Zählbezeichnung] angefügt: -7- Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr „§ 50 [einsetzen: nächste bei der Verkündung freie Zählbezeichnung] Überleitungsvorschrift zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes Am 1. Mai 2020 anhängige Verfahren nach dem Transsexuellengesetz in der bis einschließlich 30. April 2020 geltenden Fassung werden nach dem bis zum 30. April 2020 geltenden Recht weitergeführt.“ Artikel 3 Änderung des Passgesetzes In § 4 Absatz 1 Satz 4 und § 6 Absatz 2a Satz 1 des Passgesetzes vom 19. April 1986 (BGBl. I S. 537), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 7. Juli 2017 (BGBl. I S. 2310) geändert worden ist, werden die Wörter „§ 1 des Transsexuellengesetzes“ durch die Wörter „§ 1 des bis zum 30. April 2020 geltenden Transsexuellengesetzes oder § 19 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs“ ersetzt. Artikel 4 Änderung des Personenstandsgesetzes Das Personenstandsgesetz vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert: a) Der Angabe zu § 45 werden die Wörter „und zur Angabe des Geschlechts“ angefügt. b) Die Angabe zu § 45b wird wie folgt gefasst: „§ 45b 2. Offenbarungsverbot“. § 16 Absatz 2 Satz 3 wird wie folgt gefasst: „Die Änderung der Vornamen und des Geschlechts ist nicht einzutragen, wenn diese auf Grund des bis zum 30. April 2020 geltenden Transsexuellengesetzes, nach § 18 oder § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder in einem Adoptionsverfahren geändert wurden.“ 3. § 45 wird wie folgt geändert: a) Der Überschrift werden die Wörter „und zur Angabe des Geschlechts“ angefügt. b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt: „(1a) Gleiches gilt für die Erklärung einer Person, die wegen einer angeborenen Variation ihrer körperlichen Geschlechtsmerkmale ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen nach § 18 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ändert.“ 4. § 45b wird wie folgt gefasst: -8- Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr „§ 45b Offenbarungsverbot (1) Ist der Geschlechtseintrag oder sind die Vornamen dem bis zum 30. April 2020 geltenden Transsexuellengesetz oder nach § 18 oder § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geändert worden, dürfen die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtszugehörigkeit und die Vornamen ohne Zustimmung der eingetragenen Person nicht offenbart oder ausgeforscht werden, es sei denn, dass besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird. (2) Die eingetragene Person kann verlangen, dass der geänderte Geschlechtseintrag und die Vornamen in amtlichen Dokumenten und Registern eingetragen werden, wenn dem keine besonderen Gründe des öffentlichen Interesses entgegenstehen. (3) Amtliche Dokumente, die vor der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen erstellt wurden, werden bei berechtigtem Interesse auf Antrag mit dem neuen Geschlechtseintrag und den neuen Vornamen neu ausgestellt, soweit dies möglich ist. (4) Der frühere und der derzeitige Ehegatte, die Eltern, die Großeltern und die Abkömmlinge der eingetragenen Person sind nur dann verpflichtet, den geänderten Geschlechtseintrag und die geänderten Vornamen anzugeben, wenn dies für die Führung öffentlicher Bücher und Register oder im Rechtsverkehr erforderlich ist. Dies gilt nicht für Ehegatten der eingetragenen Person, deren Ehe nach der Änderung des Geschlechtseintrags geschlossen oder begründet wurde.“ 5. Dem § 57 wird folgender Absatz 3 angefügt: „(3) Auf Verlangen von Personen, deren Vornamen nach dem bis zum 30. April 2020 geltenden Transsexuellengesetz oder nach § 18 oder § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geändert worden sind, werden in die Eheurkunde die vor der Eheschließung geführten Vornamen nicht aufgenommen.“ 6. Dem § 58 wird folgender Absatz 3 angefügt: „(3) Auf Verlangen von Personen, deren Vornamen nach dem bis zum 30. April 2020 geltenden Transsexuellengesetz oder nach § 18 oder § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geändert worden sind, werden in die Lebenspartnerschaftsurkunde die vor der Begründung der Lebenspartnerschaft geführten Vornamen nicht aufgenommen.“ 7. § 63 Absatz 2 wird wie folgt gefasst: „(2) Ist der Geschlechtseintrag oder sind die Vornamen einer Person auf Grund des bis zum 30. April 2020 geltenden Transsexuellengesetz oder von § 18 oder § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geändert worden, so darf abweichend von § 62 erteilt werden 1. eine Personenstandsurkunde aus dem Geburtseintrag nur der betroffenen Person selbst und 2. eine Ehe- oder Lebenspartnerschaftsurkunde aus dem Ehe- oder Lebenspartnerschaftseintrag nur der betroffenen Person selbst sowie ihrem Ehegatten oder Lebenspartner. -9- Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Diese Beschränkungen entfallen mit dem Tod der betroffenen Person; § 45b bleibt unberührt.“ Artikel 5 Änderung der Personenstandsverordnung § 56 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe d der Personenstandsverordnung vom 22. November 2008 (BGBl. I S. 2263), die zuletzt durch die zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst: „d) Entscheidungen und Anordnungen, durch die auf Grund des Transsexuellengesetzes in der bis einschließlich 30. April 2020 geltenden Fassung oder § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aa) die Vornamen einer Person geändert oder solche Entscheidungen aufgehoben werden, bb) festgestellt wird, dass eine Person als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, cc) angeordnet wird, dass die Angabe zum Geschlecht einer Person in einem deutschen Personenstandseintrag durch eine andere Bezeichnung zu ersetzen oder zu streichen ist, dd) festgestellt wird, welche Geschlechtsbezeichnung maßgeblich ist oder auf die Angabe einer solchen verzichtet wird,“. Artikel 6 Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes Nach § 23a Absatz 2 Nummer 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. April 2019 (BGBl. I S. 466) geändert worden ist, wird folgende Nummer 4a eingefügt: „4a. Verfahren nach den §§ 409a bis 409g des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit es sich nicht um Verfahren handelt, die die Änderung des Geschlechtseintrags bei einem Kind nach § 1631e des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Gegenstand haben,“. - 10 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Artikel 7 Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu Buch 6 durch die folgenden Angaben ersetzt: „Buch 6 Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrages bei Transgeschlechtlichkeit und in weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Abschnitt 1 Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit § 409a Änderung des Geschlechtseintrags § 409b Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung § 409c Antrag § 409d Anhörung § 409e Wirksamwerden § 409f Aufhebung § 409g Erneute Antragstellung Abschnitt 2 Weitere Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“. 2. In § 168a Absatz 1 werden die Wörter „§ 45b Absatz 2 Satz 3 des Personenstandesgesetzes“ durch die Wörter „§ 1631e Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs“ ersetzt. 3. Die Überschrift des Buches 6 wird wie folgt gefasst: - 11 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr „Buch 6 Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit und in weiteren Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“. 4. Vor § 410 wird folgender Abschnitt 1 eingefügt: „Abschnitt 1 Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit § 409a Änderung des Geschlechtseintrags Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit sind Verfahren nach § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. § 409b Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung (1) Für Verfahren nach § 409a ist das Gericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, für den Bezirk dieses Landgerichts ausschließlich zuständig. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass ein Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zuständig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 2 durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (2) Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk die transgeschlechtliche Person ihren Wohnsitz oder, falls ein solcher im Geltungsbereich dieses Gesetzes fehlt, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat; maßgebend für die Zuständigkeit ist der Zeitpunkt, in dem der Antrag eingereicht wird. (3) Ist die transgeschlechtliche Person Deutsche und ist eine Zuständigkeit nach Absatz 2 nicht gegeben, ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig. § 409c Antrag Dem Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrags nach § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist die Bescheinigung über die Beratung nach § 4 des Geschlechtsidentitätsberatungsgesetzes beizufügen. In dem Antrag soll das Verfahrensziel bezeichnet werden. - 12 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr § 409d Anhörung Das Gericht soll den Ehegatten der antragstellenden Person anhören. § 409e Wirksamwerden Die Entscheidung wird erst mit Rechtskraft wirksam. § 409f Aufhebung Die Entscheidung über den Geschlechtseintrag einer Person nach § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auf ihren Antrag vom Gericht aufzuheben, wenn sie sich wieder dem vor der Entscheidung angegebenen Geschlecht als zugehörig empfindet. Das Gericht hat in seiner Entscheidung über die Aufhebung zugleich anzuordnen, dass die Person wieder mit ihrem vor der Entscheidung angegebenen Geschlecht einzutragen ist und wieder die früheren Vornamen führt. § 409g Erneute Antragstellung Ein erneuter Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrags nach § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist erst nach Ablauf von drei Jahren zulässig. Die Frist beginnt mit Rechtskraft der letzten Entscheidung über eine Änderung des Geschlechtseintrags.“ 5. Nach § 409g wird folgende Überschrift eingefügt: „Abschnitt 2 Weitere Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“. Artikel 8 Änderung des Gerichts- und Notarkostengesetzes Das Gerichts- und Notarkostengesetz vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 17. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2573) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. § 1 Absatz 2 Nummer 12 wird aufgehoben. 2. Nummer 15210 der Anlage 1 (Kostenverzeichnis) wird wie folgt gefasst: - 13 Nr. „15210 Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Gebührentatbestand Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 34 GNotKG - Tabelle A Verfahren 1. nach dem Verschollenheitsgesetz oder 2. zur Änderung des Geschlechtseintrags (§ 409a FamFG) ................................ 1,0“. Artikel 9 Änderung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes In Anlage 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 2 des Gesetzes vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2222) geändert worden ist, werden in der Tabelle mit der Spaltenüberschrift „Gegenstand medizinischer und psychologischer Gutachten“ in der Honorargruppe M 3 die Wörter „– in Verfahren nach dem TSG,“ gestrichen. Artikel 10 Änderung des Rechtspflegergesetzes Das Rechtspflegergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. April 2013 (BGBl. I S. 778; 2014 I S. 46), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 17. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2573) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. § 14 Absatz 1 Nummer 12 wird wie folgt geändert: a) In Buchstabe b wird das Semikolon am Ende durch ein Komma ersetzt. b) Folgender Buchstabe c wird angefügt: „c) 2. des gesetzlichen Vertreters nach § 1631e Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs;“. § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 9 wird aufgehoben. Artikel 11 Änderung des Bundeszentralregistergesetzes In § 20a Absatz 1 Satz 2 des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229; 1985 I S. 195), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2732) geändert worden ist, werden die Wörter „§ 5 Abs. 1 des Transsexuellengesetzes“ durch die Wörter „§ 45b Absatz 1 des Personenstandsgesetzes“ ersetzt. - 14 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Artikel 12 Gesetz über die Beratung zur Geschlechtsidentität (Geschlechtsidentitätsberatungsgesetz – GIBG) §1 Anspruch auf Beratung Bei Fragen der Geschlechtsidentität können betroffene Personen eine Beratung durch eine anerkannte Beratungsstelle im Sinne des § 5 verlangen. Die Beratung ist kostenfrei und kann auf Wunsch anonym erfolgen. §2 Qualifikation der beratenden Person (1) Die Beratung über eine mögliche Änderung des Geschlechtseintrags oder die Vornamensführung bei Intergeschlechtlichkeit hat durch eine aufgrund ihrer Ausbildung und beruflichen Erfahrung mit den Besonderheiten der Intergeschlechtlichkeit ausreichend vertraute Person zu erfolgen. (2) Die Beratung über eine mögliche Änderung des Geschlechtseintrags oder die Vornamensführung bei Transgeschlechtlichkeit hat durch eine aufgrund ihrer ärztlichen, psychologischen oder psychotherapeutischen Berufsqualifikation und beruflichen Erfahrung mit den Besonderheiten der Transgeschlechtlichkeit ausreichend vertraute Person zu erfolgen. (3) Die beratende Person muss nicht Angehörige einer Beratungsstelle nach § 5 sein. §3 Inhalt der Beratung Im Rahmen der Beratung hat auch eine Aufklärung der betroffenen Person über die rechtlichen und medizinischen Möglichkeiten, die Tragweite einer Entscheidung zur Änderung des Geschlechtseintrags oder einer Geschlechtsänderung sowie die möglichen Folgen und Risiken zu erfolgen. §4 Beratungsbescheinigung Die nach § 2 Absatz 2 qualifizierte beratende Person hat nach Abschluss der Beratung auf Anforderung eine mit ihrem Namen und Datum der Ausstellung versehene Bescheinigung über die Beratung auszustellen. Sie hat sich in der Bescheinigung darüber zu erklären, ob sich die betroffene Person ernsthaft und dauerhaft einem anderen oder keinem Geschlecht als zugehörig empfindet und mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen - 15 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zu dem anderen oder keinem Geschlecht nicht mehr ändern wird. Die Bescheinigung ist zu begründen. §5 Anerkennung als Beratungsstelle (1) Beratungsstellen müssen für die Beratung geeignete Personen im Sinne des § 2 vorhalten. (2) Die Anerkennung erfolgt durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. §6 Förderung Eine anerkannte Beratungsstelle hat Anspruch auf Förderung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Artikel 13 Inkrafttreten, Außerkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Mai 2020 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Transsexuellengesetz vom 10. September 1980 (BGBl. I S. 1654), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2787) geändert worden ist, außer Kraft. - 16 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Begründung A. Allgemeiner Teil I. Rechtliche Ausgangssituation Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen Am 1. Januar 1981 trat das Transsexuellengesetz (TSG) in Kraft. Das Gesetz regelt, unter welchen Voraussetzungen Menschen, die zwar ein biologisch eindeutiges Geschlecht haben, sich jedoch dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen (transsexuelle Menschen), ihre Vornamen und ihren Geschlechtseintrag in Personenstandsregistern ändern lassen können. Um den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, entweder nur die Vornamen ändern („kleine Lösung“) oder zusätzlich die andere Geschlechtszugehörigkeit feststellen zu lassen („große Lösung“) waren unterschiedliche Voraussetzungen vorgesehen. Das Bundesverfassungsgericht hat in verschiedenen Entscheidungen Teile des TSG für verfassungswidrig erklärt, wodurch auch die Unterschiede bei den Voraussetzungen für die beiden Verfahren entfallen sind (u.a. BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 2011 - 1 BvR 3295/07; BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 2008 - 1 BvL 10/05; Beschluss vom 18. Juli 2006 - 1 BvL 1/04; BVerfG Beschluss v. 6. Dezember 2005 – 1 BvL 3/03; BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1993 - 1 BvL 38/92). Mit dem Personenstandsrechts-Änderungsgesetz vom 7. Mai 2013 (BGBl. I S. 1122) wurde für intersexuelle Menschen in § 22 Absatz 3 des Personenstandsgesetzes (PStG) geregelt, dass ein Personenstandsfall ohne eine Angabe zum Geschlecht des Kindes in das Geburtenregister einzutragen ist, wenn das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 2019/16 – festgestellt, dass das in Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) normierte allgemeine Persönlichkeitsrecht die geschlechtliche Identität schützt. Es schützt auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Dieser Personenkreis ist auch gemäß Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 GG vor Diskriminierungen wegen des Geschlechts geschützt und wird in beiden Grundrechten verletzt, wenn das Personenstandsrecht dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, aber keinen anderen positiven Geschlechtseintrag als „weiblich“ oder „männlich“ zulässt. Mit dem Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben ist zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in § 22 Absatz 3 PStG die weitere Geschlechtsangabe „divers“ und für betroffene intersexuelle Personen ein Wechsel des Geschlechtseintrags durch eine Erklärung nach § 45b PStG ermöglicht worden. II. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen Mit dem Entwurf soll das Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen im Interesse inter- und transgeschlechtlicher Menschen vereinfacht, zugleich aber das öffentliche Interesse an der Validität der Eintragungen in den Personenstandsregistern gewahrt werden. Die Möglichkeit der Änderung des Geschlechtseintrags für Personen, bei denen die Geschlechtsidentität vom eindeutig weiblichen oder männlichen Körperbild abweicht (transgeschlechtliche Personen), soll unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes vereinfacht werden. Zugleich sollen die Möglichkeiten der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen für trans- und inter- - 17 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr geschlechtliche Menschen (Personen mit einer angeborenen Variation der körperlichen Geschlechtsmerkmale) an einheitlichen Standorten in der Rechtsordnung geregelt und so weit wie erforderlich angeglichen werden. III. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs Die materiellen Voraussetzungen für die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen sollen im Personenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ihren Standort finden. Für die Änderung des Geschlechtseintrags bei Abweichen der Geschlechtsidentität bei eindeutig weiblichem oder männlichem Körperbild ist erforderlich, dass sich die betroffene Person nicht mehr ihrem eingetragenen Geschlecht als zugehörig empfindet und der dauerhafte und ernsthafte Wunsch nach einer Änderung ihrer Geschlechtszugehörigkeit besteht. Ferner muss mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein, dass sich ihr neues Zugehörigkeitsempfinden nicht mehr ändern wird. Schließlich ist eine qualifizierte Beratung erforderlich, über die eine begründete Bescheinigung vorzulegen ist, und der nachvollziehbar entnommen werden kann, dass sich die Person ernsthaft und dauerhaft einem anderen oder keinem Geschlecht als zugehörig empfindet und mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zu dem anderen oder keinem Geschlecht nicht mehr ändern wird. Das Verfahren wird vor dem Gericht geführt. Für die Änderung des Geschlechtseintrags bei angeborenen Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale soll es bei der Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung oder der eidesstattlichen Versicherung beim Standesamt bleiben, § 18 BGB-E. IV. Alternativen Keine. V. Gesetzgebungskompetenz Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 (das bürgerliche Recht, das gerichtliche Verfahren), Nummer 2 (das Personenstandswesen) und Nummer 7 (die öffentliche Fürsorge) GG in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 1 GG. Eine bundesgesetzliche Regelung ist zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet und zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Ohne eine einheitliche Regelung wäre zu befürchten, dass das Angebot an Beratungsleistungen regional derart unterschiedlich ausfällt, dass eine Beeinträchtigung des bundesstaatlichen Sozialgefüges zu konstatieren wäre. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen Das Gesetzgebungsvorhaben ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar. VI. 1. Gesetzesfolgen Rechts- und Verwaltungsvereinfachung Der Entwurf regelt Änderungen des Geschlechtseintrages und der Vornamen weitgehend an einem einheitlichen Standort und gleicht die Verfahren für intergeschlechtliche und transgeschlechtliche Personen so weit wie möglich an. Das TSG als personenstandsrechtliches Sondergesetz wird aufgehoben. - 18 2. Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Nachhaltigkeitsaspekte Der Entwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, da er zur Selbstbestimmung trans- und intergeschlechtlicher Personen und so zur Achtung und zum Schutz ihrer Menschenwürde beiträgt. 3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand Für den Bund entstehen durch das Gesetz nachfolgend dargestellte Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand. Für die Änderung des Geschlechtseintrags bei Transsexualität soll künftig neben dem dauerhaften und ernsthaften Zugehörigkeitsempfinden zu einem anderen als dem eingetragenen Geschlecht eine qualifizierte Beratung erforderlich sein. Das Gesetz sieht in diesem Zusammenhang vor, dass jede Person Anspruch auf eine qualifizierte und kostenfreie Beratung über Fragen der Geschlechtsidentität durch eine anerkannte Beratungsstelle hat (§ 1 Geschlechtsidentitätsberatungsgesetz – GIBG-E). Die anerkannten Beratungsstellen haben nach § 6 GIBG-E Anspruch auf Förderung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. a) Kosten der zusätzlichen Einweisung Für die zusätzliche Einweisung der bereits durch ihre Ausbildung und beruflichen Erfahrung qualifizierten beratenden Personen sind folgende Kosten zu erwarten: Der Bedarf an Beratern wird auf 250 Personen geschätzt. Dies entspricht rd. 0,5 Vollzeitäquivalenten pro Kreis bzw. kreisfreier Stadt. Für die zusätzliche Einweisung sind sechs Ausbildungstage erforderlich. Pro Einweisungstag sind Kosten von 500 Euro zu erwarten. Der einmalige Bedarf für die Ersteinweisung im Jahr 2020 berechnet sich danach wie folgt: 250 Einweisungen 750 000 € 6 Einweisungstage à 500 € brutto (3000 € brutto) In den Folgejahren ist zum Ausgleich von Fluktuation und zur Aufrechterhaltung der Beratungsdichte von jährlich 25 weiteren Einweisungen auszugehen. Darüber hinaus sind zur Aufrechterhaltung der Qualität der Beratung jährliche externe Evaluationen erforderlich. Einschließlich der zu erwartenden Kostensteigerungen für die Einweisung errechnen sich die jährlichen Kosten ab 2021 danach wie folgt: ca. 25 Einweisungen p.a. inkl. Kostensteigerungen 550 Euro brutto (Fluktuation) Evaluation Extern jährlich / Schulungsinhalte Summe pro Jahr 82 500 € 10 000 € 92 500 € b) Kosten der Beratung Für die Beratungsleistungen sind ab dem Jahr 2020 folgende laufenden Kosten zu erwarten: - 19 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr aa) Beratungen bei Transgeschlechtlichkeit aaa) Stundensatz der Beratung Zielsetzung des Gesetzentwurfs ist es, dass die Beratung durch gleich qualifizierte Personen wie die derzeitigen Gutachter in Verfahren nach dem TSG erfolgt. Der Entwurf sieht daher vor, dass die Beratung „durch eine aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung mit den Besonderheiten der Transgeschlechtlichkeit ausreichend vertraute Person zu erfolgen“ hat. Es wird daher von einem vergleichbaren Stundensatz ausgegangen wie sie Gutachter im Rahmen eines Verfahren nach dem TSG erhalten. Der Stundensatz dieser Gutachter liegt bei 100 Euro (§ 9 Absatz 1 Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz - JVEG: Honorargruppe M 3; gem. Anlage 1 zu § 9 Absatz 1 JVEG). bbb) Dauer der Beratung Ausgehend von der derzeitigen Dauer der Begutachtung einschließlich der Erstellung des Gutachtens von drei bis sechs Stunden erscheint es angemessen, künftig von einer durchschnittlichen Dauer der Beratung einschließlich Erstellung der vom Gesetz geforderten mit einer Begründung versehenen Beratungsbescheinigung von vier Stunden auszugehen. ccc) Anzahl der Beratungen Nach der Zusammenstellung der Geschäftsübersichten der Amtsgerichte gab es am Jahresende 2017 insgesamt 2085 anhängige Verfahren nach dem TSG. Nachdem sich die Anzahl der Verfahren in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht hat und ausgehend davon, dass künftig auch eine gewisse Anzahl von Personen eine Beratung in Anspruch nehmen wird, ohne anschließend einen Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrags zu stellen, erscheint es angemessen, von ca. 3000 Beratungen pro Jahr auszugehen, was einer Steigerung gegenüber der Anzahl der TSG-Verfahren im Jahr 2017 um 45% entsprechen würde. Die laufenden jährlichen Kosten berechnen danach wie folgt: 3000 Beratungen x 4 Stunden x 100 € 1 200 000 € bb) Beratung bei Intergeschlechtlichkeit Der Gesetzentwurf eröffnet auch Personen mit einer angeborenen Variation der körperlichen Geschlechtsmerkmale die Möglichkeit einer kostenlosen Beratung bei den unter aa) genannten anerkannten Beratungsstellen. Der Stundensatz für diese Beratung beträgt, da es sich um die gleichen Beratungspersonen handelt wie bei der Beratung von transgeschlechtlichen Personen 100 Euro. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Beratungsdauer wesentlich geringer ist. Der Berater hat - im Gegensatz zu den Beratungen bei Transgeschlechtlichkeit – keine mit einer Begründung versehene Beratungsbescheinigung auszustellen. Eine durchschnittliche Beratungsdauer von zwei Stunden erscheint daher angemessen. Hinsichtlich der Anzahl der Beratungen wird von folgenden Zahlen ausgegangen: Die beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eingerichtete Interministerielle Arbeitsgruppe „Inter- und Transsexualität“ (IMAG) ist bei ihren Beratungen von derzeit 8000 betroffenen Personen in Deutschland ausgegangen. Wie viele der - vielfach schon seit längerem - betroffenen Personen das neu geschaffene kostenlose Beratungsangebot noch annehmen werden, ist schwer abzusehen. Selbst bei großzügiger - 20 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Schätzung dürfte die Zahl wohl nicht über 4000 Personen liegen. Hinzu kommen Beratungen für neu betroffene Personen, die mit jährlich 200 angenommen werden. Die Kosten für die Beratungen bei Intergeschlechtlichkeit berechnen sich damit wie folgt: Beratungskosten für die bereits betroffenen Personen: 4000 Beratungen x 2 Stunden x 100 € Laufende jährliche Ausgaben für Beratungen 200 Beratungen x 2 Stunden x 100 € 800 000 € 40 000 € Insgesamt ergeben sich damit folgende Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand: Einmalige Ausgaben im Jahr 2020: 1 550 000 € Erstqualifikation der Berater und Beratung intergeschlechtlicher Personen: Laufende jährliche Ausgaben zur Qualifikation der Berater ab 2021: 92 500 € Laufende jährliche Ausgaben ab 2020 für Beratungsleistungen für trans- und intergeschlechtliche Personen: 1 240 000 € c) Einsparungen Diesen Kosten für den Bund stehen nachfolgend dargestellte Einsparungen der Länder gegenüber: Aufgrund der vorgesehenen Änderungen sind im gerichtlichen Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit künftig keine Gutachten mehr einzuholen. Nach geltender Rechtslage trifft das Gericht die Entscheidung über die Transition aufgrund von zwei unabhängigen Gutachten. Die Kosten für diese Gutachten hat grundsätzlich die antragstellende Person im Rahmen der Gerichtskosten zu tragen. In den Fällen, in denen das Gericht der antragsstellenden Person jedoch Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt hat (§§ 76 ff. des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – FamFG - i.V. m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung), hat die Staatskasse des jeweiligen Landes diese Kosten zu tragen. Der Anteil der Verfahren in Familien- und FG-Sachen, in denen dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde, betrug im Jahre 2017 33,2%. Hiervon wurde in ca. 13% der Fälle eine Rückzahlung in Raten angeordnet, wobei erfahrungsgemäß nicht in allen Fällen tatsächlich die Kosten in vollem Umfang an die Staatskasse erstattet werden (Quelle: Statistisches Bundesamt Fachserie 10, Geschäftsentwicklung der Familiensachen vor dem Amtsgericht 2017, Tabelle 2.7). - 21 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Die durch den Wegfall der Gutachtenpflicht im gerichtlichen Verfahren entfallenden Kosten für die Länder berechnen sich danach wie folgt: Ausgehend von einer Anzahl von 2085 TSG-Verfahren im Jahr 2017 und der oben geschätzten Anzahl der künftigen Beratungen von 3000 kann in der Zukunft von ca. 2500 Fällen pro Jahr ausgegangen werden, in denen ein Verfahren nach § 19 BGB-E eingeleitet werden wird. Davon wird nach den dargestellten statistischen Daten in ca. 750 Verfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt werden (ca. 33,2% von 2500 = 830, abzüglich ca.10%, in denen Raten tatsächlich zurückgezahlt werden). Die Kosten für ein Gutachten in einem TSG-Verfahren betragen zwischen 300 Euro und 600 Euro, im Schnitt damit 450 Euro. Dies bedeutet, dass die Länder im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe künftig jährlich folgende Kosten einsparen: 750 Verfahren x 450 € x 2 Gutachten 4. 675 000 € Erfüllungsaufwand a) Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger Personen, die eine Änderung des Geschlechtseintrags bei Transsexualität anstreben, müssen sich zuvor einer qualifizierten Beratung unterziehen. Für die betroffenen Personen, deren Anzahl auf jährlich 3000 geschätzt wird, entsteht hierfür ein einmaliger Zeitaufwand von ca. vier Stunden. Dem steht allerdings gegenüber, dass sich Betroffene bisher im Rahmen eines Verfahrens nach dem TSG zwei Begutachtungen unterziehen mussten, was mit einem wesentlich höheren Zeitaufwand verbunden war. b) Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft Für die Wirtschaft entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand. Der Aufwand für die Anpassung von privaten Urkunden, wie beispielsweise Arbeitszeugnisse an einen geänderten Geschlechtseintrag, ist zu vernachlässigen. c) Erfüllungsaufwand für die Verwaltung Für die Verwaltung des Bundes entsteht durch das GIBG-E folgender Erfüllungsaufwand: Nach 5 Absatz 2 GIBG-E erfolgt die Anerkennung der Beratungsstellen durch das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA). Hierzu soll in BAFzA ein Referat mit folgendem Aufgabenprofil eingerichtet werden: Organisation und Durchführung der Zertifizierung, Vergabe der Einweisungsträger, Weiterbildungsnewsletter etc. Die Kosten für das Referat werden wie folgt berechnet: Personalkostenansätze p.a. (Basis Bundesministerium der Finanzen Ansätze Pers. u. Sachkosten Bundesverwaltung Rundschreiben vom 14. Mai 2018) Referatsleitung Ansatz A 15 Sachbearbeitung 54 686 € Ansatz 80 688 € A 11 (4 x) 218 744 € - 22 Bürosachbearbeitung Ansatz A 7 Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr 36 120 € Sachkostenpauschale Arbeitsplatz – sächliche Verwaltungsausgaben, Investitionen & Büroräume (6 x) = 21 400 € 128 400 € Summe Personal- und Sachkosten p.a. 463 952 € Für die Gerichte ist in der Summe kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand zu erwarten. Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags bei Intergeschlechtlichkeit (Artikel 1 Nummer 1 § 18 BGB-E) Eine inhaltliche Änderung gegenüber der bereits seit 1. Januar 2019 geltenden Rechtslage ist mit der Neuregelung nicht verbunden. Die Vorschrift wurde lediglich aus systematischen Gründen vom PStG in das BGB übertragen. Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit (Artikel 1 Nummer 1 § 19 BGB-E) Da das Verfahren im Gegensatz zu dem bisherigen Verfahren nach dem TSG wesentlich vereinfacht wurde, etwa indem keine Gutachten mehr eingeholt werden müssen, dürften die Verfahren schneller abzuwickeln sein und sich der Aufwand pro Verfahren erheblich reduzieren. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass sich die Anzahl der Verfahren unter der neuen Rechtslage erhöhen wird. Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich der zusätzliche Aufwand durch die zu erwartende höhere Anzahl der Verfahren und die durch die Verfahrensvereinfachung zu erwartenden Einsparungen die Waage halten, so dass durch die Rechtsänderung kein messbarer zusätzlicher Erfüllungsaufwand entstehen wird. 5. Weitere Kosten Durch das Gesetz kommt es neben dem unter 4. dargestellten Erfüllungsaufwand für die Gerichte außerdem zu weiteren Kosten durch die richterliche Tätigkeit. Die Aufgabe ist dem traditionellen Kernbereich der Rechtsprechung zuzurechnen, der vom einzelnen Richter betriebene Aufwand unterliegt mithin der richterlichen Unabhängigkeit. Unabhängig davon ist durch die neue Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens zur Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit ein - allerdings nicht quantifizierbarer - Minderaufwand auch bei der richterlichen Tätigkeit zu erwarten, der den anzunehmenden Mehraufwand durch den erwarteten Anstieg der Verfahren weitgehend ausgleichen wird. Auswirkungen auf die Wirtschaft, auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveaus, sind im Übrigen nicht zu erwarten. 6. Weitere Gesetzesfolgen Der Entwurf wurde auf seine Gleichstellungsrelevanz überprüft. Die Änderungen beziehen sich in gleichem Maße auf Frauen und Männer sowie auf Personen ohne Geschlechtseintrag oder mit dem Geschlechtseintrag „divers“. Weitere Regelungsfolgen, insbesondere Auswirkungen von verbraucherpolitischer Bedeutung, sind nicht ersichtlich. Demografische Auswirkungen sind ebenfalls nicht zu erwarten. - 23 VII. Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Befristung; Evaluierung Eine Befristung oder Evaluierung ist nicht erforderlich. B. Besonderer Teil Zu Artikel 1 (Änderung des BGB) Zu Nummer 1 (Einfügung der §§ 18 bis 20 BGB) Zu § 18 BGB (Änderung des Geschlechtseintrags bei Intergeschlechtlichkeit) Die Vorschrift regelt die materielle Voraussetzung der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen bei intergeschlechtlichen Personen. Danach erfordert die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen bei intergeschlechtlichen Personen das Vorliegen einer angeborenen Variation der Geschlechtsmerkmale. Eine Erklärung nach § 18 kann nur abgegeben werden, wenn der Betroffene gemäß § 18 Absatz 3 Satz 1 durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachweist, dass er eine Variante der Geschlechtsentwicklung hat. Nach § 18 Absatz 3 Satz 2 Alternative 1 gilt dies nicht in Fällen, in denen die Variante der Geschlechtsentwicklung wegen einer früheren Behandlung (z.B. Operation, Hormontherapie) medizinisch nicht mehr nachgewiesen werden und auch keine ältere ärztliche Bescheinigung mehr vorgelegt werden kann. Von § 18 Absatz 3 Satz 2 Alternative 2 werden die Fälle umfasst, in denen die vorhergehende ärztliche Behandlung so belastend war, dass wegen der Gefahr einer Retraumatisierung eine erneute ärztliche Untersuchung unzumutbar wäre. Auch in diesen Fällen können die fehlenden Nachweise durch Versicherung an Eides statt ersetzt werden. Der Wechsel ist wie bisher in alle in § 22 Absatz 3 PStG vorgesehenen Bezeichnungen möglich („weiblich“, „männlich“, „divers“, keine Angabe). Zu § 19 BGB (Änderung des Geschlechtseintrags bei Transgeschlechtlichkeit) In § 19 BGB sind die Voraussetzungen für Personen, deren Geschlechtsidentität von ihrem eindeutig weiblichem oder männlichem Körperbild abweicht (transgeschlechtliche Personen) geregelt. Die Voraussetzungen der Änderung des Geschlechts richteten sich für diesen Personenkreis nach dem TSG. Diese transgeschlechtlichen Personen können nunmehr in einem gerichtlichen Verfahren ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen ändern lassen, wenn sie sich nicht mehr ihrem eingetragenen Geschlecht als zugehörig empfinden und sie sich ernsthaft und dauerhaft einem anderen oder keinem Geschlecht als zugehörig empfinden (Nummer 1), mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zu dem anderen oder keinem Geschlecht nicht mehr ändern wird (Nummer 2) und sie eine Bescheinigung nach § 4 des Geschlechtsidentitätsberatungsgesetzes vorlegen (Nummer 3). Die Einzelheiten der qualifizierten Beratung sind in § 1 bis 4 GIBG-E (Artikel 12 des Entwurfs) geregelt. Die bisher nach dem TSG vorgesehene Einholung von zwei Sachverständigengutachten durch das Gericht, die von vielen Betroffenen als entwürdigend und diskriminierend empfunden wurden, werden durch eine qualifizierte Beratung, die vor der gerichtlichen Antragstellung zu erfolgen hat, ersetzt. An die Qualifikation des Beraters sind dieselben Anforderungen zu knüpfen, die bei den vom Gericht beauftragten Gutachtern galten. Sie müssen aufgrund ihrer Berufsqualifikation und ihrer beruflichen Erfahrung mit den besonderen Problemen der Transgeschlechtlichkeit vertraut sein. Sie werden in der Regel Ärzte, Psychologen oder Psychotherapeuten sein. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Betroffenen vor falschen oder übereilten Schritten geschützt werden und die valide Feststellung des dauerhaften und ernsthaften Wunsches der Betroffenen in ihrer konkre- - 24 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr ten Ausgestaltung nach einer Änderung ihres Geschlechtseintrags gewährleistet wird. Die begründete Stellungnahme des Beraters soll eine Hilfestellung für die Entscheidung des Gerichts sein. Zugleich bietet die Pflicht zur Durchführung einer qualifizierten Beratung hinreichend Gewähr und Schutz gegen etwaigen Missbrauch. Auch für Personen, bei denen ein Abweichen der Geschlechtsidentität bei eindeutig weiblichem oder männlichem Körperbild vorliegt, ist im Gleichklang zu Personen mit angeborenen Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale ein Wechsel in alle in § 22 Absatz 3 PStG vorgesehenen Bezeichnungen möglich, mithin nicht nur wie nach dem geltenden TSG in das jeweils andere Geschlecht, also von „weiblich“ zu „männlich“ oder umgekehrt, sondern sie können auch in dem Verfahren nach § 19 BGB die Eintragung „divers“ erwirken oder von einem Geschlechtseintrag absehen. Ein Wechsel ist allerdings nur in das Geschlecht möglich, dem sich die Person nunmehr ernsthaft und dauerhaft als zugehörig empfindet, oder die Person entscheidet sich, von einem Geschlechtseintrag gänzlich abzusehen. Zu § 20 (Wirkungen der Änderung des Geschlechtseintrags) Mit der Vorschrift werden die materiellen Wirkungen der Geschlechtseintragsänderung geregelt. Absatz 1 regelt den Grundsatz und übernimmt § 10 TSG. Die aus der neuen Geschlechtszugehörigkeit folgenden Rechte und Pflichten der betroffenen Person sollen sich von dem Tag der Eintragung der Änderung des Geschlechtseintrags an allgemein nach dem geänderten Geschlechtseintrag richten. Absatz 2 regelt wie § 11 TSG, dass die Änderung des Geschlechtseintrags das ElternKind-Verhältnis unberührt lässt. Die Vorschrift soll insbesondere die berechtigten Interessen der Kinder der eingetragenen Person wahren. Der Status als Elternteil soll unter Berücksichtigung der neuen Personenstandsdaten unberührt bleiben, so z.B. für den Unterhalt, das Erbrecht, die Vaterschaftsfeststellung oder die Ehelichkeitsanfechtung. Soweit eine transgeschlechtliche Person nach der Änderung des Geschlechtseintrags als Mann ein Kind zur Welt bringt, sollen die gebotenen abstammungsrechtlichen Regelungen im Rahmen der geplanten Reform des Abstammungsrechtes erfolgen. Bis dahin verbleibt es bei der derzeitigen Rechtsprechung, der zufolge ein Mann, der ausnahmsweise ein Kind gebiert, auch jetzt schon als Mutter in den Geburtseintrag des Kindes eingetragen wird. Die Absätze 3 und 4 übernehmen den bisherigen § 12 TSG. Auch im Hinblick auf Ansprüche aus bestehenden Renten und vergleichbaren wiederkehrenden Leistungen gilt der Grundsatz, dass die Änderung des Geschlechtseintrags diese unberührt lässt. Sollte es bei der Bewertung der Leistung auf das Geschlecht ankommen, gilt weiterhin das bei Abschluss zugrunde gelegte Geschlecht für die Bewertung der Leistung. Auch in diesem Fall hat die Änderung des Geschlechtseintrags keine Auswirkung auf die Leistung und lässt diese unberührt. Eine abschließende Aufzählung der Renten und vergleichbaren wiederkehrenden Leistungen ist aufgrund der Vielzahl der in Frage kommenden Ansprüche nicht möglich. Zu Nummer 2 (Einfügung des § 1631e – Änderung des Geschlechtseintrags bei einem Kind) Die Vorschrift befasst sich mit der Rolle der Eltern bei der Geschlechtseintragsänderung eines Minderjährigen. Sie übernimmt die geltende Regelung für Intersexuelle nach 45b Absatz 2 PStG, transferiert diese in das BGB und erweitert den Anwendungsbereich auch auf transgeschlechtliche Personen. Die Regelung stellt insoweit klar, dass die Personensorge grundsätzlich auch das Recht der Eltern umfasst, Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen für ihr Kind abzugeben sowie den Antrag auf Aufhebung der gerichtlichen Entscheidung zur Änderung des Geschlechtseintrages zu - 25 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr stellen. Wegen der hohen Bedeutung des Geschlechtseintrags und der Vornamen für die Persönlichkeit des betroffenen Kindes gilt dies jedoch nur bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres des Kindes, es sei denn, es ist geschäftsunfähig. Mit Vollendung des 14. Lebensjahres soll das nicht geschäftsunfähige Kind nur selbst die Erklärungen abgeben beziehungsweise den vorgenannten Antrag stellen können, benötigt aber hierzu die Zustimmung seiner Eltern. Falls diese ihre Zustimmung verweigern, kann die Zustimmung durch das Familiengericht ersetzt werden, sofern die Änderung des Geschlechtseintrags oder der Vornamen des Kindes dessen Wohl nicht widerspricht. In diesem Fall soll also dem Wunsch des Kindes auf Änderung des Geschlechtseintrags oder seiner Vornamen Vorrang zukommen. Als materiell Betroffene sind die Eltern als Muss-Beteiligte nach § 7 Absatz 2 Nummer 1 FamFG zum Verfahren hinzuzuziehen. Aufgrund des Standortes im Buch 4 Familienrecht bedarf es der Regelung in § 45b PStG nicht mehr, dass es sich bei dem Verfahren um eine Kindschaftssache nach Buch 2 Abschnitt 3 FamFG handelt. Zu Artikel 2 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche – EGBGB ) Zu Artikel 7a (Geschlechtszugehörigkeit) In Anlehnung an die bisherige Rechtslage soll in das EGBGB eine kollisionsrechtliche Regelung hinsichtlich der Bestimmung der Geschlechtszugehörigkeit aufgenommen werden. Absatz 1 legt fest, dass die Geschlechtszugehörigkeit sich nach dem Heimatrecht der betreffenden Person richtet. Da das Geschlecht eine fundamentale, der Person dauerhaft anhaftende Eigenschaft ist und die Geschlechtszugehörigkeit regelmäßig in Ausweispapieren des Staates, dem die Person angehört, ausgewiesen wird, erscheint diese Anknüpfung sachgerecht. Sie entspricht auch der bisherigen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (AG Hamburg, StAZ 1984, 42, 43; OLG Karlsruhe, FamRZ 2003, 1663; Gössl StAZ 2013, 301, 303; Staudinger/Hausmann (2019) Artikel 7 EGBGB Rn. 39; Lipp in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2018, Artikel 7 EGBGB Rn. 27). Absatz 2 Satz 1 erlaubt die Wahl des Rechts des Staates, in dem die betroffene Person im Zeitpunkt der Änderung des Geschlechtseintrags ihren rechtmäßigen und gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dadurch bleibt es der betroffenen Person überlassen, ob sie eine unter Umständen abweichende Erfassung ihrer Geschlechtszugehörigkeit im Heimatstaat in Kauf nehmen möchte. Das Erfordernis des rechtmäßigen Aufenthalts greift die bisherige Rechtslage nach § 1 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe d TSG und § 45b Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 PStG auf und entspricht den verfassungsgerichtlichen Vorgaben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2006 – 1 BvL 1/04 u.a., BVerfGE 116, 243). Die Regelung ermöglicht auch die Berücksichtigung einer Änderung der Geschlechtszugehörigkeit nach dem Recht eines gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland, um der betroffenen Person einen dort erworbenen Status auch dann zu erhalten, wenn ihr Heimatrecht dies nicht vorsieht. Das Wahlrecht zugunsten dieses Rechts gilt nach Absatz 2 Satz 2 in gleicher Weise für einen Namenswechsel, wenn bei der Änderung der Geschlechtszugehörigkeit auch der Name oder wenn in Fällen wie denen des § 19 Absatz 2 Satz 2 BGB-E nur der Name geändert wird. Die Regelung stellt eine Spezialregelung zu Artikel 10 EGBGB dar. Aus Gründen der Rechtssicherheit bedarf die Bestimmung des anwendbaren Rechts der öffentlichen Beglaubigung oder Beurkundung, die auch durch den Standesbeamten vorgenommen werden kann (Absatz 3). - 26 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Zu Artikel 229 § 50 (Überleitungsvorschrift zur Aufhebung des TSG) Am Tag des Inkrafttretens anhängige Verfahren nach dem TSG werden bis zu dem vor diesem Tag geltenden Recht weitergeführt. Den Betroffenen bleibt es unbenommen, den Antrag nach dem TSG zurückzunehmen und das einfachere Verfahren nach § 19 BGB-E zu wählen. Zu Artikel 3 (Änderung des Passgesetzes) Die bisherigen Ausnahmereglungen in Bezug auf § 1 TSG waren anzupassen. Zu Artikel 4 (Änderung des Personenstandsgesetzes) Der Vorschlag enthält die notwendigen Anpassungen des Personenstandsrechts. Zu Nummer 1: Die Inhaltsübersicht wird angepasst. Zu Nummer 2: Es handelt sich um eine notwendige redaktionelle Änderung, die auf der Aufhebung des TSG beruht. Zu Nummer 3: Durch den neuen Absatz 1a in § 45 PStG wird den Standesbeamten die Befugnis erteilt, Erklärungen nach § 18 BGB-E zu beurkunden oder zu beglaubigen. Gleichzeitig ist die Zuständigkeit zur Entgegennahme derartiger Erklärungen geregelt. Zu Nummer 4 Absatz 1 und Absatz 4 greifen das bisher in § 5 des TSG geregelte Offenbarungsverbot auf und sollen die transgeschlechtliche Person vor unbefugtem Ausforschen der bisherigen Daten schützen. Die Absätze 2 und 3 regeln neu, dass bisherige Dokumente an die neue Geschlechtszugehörigkeit und die neuen Vornamen angepasst werden können. Die Regelung insgesamt gilt sowohl für inter- als auch für transgeschlechtliche Personen. Zu Nummer 5 und Nummer 6: Die Regelung bietet die Möglichkeit, für Personen, die während Bestehens einer Ehe oder Lebenspartnerschaft ihre Vornamen nach § 18 oder § 19 des BGB-E geändert haben, eine Eheurkunde oder eine Lebenspartnerschaftsurkunde ohne die bei Eingehung der Ehe oder Begründung der Lebenspartnerschaft geführten Vornamen auszustellen. Sie dient insofern dem in § 45b PStG normierten Offenbarungsverbot. Zu Nummer 7: Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung, die auf der Aufhebung des TSG beruht. Zu Artikel 5 (Änderung der Personenstandsverordnung) Es handelt sich um eine redaktionelle Änderung, die auf der Aufhebung des TSG beruht. - 27 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Zu Artikel 6 (Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes) Das Gerichtsverfassungsgesetz war aufgrund der Einfügung des neuen Abschnitts 1 des Buches 6 anzupassen. Zu Artikel 7 (Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ) Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht) Die Inhaltsübersicht wird neu gefasst. Zu Nummer 2 (§ 168a) Die Verweisung auf § 45b PStG wird durch die Verweisung auf § 1631e BGB-E ersetzt. Zu Nummer 3 (Überschrift) Die neue Überschrift des Buches 6 wird eingefügt. Zu Nummer 4 (Einfügung eines neuen Abschnitts 1) Der neue Abschnitt 1 des Buches 6 wird eingefügt. Zu § 409a (Änderung des Geschlechtseintrags) Die Vorschrift regelt den Anwendungsbereich des Abschnitts. Gerichtliche Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrages sind hiernach solche wegen Transgeschlechtlichkeit im Sinne des § 19 BGB-E. Hiervon umfasst sind alle Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags. Dies betrifft insbesondere auch die Änderung des Geschlechtseintrags Minderjähriger. Die Norm verdrängt insoweit § 151 Nummer 1. Zu § 409b (Zuständigkeit) Die Vorschrift regelt die sachliche und örtliche Zuständigkeit für gerichtliche Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrages. Absatz 1 Satz 1 normiert eine Zuständigkeitskonzentration dahingehend, dass das Amtsgericht ausschließlich zuständig ist, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat. Satz 2 eröffnet den Landesregierungen die Möglichkeit einer hierüber hinausgehenden Konzentration, indem ein Amtsgericht durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Landgerichte zuständig wird. Satz 3 gestattet es den Landesregierungen, diese Kompetenz durch Rechtsverordnung an die Landesjustizverwaltungen zu delegieren. Die Vorschrift entspricht inhaltlich dem bisherigen § 2 Absatz 1 TSG. Absatz 2 normiert die örtliche Zuständigkeit. Die Vorschrift entspricht dem bisherigen § 2 Absatz 2 Satz 1 TSG. Absatz 3 enthält eine Auffangregelung für Deutsche, wenn eine örtliche Zuständigkeit nach Absatz 2 nicht gegeben ist. In diesem Fall ist das Amtsgericht Schöneberg örtlich zuständig. Die Vorschrift entspricht inhaltlich § 2 Absatz 2 Satz 2 TSG. Eine gesonderte Regelung zur Abgabe und Verweisung war im Hinblick auf die §§ 3, 4 FamFG entbehrlich. - 28 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Zu § 409c (Antrag) Gemäß Satz 1 ist dem Antrag eine begründete Bescheinigung über die Beratung gemäß § 4 des GIBG-E beizufügen. Als Ist-Vorschrift ist die Vorlage der Bescheinigung eine Zulässigkeitsvoraussetzung. Bei Fehlen der Bescheinigung ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen. Satz 2 enthält eine von § 23 Absatz 1 abweichende Bestimmung des Inhalts des Antrags. Hiernach soll das Verfahrensziel bezeichnet werden. Die transgeschlechtliche Person soll somit jedenfalls benennen, welchen Geschlechtseintrag sie mit dem Antrag bewirken möchte. Es handelt sich hierbei um die für die Abgrenzung des Verfahrensgegenstandes erforderliche Mindestangabe. Da es sich um eine Soll-Vorschrift handelt, ist der Antrag im Fall von ungenügenden Angaben nicht als unzulässig zurückzuweisen. Vielmehr hat das Gericht auf eine Ergänzung der Angaben hinzuwirken. Zu § 409d (Anhörung) Die Vorschrift bestimmt, dass das Gericht den Ehegatten der antragstellenden Person anhören soll. Dies trägt dem besonderen Näheverhältnis des Ehegatten zur antragstellenden Person Rechnung. Zudem ist davon auszugehen, dass der Ehegatte im Regelfall Tatsachen zum Verfahrensgegenstand beitragen kann. Sind diese im Einzelfall nicht zu erwarten, etwa aufgrund dauerhaften langjährigen Getrenntlebens der Ehegatten, ermöglicht die Ausgestaltung der Vorschrift als Soll-Vorschrift es dem Gericht, von der Anhörung abzusehen. Zu § 409e (Wirksamwerden) Die Vorschrift bestimmt, dass die Endentscheidung erst mit Rechtskraft wirksam wird. Hierdurch sollen Mehrfachänderungen des Geschlechtseintrages aufgrund unterschiedlicher gerichtlicher Entscheidungen vermieden werden. Zu § 409f (Aufhebung) Die Vorschrift regelt das Verfahren, wenn die Person sich wieder dem vor der Entscheidung angegebenen Geschlecht zugehörig fühlt. In diesem Fall findet ein vereinfachtes Verfahren Anwendung. Es genügt der Antrag an das erkennende Gericht. Weitere Verfahrensvoraussetzungen oder -erfordernisse bestehen nicht. Zu § 409g (Erneute Antragstellung) Satz 1 bestimmt, dass eine erneute Änderung des Geschlechtseintrags nicht vor Ablauf von drei Jahren möglich ist. Hierdurch sollen Mehrfachänderungen in kurzer zeitlicher Abfolge vermieden werden. Die Frist beginnt gemäß Satz 2 der Vorschrift mit der Rechtskraft der letzten Entscheidung über eine Änderung des Geschlechtseintrags. Zu Nummer 5 (Überschrift) Die Überschrift des neuen Abschnittes 2 wird eingefügt. Zu Artikel 8 (Änderung des Gerichts- und Notarkostengesetzes – GNotKG) Die Änderungen passen das Kostenrecht an die neuen Verfahren an. Die bisherige Nennung der Verfahren nach dem TSG in § 1 Absatz 2 Nummer 12 GNotKG kann ersatzlos wegfallen, da das Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags nunmehr unmittelbar im FamFG geregelt ist. Wie für das Verfahren nach dem TSG wird in Nummer 15210 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG für Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags eine 1,0-Gebühr nach - 29 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Tabelle A (§ 34 Absatz 2 GNotKG) vorgeschlagen. Der Wert bestimmt sich regelmäßig nach § 36 Absatz 2 und 3 GNotKG. Bei Zugrundelegung des Ausgangswertes von 5 000 Euro (§ 36 Absatz 3 GNotKG) beträgt die Gebühr 146,00 Euro. Die Gebühr schuldet der Antragsteller nach § 22 Absatz 1 GNotKG. Die Gebühr entsteht für jedes Verfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags, also auch für Verfahren über die Aufhebung (§ 409f FamFG-E) und für Verfahren über eine erneute Antragstellung (§ 409g FamFG-E). Für das familiengerichtliche Verfahren über die Ersetzung der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (§ 1631e Satz 3 BGB-E) bestimmen sich die Kosten nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen. Zu Artikel 9 (Änderung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes) Die Vergütungsregelung in der Anlage 1 zu § 9 Absatz 1 des Justizvergütungs- und entschädigungsgesetzes für Gutachten in Verfahren nach dem TSG kann wegen der Aufhebung des TSG und des künftigen Wegfalls des Gutachtenerfordernisses ersatzlos gestrichen werden. Zu Artikel 10 (Änderung des Rechtspflegergesetzes – RPflG) Zu Nummer 1 (§ 14 RPflG) Bei der Ersetzung der Zustimmung nach § 1631e BGB-E handelt es sich um eine Kindschaftssache, die nach § 3 Nummer 2a RPflG vorbehaltlich der ausdrücklich geregelten Richtervorbehalte dem Rechtspfleger übertragen ist. Die Entscheidung über die Ersetzung der Zustimmung greift tief in die persönliche Sphäre des Betroffenen ein und steht in diesen Konfliktfällen den Entscheidungen in einem streitigen Verfahren gleich. Die Entscheidung ist daher dem Richter vorzubehalten und ist in den Katalog des § 14 RPflG aufzunehmen. Zu Nummer 2 (§ 15 RPflG) Es handelt sich um eine Folgeänderung der Aufhebung des TSG. Zu Artikel 11 (Änderung des Bundeszentralregistergesetzes Statt auf das aufzuhebende Offenbarungsverbot in § 5 Absatz 1 TSG (aufzuheben gemäß Artikel 13 des Entwurfs) ist auf das neue Offenbarungsverbot des § 45b Absatz 1 PStG zu verweisen. Zu Artikel 12 (Gesetz über die Beratung zur Geschlechtsidentität) Das Gesetz dient der Umsetzung der notwendigen qualifizierten Beratung nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BGB-E und regelt die Details der Beratung. Zu § 1 (Anspruch auf Beratung) § 1 normiert den Anspruch jeder Person auf eine kostenfreie Beratung über Probleme der Geschlechtsidentität. Voraussetzung hierfür ist die Schaffung von anerkannten Beratungsstellen, damit eine möglichst flächendeckende Beratung gesichert ist. Die betroffenen Personen sollen nicht gezwungen sein, geeignete Mediziner, Psychologen oder eine sonstige qualifizierte Person im Sinne des § 2 selbst zu ermitteln. - 30 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr Zu § 2 (Beratende Person) Die beratende Person soll sowohl für die Beratung zur Intergeschlechtlichkeit (Absatz 1) als auch für die Beratung bei Transgeschlechtlichkeit (Absatz 2) besonders qualifiziert sein. Dabei soll sie in Anlehnung an die bisherige in § 4 Absatz 3 TSG normierte Qualifikation des Sachverständigen eine Person sein, die aufgrund ihrer durch eine abgeschlossene Ausbildung erlangten Berufsqualifikation und ihrer beruflichen Erfahrung mit den Besonderheiten der Inter- oder Transgeschlechtlichkeit vertraut ist. Sie wird in der Regel Arzt, Psychologe oder Psychotherapeut sein, entweder für Erwachsene oder für Kinder, je nachdem, um wen es sich bei der zu beratenden Person handelt. Damit soll gewährleistet werden, dass der Berater über eine ausreichende Qualifikation für eine sach- und interessengerechte Beratung verfügt. Dies ist insbesondere bei den transgeschlechtlichen Personen im Hinblick auf die auszustellende Bescheinigung und die darin enthaltende nachvollziehbare Erklärung, ob Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit des Wunsches nach Geschlechtsänderung bestehen (vergleiche § 4), erforderlich. Die beratende Person muss nicht Angehörige einer Beratungsstelle nach § 5 sein. Wenn die betroffene Person es für geboten hält, kann sie sich auch durch eine andere Person, deren Qualifikation den in der Norm aufgestellten Erfordernissen entspricht, auf eigene Kosten beraten lassen und von dieser einen Beratungsschein nach § 4 ausstellen lassen. Zu § 3 (Inhalt der Beratung) Die Beratung hat Aufschluss über die rechtlichen und medizinischen Möglichkeiten, die Tragweite einer Entscheidung zur Änderung des Geschlechtseintrags beziehungsweise einer Geschlechtsänderung sowie über die möglichen Folgen und Risiken zu geben. Zu § 4 (Beratungsbescheinigung) Der Berater hat über die erfolgte Beratung auf Wunsch der betroffenen Person eine Beratungsbescheinigung auszustellen. Dies gilt unabhängig davon, ob die betroffene Person sich nach der Beratung zu einem Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrags entscheidet oder nicht. Der Berater hat sich in der Bescheinigung auch darüber zu erklären, ob sich die Person ernsthaft und dauerhaft einem anderen oder keinem Geschlecht als zugehörig empfindet und mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zu dem anderen oder keinem Geschlecht nicht mehr ändern wird. Die Erklärung ist zu begründen. Zu § 5 (Anerkennung als Beratungsstelle) Um als Beratungsstelle anerkannt zu werden, muss die Beratungsstelle für die Beratung geeignete Personen im Sinne des § 2 vorhalten (Absatz 1). Die Anerkennung erfolgt durch das Bundesamt für Familien und zivilgesellschaftliche Aufgaben (Absatz 2). Zu § 6 (Kosten) Zur Deckung des kostenfreien Zugangs des betroffenen Personenkreises zur Beratungsstelle (siehe § 1) hat die anerkannte Beratungsstelle einen Anspruch auf Förderung durch das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend. Zu Artikel 13 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten) Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes und das Außerkrafttreten des TSG. Das Gesetz soll am 1. Mai 2020 in Kraft treten. Dieser Zeitraum ist sowohl für die erforderlichen Anpassungen des Personenstandswesens als auch für den Aufbau der Bera- - 31 - Bearbeitungsstand: 08.05.2019 11:54 Uhr tungsstruktur nach dem GIBG-E erforderlich, aber auch ausreichend. Das TSG tritt zeitgleich außer Kraft.