Entwurf des Bundesarbeitsministeriums für ein neues Berufskrankheitenrecht Ausschnitte aus einem größeren Gesetzesentwurf für die Sozialgesetzbücher. (Redaktionell ausgewählt von BuzzFeed News Deutschland.) Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch Das Siebte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254), das zuletzt durch Artikel … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: § 9 wird wie folgt geändert: In Absatz 1 Satz 2 werden die Wörter „oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können“ gestrichen. Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt: „(1a) Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten gebildet. Der Sachverständigenbeirat ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Ministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wird eine Geschäftsstelle eingerichtet, die den Sachverständigenbeirat bei der Erfüllung seiner Arbeit organisatorisch und wissenschaftlich, insbesondere durch die Erstellung systematischer Reviews, unterstützt. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle regelt die Bundesregierung in der Rechtsverordnung nach Absatz 1.“ Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt: „(2a) Krankheiten, die bei Versicherten vor der Bezeichnung als Berufskrankheiten bereits entstanden waren, sind rückwirkend frühestens anzuerkennen 1. in den Fällen des Absatzes 1 als Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die Bezeichnung in Kraft getreten ist, 2. in den Fällen des Absatzes 2 wie eine Berufskrankheit zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vorgelegen haben; hat der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten eine Empfehlung für die Bezeichnung einer neuen Berufskrankheit beschlossen, ist für die Anerkennung maßgebend der Tag der Beschlussfassung.“ Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt: „(3a) Der Unfallversicherungsträger erhebt alle Beweise, die zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind. Dabei hat er neben den in § 21 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Beweismitteln auch Erkenntnisse zu berücksichtigen, die er oder ein anderer Unfallversicherungsträger an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen hat. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Ermittlungen zu den Einwirkungen während der versicherten Tätigkeit dadurch erschwert sind, dass der Arbeitsplatz des Versicherten nicht mehr oder nur in veränderter Gestaltung vorhanden ist. Die Unfallversicherungsträger sollen zur Erfüllung der Aufgaben nach Satz 2 und 3 einzeln oder gemeinsam tätigkeitsbezogene Expositionskataster erstellen. Grundlage für diese Kataster können die Ergebnisse aus systematischen Erhebungen, aus Ermittlungen in Einzelfällen sowie aus Forschungsvorhaben sein. Die Unfallversicherungsträger können außerdem Erhebungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen durchführen.“ Absatz 4 wird wie folgt gefasst: „(4) Besteht für Versicherte, bei denen eine Berufskrankheit anerkannt wurde, die Gefahr, dass bei der Fortsetzung der versicherten Tätigkeit die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert und lässt sich diese Gefahr nicht durch andere geeignete Mittel beseitigen, haben die Unfallversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die Versicherten die gefährdende Tätigkeit unterlassen. Die Versicherten sind von den Unfallversicherungsträgern über die mit der Tätigkeit verbundenen Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen umfassend aufzuklären. Zur Verhütung einer Gefahr nach Satz 1 sind die Versicherten verpflichtet, an individualpräventiven Maßnahmen der Unfallversicherungsträger teilzunehmen und an Maßnahmen zur Verhaltensprävention mitzuwirken; die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten entsprechend. Pflichten der Unternehmer und Versicherten nach dem Zweiten Kapitel und nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften bleiben hiervon unberührt. Kommen Versicherte ihrer Teilnahme- oder Mitwirkungspflicht nach Satz 3 nicht nach, können die Unfallversicherungsträger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die Leistung einer danach erstmals festzusetzenden Rente wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder den Anteil einer Rente, der auf eine danach eingetretene wesentliche Änderung im Sinne des § 73 Absatz 3 zurückgeht, bis zur Nachholung der Teilnahme oder Mitwirkung ganz oder teilweise versagen. Dies setzt voraus, dass infolge der fehlenden Teilnahme oder Mitwirkung der Versicherten die Teilhabeleistungen erforderlich geworden sind oder die Erwerbsminderung oder die wesentliche Änderung eingetreten ist; § 66 Absatz 3 und § 67 des Ersten Buches gelten entsprechend.“ Dem Absatz 8 werden folgende Sätze angefügt: „Die Verbände der Unfallversicherungsträger veröffentlichen jährlich einen gemeinsamen Bericht über ihre Forschungsaktivitäten und die Forschungsaktivitäten der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Bericht erstreckt sich auf die Themen der Forschungsvorhaben, die Höhe der aufgewendeten Mittel sowie die Zuwendungsempfänger und Forschungsnehmer externer Projekte.“ § 218b wird wie folgt gefasst: § 218b Rückwirkende Anerkennung von Berufskrankheiten Für die rückwirkende Anerkennung von Berufskrankheiten, die vor dem [Einfügen: Tag des Inkrafttretens des Gesetzes] in der Verordnung nach § 9 Absatz 1 bezeichnet worden sind, gilt § 6 der Verordnung in der am [Einfügen: Tag des Inkrafttretens des Gesetzes] geltenden Fassung.“ § 218d Absatz 5 wird aufgehoben. § 218e Absatz 4 wird aufgehoben. § 218f wird wie folgt gefasst: § 218f Evaluation Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. und die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau haben bis zum 31. Dezember 2026 dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen gemeinsamen Bericht über die Umsetzung sowie die Wirkungen und die Ergebnisse der mit dem Siebten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom [Einfügen: Tag des Inkrafttretens des Gesetzes] eingeführten Maßnahmen zum Wegfall des Unterlassungszwangs, zur Stärkung der Individualprävention sowie zur gesetzlichen Verankerung von Beweiserleichterungen und zur erhöhten Transparenz in der Berufskrankheitenforschung vorzulegen.“ § 220 Absätze 1 bis 3 werden aufgehoben. § 221 Absatz 1 und Absätze 3 bis 5 werden aufgehoben. Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung Die Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623), die zuletzt durch Artikel … der Verordnung vom … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: Dem § 1 wird folgende Überschrift vorangestellt: „Abschnitt 1 Allgemeine Bestimmungen“ Dem § 6 werden folgende Abschnitte angefügt: „Abschnitt 2 Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten §7 Aufgaben Der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (Sachverständigenbeirat) ist ein wissenschaftliches Gremium, das das Ministerium bei der Prüfung der medizinischen Erkenntnisse zur Bezeichnung neuer und zur Erarbeitung wissenschaftlicher Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten unterstützt. §8 Mitglieder (1) Der Sachverständigenbeirat besteht in der Regel aus zwölf Mitgliedern, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales für die Dauer von fünf Jahren berufen werden. Dem Sachverständigenbeirat sollen angehören 1. acht Hochschullehrerinnen/Hochschullehrer insbesondere der Fachrichtung Arbeitsmedizin oder Epidemiologie, 2. zwei Staatliche Gewerbeärztinnen/Staatliche Gewerbeärzte und 3. zwei Ärztinnen/Ärzte aus dem betriebs- oder werksärztlichen Bereich. (2) Die Mitgliedschaft im Sachverständigenbeirat ist ein persönliches Ehrenamt, das keine Stellvertretung zulässt. Der Name und die hauptamtliche Funktion der Mitglieder werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlicht. (3) Die Mitglieder sind unabhängig und nicht an Weisungen gebunden; sie sind nur ihrem Gewissen verantwortlich und zu unparteiischer Erfüllung ihrer Aufgaben sowie zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie sind auch nach Beendigung ihrer Mitgliedschaft verpflichtet, über die ihnen dabei bekanntgewordenen Angelegenheiten, insbesondere über den Inhalt und den Verlauf der Beratungen, Verschwiegenheit zu wahren. (4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist berechtigt, Mitglieder aus sachlichen Gründen oder wenn die persönlichen Voraussetzungen der Berufung entfallen sind, abzuberufen. Die Mitglieder können jederzeit aus eigenem Entschluss die Mitgliedschaft beenden. §9 Durchführung der Aufgaben (1) Zur Durchführung seiner Aufgaben tritt der Sachverständigenbeirat zu Sitzungen zusammen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nimmt an den Sitzungen teil. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. (2) Zu den Sitzungen können ständige Berater sowie externe Sachverständige und Gäste hinzugezogen werden. Für ständige Berater gilt § 8 Absatz 2 und 3, für externe Sachverständige und Gäste gilt § 8 Absatz 3 entsprechend. (3) Die Beratungsthemen, die aktuell vom Sachverständigenbeirat geprüft werden, werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffentlicht. (4) Der Sachverständigenbeirat gibt als Ergebnis seiner Beratungen Empfehlungen für neue oder Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten entsprechend dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ab. Gibt der Sachverständigenbeirat keine Empfehlung oder Stellungnahme ab, wird ein Abschlussvermerk erstellt. Die Empfehlungen und Stellungnahmen enthalten eine ausführliche wissenschaftliche Begründung, die Abschlussvermerke eine Zusammenfassung der wissenschaftlichen Entscheidungsgründe. (5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt die Empfehlungen und Stellungnahmen des Sachverständigenbeirats bekannt; die Abschlussvermerke werden veröffentlicht. Die vorbereitenden, intern erstellten Beratungsunterlagen des Sachverständigenbeirats sind vertraulich. § 10 Geschäftsstelle (1) Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin führt die Geschäfte des Sachverständigenbeirats. Sie unterstützt die Arbeit des Sachverständigenbeirats wissenschaftlich und organisatorisch. (2) Zur wissenschaftlichen Unterstützung kann der Sachverständigenbeirat die Geschäftsstelle insbesondere beauftragen, zu einzelnen Beratungsthemen systematische Reviews oder Literaturrecherchen durchzuführen. Außerdem unterstützt die Geschäftsstelle die Sachverständigen bei der Erstellung von wissenschaftlichen Empfehlungen und Stellungnahmen. (3) Zur organisatorischen Unterstützung verwaltet die Geschäftsstelle insbesondere die Beratungsunterlagen und erstellt die Ergebnisniederschriften der einzelnen Sitzungen. § 11 Geschäftsordnung (1) ) Der Sachverständigenbeirat gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bedarf und veröffentlicht wird. (2) In der Geschäftsordnung werden insbesondere die Einzelheiten über den Vorsitz und die organisatorische Durchführung der Sitzungen, die Bildung von Arbeitsgruppen sowie die Hinzuziehung externer Sachverständiger geregelt. Abschnitt 3 Übergangsrecht § 12 Überprüfung früherer Bescheide Bescheide, in denen eine Krankheit nach Nummer 1315, 2101, 2104, 2108 bis 2110, 4301, 4302 oder 5101 der Anlage 1 von einem Unfallversicherungsträger vor dem [Einfügen: Tag des Inkrafttretens der Verordnung] nicht als Berufskrankheit anerkannt worden ist, weil die Versicherten die verrichtete gefährdende Tätigkeit nicht unterlassen haben, werden von den Unfallversicherungsträgern von Amts wegen überprüft, wenn die Bescheide nach dem 1. Januar 1997 erlassen worden sind.“ 1. Die Anlage 1 wird wie folgt geändert: a) In den Nummern 1315, 2101, 2104, 2108 bis 2110, 4301, 4302 und 5101 werden jeweils die Wörter „, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können“ gestrichen. b) In Nummer 2101 werden vor dem Wort „Erkrankungen“ die Wörter „Schwere oder wiederholt rückfällige“ eingefügt. c) In Nummer 2108 werden nach dem Wort „Rumpfbeugehaltung“ die Wörter „, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der Lendenwirbelsäule) geführt haben“ eingefügt. d) In Nummer 2109 werden nach dem Wort „Schulter“ die Wörter „, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der Halswirbelsäule) geführt haben“ eingefügt. e) In Nummer 2110 werden nach dem Wort „Sitzen“ die Wörter „, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der Lendenwirbelsäule) geführt haben“ eingefügt. Begründung Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts in der gesetzlichen Unfallversicherung Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. als Spitzenverband der gewerblichen und öffentlichen Unfallversicherungsträger hat im Dezember 2016 Vorschläge zur Weiterentwicklung des Berufskrankheitenrechts in Form eines sog. „Weißbuchs“ veröffentlicht. Die Vorschläge wurden im Rahmen eines umfassenden Diskussionsprozesses gemeinsam mit der Selbstverwaltung der Unfallversicherung entwickelt und konsensual beschlossen. Auch die Arbeits- und Sozialministerkonferenz der Länder hatte Ende 2016 Vorschläge beschlossen, die in weiten Teilen hiermit identisch sind. Auf dieser Grundlage soll das Berufskrankheitenrecht durch Wegfall des Unterlassungszwangs und Stärkung der Individualprävention, durch rechtliche Verankerung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten und von Beweiserleichterungen sowie durch gesetzliche Regelungen zur rückwirkenden Anerkennung von Bestandsfällen und zur erhöhten Transparenz in der Berufskrankheitenforschung der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung weiterentwickelt werden. Zu Artikel 7 (Änderung des Siebten Buches Sozialgesetzbuch) Zu Nummer 1 Anpassung der Inhaltsübersicht an die Änderungen durch dieses Gesetz. Zu Nummer 2 §2 Durch die Regelung wird erreicht, dass alle Personen in den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz einbezogen sind, die an von Renten- oder Unfallversicherungsträgern im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben finanzierten Präventionsmaßnahmen teilnehmen. Lücken, die neben der bereits versicherten Teilnahme an Präventionsmaßnahmen im Rahmen der Beschäftigung oder sonstiger versicherter Tätigkeiten bestehen, werden damit geschlossen. In der Rentenversicherung werden als Präventionsmaßnahme nach § 14 SGB VI medizinische Leistungen zur Sicherung der Erwerbsfähigkeit an Versicherte erbracht, die erste gesundheitliche Beeinträchtigungen aufweisen, die die ausgeübte Beschäftigung gefährden. Entsprechende Regelungen gelten nach den §§ 7 und 10 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte. Nach den §§ 1 und 14 ist es Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung, mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten sowie arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Maßnahmen dieser Träger zielen daher grundsätzlich auf die Gewährleistung von Sicherheit oder Gesundheit im Hinblick auf eine versicherte Tätigkeit. Zu Nummer 3 §9 Zu Buchstabe a Die bisherige Ermächtigung, bei der Bezeichnung von Berufskrankheiten in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit als Anerkennungsvoraussetzung vorzusehen, wird gestrichen. Neun der derzeit 80 Berufskrankheiten sehen diesen sogenannten Unterlassungszwang vor. Geben die Versicherten bei diesen Erkrankungen die schädigende Tätigkeit nicht auf, bedeutet dies den Ausschluss von den Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, obwohl die Krankheit nachweislich durch ihre Arbeit verursacht worden ist. Im Rahmen des § 3 BKV können ihnen lediglich präventive und medizinische Maßnahmen erbracht werden, um einer Verschlimmerung der Erkrankung oder einem späteren Wiederaufleben entgegenzuwirken. Es handelt sich bei dem Unterlassungszwang um ein historisch überkommenes Instrument des Berufskrankheitenrechts, das heute nicht mehr erforderlich ist und dessen Auswirkungen zu unangemessenen Nachteilen für die Versicherten führen. Das Kriterium wurde in früheren Jahrzehnten im Wesentlichen zur Vermeidung einer weiteren Schädigung der Betroffenen bei Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit (Präventionswirkung) oder als Nachweis für die Schwere der Erkrankung (Ausschluss von sogenannten „Bagatellerkrankungen“) verwendet. Seit mehr als 25 Jahren hat der Verordnungsgeber von der Ermächtigung keinen Gebrauch mehr gemacht. Obwohl in diesem Zeitraum 20 neue Krankheiten unterschiedlichster Art in die BKV aufgenommen oder bisherige Berufskrankheiten-Bezeichnungen erweitert wurden, hat der Verordnungsgeber keinen Anlass gesehen, die Unterlassung der Tätigkeit vorzuschreiben. Die mit dem Unterlassungszwang verfolgten Zwecke können künftig mit anderen Maßnahmen erreicht werden. Vorrangiges Ziel ist es, eine Verschlimmerung oder ein Wiederaufleben von bereits eingetretenen Erkrankungen bei den Versicherten zu verhindern. Hierzu werden die Individualprävention gestärkt und die aktive Mitwirkung der Betroffenen eingefordert - siehe den neuen Absatz 4. Bei den Berufskrankheiten, bei denen „Bagatellerkrankungen“ vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden, wird dies durch eine entsprechende Präzisierung der Legaldefinition erreicht - siehe . Zu Buchstabe b Nach § 9 Absatz 1 bezeichnet die Bundesregierung die Berufskrankheiten mit Zustimmung des Bundesrates in einer Rechtsverordnung. Gesetzliche Voraussetzungen für die Bezeichnung sind unter anderem medizinischwissenschaftliche Erkenntnisse über die schädigenden Einwirkungen und deren Ursachenzusammenhang mit den jeweiligen Erkrankungen. Zur Prüfung dieser Voraussetzungen wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales als zuständiges Fachressort innerhalb der Bundesregierung bisher von einem Sachverständigengremium, dem Ärztlichen Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten, unterstützt. Dieser Beirat ist ein internes Beratungsgremium des Ministeriums. Rechtsstellung und Aufgaben sind rechtlich nicht geregelt, obwohl seinen Bewertungen im Hinblick auf die Bezeichnung neuer Berufskrankheiten, aber auch die Anwendung und Auslegung der bestehenden BerufskrankheitenTatbestände nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erhebliche Bedeutung zukommt. Mit dem neuen § 9 Absatz 1a wird für den Ärztlichen Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten deshalb eine gesetzliche Grundlage geschaffen. Ergänzende Regelungen zu Stellung und Organisation sind in der Berufskrankheiten-Verordnung zu treffen. Zentrale Ziele dieser Neuordnung sind: - eine rechtliche Legitimation des Beirats, - eine klare Aufgabenbeschreibung, - eine höhere Transparenz der Beratungsprozesse und - eine Beschleunigung der Beratungsverfahren. Die bisherige Arbeit des Sachverständigenbeirats hat sich inhaltlich bewährt. Seine Empfehlungen und Bewertungen haben in den beteiligten Fachkreisen Akzeptanz gefunden und bildeten die wissenschaftliche Grundlage für die Entscheidungen der Bundesregierung über neue Berufskrankheiten. An der Struktur des Gremiums als ein rein wissenschaftlich besetztes und ausgerichtetes Fachgremium ist deshalb festzuhalten. Sozialpolitische Bewertungen unter Beteiligung insbesondere der Sozialpartner, der Länder und von Betroffenenverbänden finden im Rahmen des Verordnungsgebungsverfahrens über die neuen Berufskrankheiten statt und dort ausreichend Raum. Neben der rechtlichen Legitimation bedürfen auch die Arbeitsweise und die Organisation des Sachverständigenbeirats dringender Verbesserungen. Dies gilt sowohl für die Transparenz als auch für die Dauer der Beratungen. Die Anforderungen an die wissenschaftliche Arbeit im Berufskrankheitenrecht sind im Lauf der Zeit stetig angestiegen. Dies beruht zum einen auf der zunehmenden Komplexität der medizinischen Sachverhalte und zum anderen auf den immer höheren Anforderungen an den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess. Diese Entwicklungen haben sich in den letzten Jahren deutlich beschleunigt. Die wissenschaftliche Auswertung der nationalen und internationalen Erkenntnisse und Studien erfordert immer größeren Arbeitsaufwand. Dieser Aufwand ist zur Akzeptanz der Empfehlungen und Stellungnahmen des Sachverständigenbeirats bei den Versicherten, Arbeitgebern, Unfallversicherungsträgern, Sozialgerichten und sonstigen Beteiligten sowie zur Legitimation der Entscheidung des Verordnungsgebers über neue Berufskrankheiten unerlässlich. Insbesondere die systematische wissenschaftliche Recherche des weltweit existierenden Studienmaterials ist im Rahmen der rein ehrenamtlichen Tätigkeit der Beiratsmitglieder nicht mehr leistbar. Inzwischen erstrecken sich Beratungen über neue Berufskrankheiten regelmäßig über mehrere Jahre, zum Teil dauern sie mehr als ein Jahrzehnt. Dies ist im Interesse der beruflich erkrankten Menschen nicht länger vertretbar. Zur Unterstützung für den Sachverständigenbeirat wird deshalb bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eine Geschäftsstelle eingerichtet. Die Bundesanstalt als Ressortforschungseinrichtung des Bundes berät als Fachbehörde das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in allen Fragen von Sicherheit und Gesundheit sowie menschengerechter Gestaltung der Arbeit auf wissenschaftlicher Grundlage. Sie ist deshalb für die Geschäftsstelle des Sachverständigenbeirats die geeignete Einrichtung. Bereits heute unterstützt die Bundesanstalt die Arbeit des Sachverständigenbeirats in begrenztem Umfang. Diese Unterstützung reicht nicht mehr aus. Neben rein organisatorischen Aufgaben soll die Geschäftsstelle insbesondere wissenschaftliche Vorarbeiten für die Beratungen des Sachverständigenbeirats leisten. Dabei handelt es sich vor allem um die Durchführung sog. systematischer Reviews als Grundlage der eigentlichen Beratung. Darüber hinaus soll die Bundesanstalt den Sachverständigenbeirat durch kursorische Literaturrecherchen sowie bei der Erstellung von wissenschaftlichen Empfehlungen und Stellungnahmen unterstützen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben benötigt die Geschäftsstelle wissenschaftlich ausgebildetes Personal (Arbeitsmedizin, Epidemiologie etc.), um die entsprechenden Vorarbeiten zu leisten. Bei der Personalausstattung ist der erhebliche Umfang solcher Arbeiten angemessen zu berücksichtigen. Ein einziges systematisches Review erfordert einen personellen Aufwand von durchschnittlich 24 Personenmonaten. Das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats, wie etwa zur Stellung seiner Mitglieder, der Durchführung der Beratungen und der Veröffentlichung der Ergebnisse, sowie zu der Geschäftsstelle wird auf Basis der gesetzlichen Ermächtigung in der BKV geregelt (siehe ). Zu Buchstabe c Mit dem neuen Absatz 2a wird eine gesetzliche Rückwirkungsregelung für Fälle eingeführt, in denen Versicherte bei der Aufnahme einer Krankheit in die Berufskrankheitenliste bereits erkrankt sind (Bestandsfälle). Nach bisherigem Recht hatte jeweils der Verordnungsgeber festgelegt, ob und in welchem Umfang in Bestandsfällen eine Anerkennung als Berufskrankheit möglich war. Dabei wurde in früheren Verordnungen in der Regel durch sog. „Stichtagsklauseln“ nur ein Teil der Fälle, in den letzten beiden Verordnungen wurden alle Bestandsfälle in die Anerkennung einbezogen. Nunmehr wird der Eintritt des Versicherungsfalls für alle Bestandsfälle im Gesetz festgelegt: Dabei ist für Fälle des Absatzes 1 der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Bezeichnung der Krankheit in der Berufskrankheiten-Verordnung in Kraft getreten ist, für die Fälle des Absatzes 2 der Zeitpunkt, in dem die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorgelegen haben. Sofern der Ärztliche Sachverständigenbeirat eine Empfehlung zur Anerkennung einer neuen Berufskrankheit beschlossen hat, galt für die Fälle des Absatzes 2 als Zeitpunkt des Vorliegens der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Verwaltungspraxis schon bisher das Datum des Beschlusses des Beirats. Im Sinne der Rechtsklarheit wird dieser Zeitpunkt jetzt ausdrücklich gesetzlich bestimmt. Sofern eine Anerkennung als „Wie-Berufskrankheit“ ohne eine entsprechende Empfehlung des Sachverständigenbeirats erfolgt, wird allgemein auf das Vorliegen der in Absatz 2 geforderten neuen Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft abgestellt, also etwa auf den Zeitpunkt, der in einem Gutachten in einer entsprechenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung über das Vorliegen solcher Erkenntnisse festgestellt ist. Zu Buchstabe d Im unfallversicherungsrechtlichen Feststellungsverfahren gilt der gesetzliche Amtsermittlungsgrundsatz, das heißt die Unfallversicherungsträger haben alle entscheidungserheblichen Tatsachen selbst zu ermitteln. Bei Berufskrankheiten treten in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten bei der Feststellung von Art und Ausmaß der schädigenden Einwirkungen auf, da ein Teil der Krankheiten erst nach langjähriger Exposition eintritt und zwischen dem Expositionsende und dem Krankheitseintritt teilweise eine jahrzehntelange Latenzzeit liegen kann. Die retrospektive Ermittlung der individuellen Verhältnisse an den jeweils betroffenen Arbeitsplätzen der Versicherten ist oftmals nicht mehr möglich, weil der Arbeitsplatz oder das ganze Unternehmen nicht mehr vorhanden ist oder sich die Arbeitsbedingungen oder die Produktionsverhältnisse so verändert haben, dass daraus keine sicheren Rückschlüsse auf frühere Belastungen gezogen werden können. Diesen Schwierigkeiten begegnen die Unfallversicherungsträger schon heute durch die Errichtung von Gefährdungs- oder Arbeitsplatzkatastern, in denen Erkenntnisse und Daten für vergleichbare Tätigkeiten zusammengeführt werden. Grundlage können etwa Beschreibungen der Versicherten über ihre Arbeitsbedingungen, vorhandene Messdaten an einzelnen Arbeitsplätzen, Untersuchungen früher verwendeter Produkte oder Erkenntnisse aus nachgestellten Arbeitsplätzen sein. Die für eine Anerkennung als Berufskrankheit rechtlich notwendige Feststellung der schädigenden Einwirkungen kann mithilfe dieser Methoden ermöglicht, zumindest aber erleichtert werden. Mit dem neuen Absatz 3a werden diese Verfahrensweisen gesetzlich verankert und damit Rechtssicherheit mit Blick auf die gesetzlichen Beweis- und Datenschutzanforderungen sowie auf die Duldungspflicht der Unternehmer bei systematischen Erhebungen an Arbeitsplätzen geschaffen. Gleichzeitig werden die Unfallversicherungsträger zugunsten der Versicherten verpflichtet, bei der Prüfung des Einzelfalls die Erkenntnisse aus vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten auch anderer Unfallversicherungsträger zu berücksichtigen und einen weiteren Ausbau der vorhandenen Kataster vorzunehmen. Zu Buchstabe e Der neugefasste Absatz 4 enthält die Regelungen, die den Präventionszweck des bisherigen Unterlassungszwangs sicherstellen. Durch das Zusammenwirken von Versicherten, Arbeitgebern und Unfallversicherungsträgern kann darüber hinaus das allgemeine Ziel, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben bereits eingetretener Berufskrankheiten so weit wie möglich zu verhindern, künftig besser erreicht werden. Die Regelungen beschränken sich deshalb nicht auf die Berufskrankheiten, bei denen bisher der Unterlassungszwang galt, sondern gelten für alle Berufskrankheiten. Zur Rechtsklarheit und als Grundlage für eine einheitliche Rechtsanwendung in der Praxis werden die neuen Rechte und Pflichten aller Beteiligten in einer bereichsspezifischen Regelung im SGB VII normiert. Die bisherige Regelung des Absatzes 4, nach der die Unfallversicherungsträger über die Anerkennungsvoraussetzungen einer Berufskrankheit vor Aufgabe der schädigenden Tätigkeit zu entscheiden haben, kann auf Grund des Wegfalls des Unterlassungszwangs entfallen. Ausgangspunkt der neuen Regelungen ist der allgemeine gesetzliche Präventionsauftrag der Unfallversicherungsträger nach § 1. Diesen Auftrag konkretisiert § 3 Absatz 1 Satz 1 BKV für den Bereich der Berufskrankheiten. Danach ist es vorrangige Pflicht der Unfallversicherungsträger, mit allen geeigneten Mitteln der Gefahr entgegenzuwirken, dass eine Berufskrankheit entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert. Darauf aufbauend sieht der neue Absatz 4 verschiedene Maßnahmen vor, um die Prävention in den Fällen zu stärken, in denen eine Berufskrankheit bereits eingetreten ist; die Anerkennung der Berufskrankheit als solche wird hiervon nicht berührt: Satz 1 enthält die bereits heute in § 3 Absatz 1 Satz 2 BKV enthaltene Verpflichtung der Unfallversicherungsträger bei den Versicherten darauf hinzuwirken, eine gefährdende Tätigkeit zu unterlassen, wenn sich nicht die Gefahr beseitigen lässt, dass die Krankheit wiederauflebt oder sich verschlimmert. Satz 2 statuiert eine besondere Aufklärungspflicht der Unfallversicherungsträger über die mit der konkreten Tätigkeit verbundenen Gefahren und möglichen Schutzmaßnahmen. Satz 3 stärkt die Selbstverantwortung der Versicherten. Mit der Anerkennung einer Berufskrankheit erwerben die Versicherten den Anspruch auf das gesamte Leistungsspektrum der gesetzlichen Unfallversicherung. Setzen sie die gefährdende Tätigkeit gleichwohl fort, liegt es im Eigeninteresse der Versicherten, dass sie gleichzeitig verpflichtet sind, die angebotenen Möglichkeiten zu nutzen, eine weitere Schädigung zu verhindern oder zumindest zu minimieren. Dies entspricht auch der präventiven Grundausrichtung der gesetzlichen Unfallversicherung. In Verbindung mit der allgemeinen Pflicht nach Satz 1 bestehen hierdurch für die Unfallversicherungsträger erhöhte Anforderungen, gezielte Präventionsmaßnahmen zu entwickeln. Bezogen auf den konkreten Arbeitsplatz und die individuell vorliegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen kommen unterschiedlichste Maßnahmen in Betracht. Dabei kann es sich um Schulungen und Beratungen handeln z.B. über den Gebrauch der persönlichen Schutzausrüstung oder krankheitsspezifische Verhaltensweisen, die Nutzung arbeitstechnischer Änderungen am Arbeitsplatz bis hin zur Teilnahme an Heilbehandlungsmaßnahmen. Zu unterscheiden sind hiervon Betätigungen, die nicht von den Unfallversicherungsträgern veranlasst werden, sondern der allgemeinen Gesundheitsförderung dienen, wie z.B. Joggingkurse von Volkshochschulen oder Sportvereinen. Solche Veranstaltungen unterfallen nicht dem spezialpräventiven Ansatz der Vorschrift. Eine Teilnahme kann deshalb weder von den Versicherten verlangt, noch von diesen eine Kostenerstattung durch den Unfallversicherungsträger gefordert werden. Durch die Bezugnahme auf die §§ 60 bis 65a des Ersten Buches gelten die allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkung der Empfänger von Sozialleistungen auch für die spezifische Mitwirkung nach Anerkennung einer Berufskrankheit entsprechend. Davon umfasst sind neben bloßen Mitteilungspflichten insbesondere auch die Pflicht zum persönlichen Erscheinen z.B. bei einer Schulungsmaßnahme, die Pflicht zur Teilnahme an medizinischen Untersuchungen sowie an Heilbehandlungsmaßnahmen. Allerdings gelten die Mitwirkungspflichten nicht uneingeschränkt; § 65 SGB I setzt hierzu neben allgemeinen Voraussetzungen wie der Angemessenheit und der Zumutbarkeit vor allem bei Untersuchungen und Heilbehandlung Grenzen. Satz 4 stellt das Verhältnis der Mitwirkungspflicht der Versicherten nach Satz 3 zu Maßnahmen der Prävention und des Arbeitsschutzes klar. Unberührt bleiben die stets vorrangigen Präventionsund Arbeitsschutzmaßnahmen der Verhältnisprävention, die individualpräventiven Maßnahmen des Unternehmers (als Arbeitgeber) sowie die Mitwirkungs- und Verhaltenspflichten der Versicherten (als Beschäftigte) an solchen Maßnahmen. Hierzu zählen etwa die in § 21 enthaltenen Grundpflichten, die Pflichten nach dem Zweiten und Dritten Abschnitt des Arbeitsschutzgesetzes oder die Pflicht zur Bereitstellung und Verwendung der persönlichen Schutzausrüstung nach § 7 der Gefahrstoffverordnung und § 9 der Biostoffverordnung. - Satz 5 regelt die Folgen einer fehlenden Mitwirkung der Versicherten. Grundsätzlich entstehen Versicherungsfälle in der gesetzlichen Unfallversicherung unabhängig davon, ob die Versicherten durch ein vorwerfbaren Verhalten im Sinne eines Mitverschuldens zu dem Eintritt des Versicherungsfalls beigetragen oder ihn gegebenenfalls sogar allein verschuldet haben - § 7 Absatz 2 SGB VII. Dieser Grundsatz erfasst aber nur die Verursachung des Versicherungsfalls selbst, das heißt den Versicherungsschutz als solchen, nicht aber sämtliche Konsequenzen hinsichtlich sich daraus ergebender Leistungsansprüche. Da die besondere Mitwirkungspflicht des Satzes 4 erst nach dem Eintritt und der Anerkennung einer Berufskrankheit einsetzt, können sich die Folgen fehlenden Handels nur auf danach eintretende Gesundheitsschäden erstrecken. Dabei bleibt zu berücksichtigen, dass auch in diesen Fällen die eigentliche Ursache des Gesundheitsschadens in der weiter bestehenden, schädigenden Einwirkung am Arbeitsplatz liegt. Trotz der fehlenden Mitwirkung der Versicherten sind leistungsrechtliche Folgen deshalb nur in beschränktem Umfang möglich. Für die Versicherten unmittelbar erforderliche Leistungen wie z.B. Heilbehandlung, Pflegeleistungen oder das Verletztengeld als kurzfristige Lohnersatzleistung bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit sind deshalb auch bei einem Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht zu erbringen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Rente als finanzielle Entschädigung für die durch den Gesundheitsschaden eingetretene Erwerbsminderung. Rentenansprüche, die bereits vor der Mitwirkungspflicht der Versicherten entstanden sind, bleiben durch einen Pflichtverstoß daher unberührt; dies schließt auch sog. Stützrenten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 10 Prozent nach § 56 Absatz 1 Satz 2 SGB VII ein. Ist eine Erwerbsminderung erst danach durch die fehlende Mitwirkung der Versicherten eingetreten oder hat sich durch die fehlende Mitwirkung der Versicherten verschlimmert, obwohl sie über Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen ausdrücklich informiert und zur Teilnahme an konkreten Präventionsmaßnahmen aufgefordert wurden, ist es gerechtfertigt, den auf die Verschlimmerung entfallenden Anteil der Rente bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise zu versagen. Je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls kann es sich dabei um die Leistungen aus einer erstmalig festzusetzenden Unfallrente (Erwerbsminderung vorher unter 20 Prozent) oder um den Rentenanteil aus einer Verschlimmerung (Erhöhung der Erwerbsminderung um mehr als 5 Prozent) handeln. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben können versagt werden, wenn sie durch die fehlende Mitwirkung der Versicherten an Präventionsmaßnahmen erst erforderlich geworden sind. Hierbei wird es sich insbesondere um Leistungen handeln, die nach Aufgabe der schädigenden Tätigkeit der Erlangung eines anderen Arbeitsplatzes dienen. Die Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen der fehlenden Mitwirkung und der Verschlimmerung liegt bei den Unfallversicherungsträgern, das heißt nur, wenn medizinisch festgestellt werden kann, dass die Verschlimmerung infolge der fehlenden Mitwirkung eingetreten ist, kann die Teilhabeleistung oder die entsprechende Erhöhung der Unfallrente versagt werden. Hierfür gelten die allgemeinen Beweismaßstäbe des Berufskrankheitenrechts. Die rechtserheblichen Tatsachen wie die Verschlimmerung des Gesundheitsschadens müssen im Sinn des Vollbeweises, das heißt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, festgestellt werden. Für den Ursachenzusammenhang genügt die „hinreichende Wahrscheinlichkeit“; die bloße Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs reicht nicht aus. Für die Durchsetzung gilt die allgemeine Verfahrensvorschrift des § 66 Absatz 3 SGB I entsprechend. Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Unfallversicherungsträger die Teilhabeleistung oder die Rentenleistung, die er versagt hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen - § 67 SGB I. Für die Zukunft hat er sie zu erbringen. Zu Buchstabe f Das geltende Recht weist den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts einen ausdrücklichen Forschungsauftrag zu. Nach dem bisherigen Absatz 8 wirken sie bei der Gewinnung neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse mit und sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremden Forschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkrankungshäufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitsschädlichen Einwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufzuklären. Mit der ergänzenden Regelung zur Berichterstattung wird der Stellenwert von Forschung mit Berufskrankheiten-Relevanz in der öffentlichen Wahrnehmung betont sowie die Transparenz der Forschung und der Forschungsförderung durch die gesetzliche Unfallversicherung erhöht. Gleichzeitig werden damit Anreize gesetzt, neue Forschungsthemen zu erschließen und Personen aus dem medizinischwissenschaftlichen Spektrum für die Durchführung zu gewinnen. Zu Nummer 4, Nummer 5, Nummer 6, Nummer 7 und Nummer 8 Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen zu der durch das Bundesteilhabegesetz vom 23. Dezember 2016 eingeführten Terminologie. Mit dem Bundesteilhabegesetz wurden die bisherigen „Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“ als „Leistungen der Sozialen Teilhabe“ neu definiert. Mit den nunmehr vorgenommenen Anpassungen vollzieht das SGB VII diese Entwicklung auch begrifflich nach. Zu Nummer 20 § 218f Mit Gesetz wird der bei einigen Berufskrankheiten bestehende Unterlassungszwang abgeschafft. Gleichzeitig werden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um insbesondere die Individualprävention zu stärken und damit der Verschlimmerung eingetretener Berufskrankheiten entgegenzuwirken, Erleichterungsmöglichkeiten im Feststellungsverfahren rechtlich verankert sowie eine Berichtspflicht zur Forschungsförderung eingeführt. Mit der Evaluation soll die Wirksamkeit dieser Maßnahmen nach einem Zeitraum von fünf Jahren überprüft werden. Gesetzesfolgenabschätzung Zu Artikel 22 (Änderung der Berufskrankheiten-Verordnung) Die Änderungen in § 9 Absatz 1 und 1a SGB VII durch Artikel 7 Nummer 3 dieses Gesetzes erfordern eine entsprechende Anpassung und Erweiterung der BKV: Die Streichung des Unterlassungszwangs (Artikel 7 Nummer 3 Buchstabe a) wird für die davon betroffenen neun Berufskrankheiten nachvollzogen. Bei den Berufskrankheiten, bei denen anstelle des Unterlassungszwangs künftig „Bagatellerkrankungen“ vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden, wird eine entsprechende Präzisierung der Legaldefinition vorgenommen. Die Stellung und die Organisation des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten (Artikel 7 Nummer 3 Buchstabe b) wird geregelt. Keine Folgeänderungen werden dagegen durch die Informations- und Mitwirkungspflichten des neugefassten § 9 Absatz 4 SGB VII (Artikel 7 Nummer 3 Buchstabe e) ausgelöst. Insbesondere § 3 BKV als zentrale Präventionsvorschrift der BKV bleibt in ihrem Regelungsgehalt uneingeschränkt erhalten. Sowohl für Fälle, in denen eine Berufskrankheit noch nicht eingetreten ist, aber ihre Entstehung konkret droht, als auch für Fälle, in denen nach Eintritt der Berufskrankheit ein Wiederaufleben oder eine Verschlimmerung droht, gelten die Pflichten der Unfallversicherungsträger, der Gefahr mit allen geeigneten Mitteln entgegenwirken sowie auf die Unterlassung der schädigenden Tätigkeit hinzuwirken, wenn die Gefahr nicht zu beseitigen ist, uneingeschränkt fort. Das Gleiche gilt für die Mitwirkung der Arbeitsschutzstellen in Absatz 1 Satz 3 und die Regelungen zur Übergangsleistung in Absatz 2 der Vorschrift. Dass in § 9 Absatz 4 SGB VII für einen Teil der Fälle die Hinwirkungspflicht zur Unterlassung künftig gesetzlich geregelt ist, belegt deren besondere Bedeutung, lässt aber die umfassenden Präventionsvorschriften des § 3 BKV unberührt. Zu Nummer 1 Folgeänderung zur Einfügung des neuen Zweiten Abschnitts. Zu Nummer 3 Zum Zweiten Abschnitt (§§ 7 bis 11) Nach dem neuen § 9 Absatz 1a SGB VII () sind beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Ärztlicher Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten zu bilden sowie bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eine Geschäftsstelle einzurichten. Die Bundesregierung ist nach Satz 2 der Vorschrift ermächtigt, das Nähere über die Stellung und die Organisation des Sachverständigenbeirats und der Geschäftsstelle in der Rechtsverordnung über die Bezeichnung der Berufskrankheiten, das heißt in der BKV, zu regeln. Der frühere § 7 BKV ist auf Grund der Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung vom 23. Januar 2002 (BGBl. I S. 554) am 1. August 2002 außer Kraft getreten, der bisherige § 8 BKV regelte das Inkrafttreten der Verordnung zum 1. Dezember 1997 sowie das Außerkrafttreten der Vorläuferverordnungen und kann entfallen. Zu § 7 Die Vorschrift beschreibt entsprechend der gesetzlichen Zielsetzung die Aufgaben des Sachverständigenbeirats. Zu § 8 Die Vorschrift enthält die Regelungen über die Mitgliedschaft der Beiratsmitglieder: Absatz 1 bestimmt die fachliche und zahlenmäßige Zusammensetzung des Gremiums. Entsprechend seiner Aufgabenstellung liegt der Schwerpunkt auf der arbeitsmedizinischen Ausrichtung der Mitglieder, wobei die Zusammensetzung sicherstellt, dass sowohl die Erkenntnisse aus der universitären Forschung und Lehre als auch die Erfahrungen aus der gewerbe- und betriebsärztlichen Praxis in die Beratungstätigkeit einfließen. Dies bedingt, dass die Mitglieder im Regelfall ihre hauptamtliche Funktion an der Hochschule oder im gewerbe- und betriebsärztlichen Dienst aktiv ausüben. Die Mitgliederzahl von zwölf Personen hat sich in der jahrzehntelangen Arbeit des Sachverständigenbeirats bewährt. Sie stellt einen guten Kompromiss zwischen der notwendigen Mindestzahl für eine breite wissenschaftliche Diskussion auf der einen und einer Höchstzahl für eine handhabbare Entscheidungsfindung auf der anderen Seite dar. Die Mitgliederzahl kann in besonderen Fällen unter- oder überschritten werden. So kann z.B. von einer Nachberufung für ein ausgeschiedenes Mitglied abgesehen werden, wenn das Ende der Berufungsperiode für das gesamte Gremium ohnehin in näherer Zukunft eintritt. Eine zusätzliche Berufung käme etwa in Betracht, um ein neues Mitglied noch in Anwesenheit der bisherigen Mitglieder in bestimmte Beratungsthemen einzuarbeiten. Die Dauer der Berufungsperiode entspricht der bisherigen Berufungspraxis und hat sich bewährt. Dabei ist eine wiederholte Berufung, insbesondere im Interesse der Kontinuität der Beratungen, möglich. Die Berufungsdauer kann in besonderen Fällen, z.B. bei absehbarem Ausscheiden aus der aktiven hauptamtlichen Funktion des Mitglieds, auch weniger als fünf Jahre betragen. Absatz 2 bestimmt die Rechtsstellung der Beiratsmitglieder. Es handelt sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit. Da die Mitglieder auf Grund ihrer besonderen fachlichen Qualifikation und wissenschaftlichen Reputation in das Gremium berufen werden, ist eine stellvertretende Aufgabenwahrnehmung durch andere Personen nicht möglich. Satz 2 der Vorschrift dient der Transparenz des Gremiums. Die namentliche Zusammensetzung des Sachverständigenbeirats und die hauptamtlichen Funktionen der Mitglieder einschließlich der jeweiligen Institutionen werden auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht. Absatz 3 regelt die unabhängige und neutrale Beiratsmitglieder sowie die Pflicht zur Verschwiegenheit. Rechtsstellung der Absatz 4 regelt Ausnahmetatbestände zur vorzeitigen Beendigung der Mitgliedschaft. Gemäß Absatz 1 werden die Mitglieder jeweils für eine bestimmte Zeitdauer berufen. Darüber hinaus kann die Mitgliedschaft bei Vorliegen besonderer Gründe wie z.B. bei Verstößen gegen die Unparteilichkeit oder Vertraulichkeit oder bei Aufgabe der hauptamtlichen Tätigkeit durch das Ministerium beendet werden. Die Mitglieder können ihr Amt jederzeit ohne Angabe von Gründen niederlegen. Zu § 9 Die Vorschrift enthält die wesentlichen Regelungen zur Durchführung der Aufgaben: Absatz 1 bestimmt, dass der Sachverständigenbeirat seine Aufgaben nicht in einem rein schriftlichen Verfahren wahrnehmen darf, sondern zu Sitzungen zusammentritt, an denen auch Vertreter des Ministeriums teilnehmen. Entscheidend für die Qualität der Beratungen sind die offene Meinungsbildung und der freie Meinungsaustausch der Mitglieder. Die Mitglieder sind nicht als Vertreter ihrer jeweiligen Organisation, sondern als unabhängige Wissenschaftler im Beirat tätig und äußern dort in einem vertraulichen Umfeld ihre persönliche wissenschaftliche Auffassung. Die Sitzungen sind daher nicht öffentlich. Absatz 2 regelt die Teilnahme weiterer Personen an den Sitzungen. Als ständige Berater nehmen Vertreter der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sowie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. teil, erstere in ihrer Funktion als Geschäftsstelle nach § 10, letztere um Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Praxis der gesetzlichen Unfallversicherungsträger in den Beratungsprozess einzubringen. Namen und hauptamtliche Funktionen der ständigen Gäste werden wie die der Mitglieder auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht. Bei der Beschlussfassung des Sachverständigenbeirats haben sie kein Stimmrecht. Anlassbezogen können darüber hinaus auch externe Sachverständige wie z.B. Mediziner besonderer Fachrichtungen oder Biomechaniker sowie Gäste zu den Sitzungen hinzugezogen werden. Sowohl für die ständigen Berater wie für die externen Sachverständigen und Gäste gelten die Vorschriften des § 8 Absatz 3 über Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Verschwiegenheit in ihrer Aufgabenwahrnehmung für den Sachverständigenbeirat. - Die Absätze 3 bis 5 regeln die Transparenz der Beratungen. Die aktuellen Beratungsthemen des Sachverständigenbeirats werden auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht. Als Ergebnis seiner Beratungen gibt der Sachverständigenbeirat Empfehlungen für neue oder Stellungnahmen zu bestehenden Berufskrankheiten ab. Sie beruhen jeweils auf dem zum Zeitpunkt der Beschlussfassung aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand und werden vom Ministerium amtlich bekannt gemacht sowie auf den Internetseiten des Ministeriums und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin veröffentlicht. Die Empfehlungen und Stellungnahmen enthalten eine Begründung, in der insbesondere die herangezogenen Dokumente (veröffentlichte Forschungsvorhaben, Studien, Gutachten etc.), die der Entscheidungsfindung des Gremiums zugrunde lagen, dargelegt und bewertet werden. Sofern der Sachverständigenbeirat auf Grund der wissenschaftlichen Erkenntnislage keine Empfehlung oder Stellungnahme abgibt, werden die dafür maßgeblichen Gründe in einem Abschlussvermerk dargelegt. Dieser wird ebenfalls auf den Internetseiten des Ministeriums und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin veröffentlicht. Die Beratungen im Sachverständigenbeirat werden damit umfassend dokumentiert und sind öffentlich zugänglich. Die im Lauf des Beratungsverfahrens intern erstellten vorbereitenden Unterlagen wie z.B. Vorentwürfe von Empfehlungen, vorläufige Bewertungen oder Ergebnisniederschriften über einzelne Sitzungen bleiben im Interesse des freien und unabhängigen Beratungsverlaufs vertraulich. Zu § 10 Die Vorschrift regelt das Nähere über die nach § 9 SGB VII einzurichtende Geschäftsstelle des Sachverständigenbeirats. Absatz 1 beschreibt die Aufgabe der Geschäftsstelle. Absatz 2 enthält Regelungen zur wissenschaftlichen, Absatz 3 Regelungen zur organisatorischen Unterstützung. Bereits heute unterstützt die Bundesanstalt die Arbeit des Sachverständigenbeirats in begrenztem Umfang. Diese Unterstützung reicht nicht mehr aus. Auf Grund der gestiegenen Anforderungen an die wissenschaftlichen Grundlagen von Berufskrankheiten ist ein immer größerer Arbeitsaufwand für die wissenschaftliche Auswertung des nationalen und internationalen Erkenntnisstandes erforderlich. Die Geschäftsstelle soll deshalb insbesondere wissenschaftliche Vorarbeiten für die Beratungen des Sachverständigenbeirats leisten. Der Schwerpunkt der Arbeiten liegt dabei auf der Durchführung systematischer Reviews; daneben sind aber auch kursorische Literaturrecherchen durchzuführen. Im Rahmen ihrer arbeitsmedizinischen Ausrichtung unterstützt die Bundesanstalt den Sachverständigenbeirat außerdem bei der Erstellung von wissenschaftlichen Empfehlungen und Stellungnahmen. Zu § 11 Die Vorschrift regelt den Erlass einer Geschäftsordnung durch den Sachverständigenbeirat, in der nachrangige Bestimmungen insbesondere über organisatorische Abläufe getroffen werden können. Zum Dritten Abschnitt (§ 12) Folgeänderung zur neuen Gliederung der Verordnung in Abschnitte. Zu § 12 Der Unterlassungszwang als Voraussetzung für die Anerkennung als Berufskrankheit wird in den davon betroffenen neun Berufskrankheiten-Tatbeständen gestrichen (s. Nummer 3 Buchstabe a). Fälle, in denen eine Anerkennung in der Vergangenheit auf Grund der fehlenden Aufgabe der schädigenden Tätigkeit nicht erfolgen konnte, werden von den Unfallversicherungsträgern von Amts wegen überprüft, wenn sie nach dem 1. Januar 1997 entschieden worden sind. Seit diesem Zeitpunkt hatten die Unfallversicherungsträger gemäß § 9 Absatz 4 SGB VII vor Unterlassung einer noch verrichteten gefährdenden Tätigkeit darüber zu entscheiden, ob die übrigen Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit erfüllt sind. Die Fälle sind den Unfallversicherungsträgern daher bekannt und identifizierbar. Eines besonderen Antrags der Versicherten bedarf es deshalb nicht. Die Möglichkeit für die Versicherten, in allen anderen Fällen einen Überprüfungsantrag zu stellen, bleibt unberührt. Rückwirkende Leistungen werden nicht erbracht. Der Versicherungsfall als Grundlage leistungsrechtlicher Ansprüche kann frühestens mit der Streichung des Unterlassungszwangs als Anerkennungsvoraussetzung, das heißt mit dem Inkrafttreten dieser Vorschrift eintreten. Zu Nummer 3 Anlage 1 Zu Buchstabe a Die Anlage 1 enthält die sogenannte Berufskrankheitenliste, das heißt die auf Grundlage der Verordnungsermächtigung des § 9 Absatz 1 SGB VII erlassene enumerative Bezeichnung der Krankheiten, bei denen ein Ursachenzusammenhang mit bestimmten Tätigkeiten oder bestimmten arbeitsbedingten Einwirkungen wissenschaftlich generell erwiesen ist. Neun der derzeit 80 in der Anlage 1 aufgeführten Berufskrankheiten sehen bisher die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit als Anerkennungsvoraussetzung vor. Auf Grund der Streichung des Unterlassungszwangs in der Verordnungsermächtigung () werden die entsprechenden Passagen in diesen Berufskrankheiten-Tatbeständen ebenfalls gestrichen. Soweit mit dem Unterlassungszwang in der Vergangenheit der Zweck verfolgt wurde, eine weitere Schädigung durch die Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit zu verhindern, wird dies künftig durch die Stärkung der individuellen Präventionsmaßnahmen und die aktive Mitwirkung der Betroffenen erreicht. Soweit der Zweck verfolgt wurde, sogenannte „Bagatellerkrankungen“ von einer Anerkennung als Berufskrankheit auszuschließen, werden diese Berufskrankheiten-Tatbestände entsprechend angepasst, wenn dies unter Berücksichtigung der Fallzahlen und des damit verbundenen Verwaltungsaufwands, des jeweiligen Krankheitsbilds und den modernen Behandlungsmöglichkeiten auch heute noch gerechtfertigt ist (s. Buchstaben b und c). Bei den Berufskrankheiten Nummer 1315, 2104, 4301, 4302 und 5101 ist eine Anpassung nicht erforderlich. Bei den Berufskrankheiten Nummer 1315 (Erkrankungen durch Isocyanate - eingeführt 1992) und 2104 (Vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen an den Händen - eingeführt 1976) ist nach der Begründung des damaligen Verordnungsgebers nicht ersichtlich, dass durch den Unterlassungszwang „Bagatellerkrankungen“ von einer Anerkennung ausgeschlossen werden sollen (BR-Drs. 773/92 und 563/76). Bei den Berufskrankheiten Nummer 4301 und 4302 (Obstruktive Atemwegserkrankungen durch allergisierende beziehungsweise durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe - eingeführt 1961) sollte der Unterlassungszwang zwar ursprünglich dem Ausschluss von „Bagatellerkrankungen“ dienen (BR-Drs. 115/61). Nach der aktuellen Begutachtungsempfehlung der gesetzlichen Unfallversicherung (sog. „Reichenhaller Empfehlung“) liegt aber bereits bei der Anamnese „Geringe Beschwerden, unter Therapie keine Beschwerden“ und dem Ergebnis der Lungenfunktionsprüfung „Grenzbereich“ eine Erwerbsminderung in Höhe von 10 Prozent, das heißt eine Erwerbsminderung im (stütz)renten-berechtigenden Ausmaß vor. Bestehen aber schon bei einer solch geringgradigen Ausprägung des Krankheitsbildes leistungsrechtlich relevante Einschränkungen, dann liegt auch bei geringeren Beschwerden nicht lediglich eine „Bagatellerkrankung“ vor. Bei der Berufskrankheit Nummer 5101 (Hauterkrankungen - eingeführt 1929) wird der Ausschluss von „Bagatellerkrankungen“ bereits durch die Tatbestandsvoraussetzungen „schwer oder wiederholt rückfällig“ erreicht. Zu Buchstabe b Die Legaldefinition der Berufskrankheit Nummer 2101 (Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze) wird um das Tatbestandsmerkmal „schwere oder wiederholt rückfällige“ ergänzt. Die 1952 eingeführte Berufskrankheit war 1961 nach der Begründung des damaligen Verordnungsgebers ausdrücklich mit der Voraussetzung des Unterlassungszwangs versehen worden, da ein erhebliches Missverhältnis zwischen angezeigten Verdachtsfällen und nach Durchführung des Verwaltungsverfahrens als Berufskrankheit anerkannten Fällen bestand. Daraus ergebe sich, „daß die weitaus meisten Erkrankungen dieser Art durch ärztliche Behandlung günstig zu beeinflussen sind und ohne bleibenden Schaden abklingen. Dieser Tatsache will die neue Fassung dadurch Rechnung tragen, daß sie die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit nur in den Fällen zuläßt, in denen die berufliche Beschäftigung oder jede Erwerbsarbeit infolge der Erkrankung aufgegeben worden ist.“ (BR-Drs. 115/61). Der Unterlassungszwang diente damit dem Ausschluss von „Bagatellerkrankungen“. Die damaligen Gründe bestehen fort. Bei Erkrankungen der Sehnenscheiden handelt es sich um ein sehr weit verbreitetes Krankheitsbild, das auf unterschiedlichste Ursachen im beruflichen wie im privaten Bereich zurückgehen kann. Dementsprechend besteht auch heute noch eine erhebliche Diskrepanz zwischen Verdachtsfällen und Anerkennungen (2017: rund 636 entschiedene Fälle - 23 Anerkennungen - Quelle: Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung). Dauerhafte Gesundheitsbeeinträchtigungen treten dagegen nur in seltenen Ausnahmefällen ein. Entsprechend der bisherigen Zweckrichtung soll eine Anerkennung als Berufskrankheit daher auch künftig nur erfolgen, wenn die Krankheit für die Versicherten erhebliche Auswirkungen hat. Erforderlich ist deshalb entweder eine schwere Ausprägung oder eine wiederholte Rückfälligkeit der Erkrankung. Eine schwere Erkrankung in diesem Sinn liegt z.B. vor, wenn sie eine ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Monaten zur Folge hat. Eine wiederholte Rückfälligkeit liegt mit dem dritten Auftreten der Erkrankung vor. Dies ist der Fall, wenn die Versicherten sich zwischen den einzelnen Erkrankungen deshalb weder in Heilbehandlung befanden noch arbeitsunfähig waren. Der zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Erkrankungen ist dabei irrelevant. Zu Buchstabe c, zu Buchstabe d und Buchstabe e Die Legaldefinitionen der Berufskrankheiten Nummer 2108 bis 2110 (Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lenden- beziehungsweise der Halswirbelsäule) werden jeweils um das Tatbestandsmerkmal „die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Lenden- beziehungsweise der Halswirbelsäule geführt haben“ ergänzt. Die Ergänzung verdeutlicht bereits in der Legaldefinition, dass insbesondere Rückenbeschwerden in ihrer allgemeinen Form weiterhin keine Berufskrankheit darstellen. Dies entspricht den geltenden medizinischen Anforderungen, die seit jeher in den Merkblättern zu diesen Berufskrankheiten beschrieben werden und bedeutet daher keine Verschärfung der bisherigen Anerkennungsvoraussetzungen. Im amtlichen Merkblatt zu Berufskrankheit Nummer 2108 wird hierzu ausdrücklich ausgeführt: „Das akute Lumbalsyndrom mit guter Behandlungsmöglichkeit erfüllt nicht die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung als Berufskrankheit. Vielmehr müssen chronische oder chronisch-rezidivierende Beschwerden und Funktionseinschränkungen bestehen, die therapeutisch nicht mehr voll kompensiert werden können und den geforderten Unterlassungszwang begründen .… Der alleinige Nachweis von degenerativen Veränderungen wie Osteochondrose, Spondylose und Spondylarthrose ohne chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionsausfälle begründet keinen Berufskrankheitenverdacht.“ (Merkblatt zu der Berufskrankheit Nr. 2108, Bundesarbeitsblatt 10/2006, S. 30). Vergleichbare Ausführungen enthalten die amtlichen Merkblätter zu den Berufskrankheiten Nummer 2109 und 2110. Erfüllungsaufwand Berufskrankheitenrecht in der gesetzlichen Unfallversicherung Der jährliche Erfüllungsaufwand der Unfallversicherungsträger durch den Wegfall des Unterlassungszwangs als Anerkennungsvoraussetzung bei Berufskrankheiten durch zusätzliche Verdachtsanzeigen und unter Einbeziehung von früheren Erkrankungen beläuft sich rechnerisch in den ersten Jahren auf durchschnittlich rund 9,9 Millionen Euro jährlich mit stark abnehmender Tendenz. Da zu erwarten ist, dass nach den ersten fünf Jahren ausschließlich Anzeigen für neu auftretende Erkrankungen zu bearbeiten sind, sinkt der langfristig auftretende Erfüllungsaufwand dann auf rund 4,5 Millionen Euro jährlich. Die bei der Unfallversicherung Bund und Bahn – Teilhaushalt 1 anfallenden geringfügigen Mehrkosten werden im Rahmen der bestehenden Ansätze gegenfinanziert. Der Erfüllungsaufwand berechnet sich im Einzelnen wie folgt: Auf der Grundlage von Erfahrungswerten der gesetzlichen Unfallversicherungsträger über die Bearbeitung von Berufskrankheiten wird der Erfüllungsaufwand je Fall von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. auf rund 1.590 Euro geschätzt. Dieser Betrag berechnet sich im Einzelnen wie folgt: Je Fall ist eine durchschnittliche Bearbeitungszeit von insgesamt 28 Stunden anzusetzen, darunter 11 Stunden für einen Sachbearbeiter im gehobenen Dienst mit einem Stundensatz von 45,50 Euro und 17 Stunden von einem Mitarbeiter des Präventionsdienstes im höheren Dienst mit einem Stundensatz von 64,00 Euro. Auf Basis statistischer Daten über die Verdachtsanzeigen, den Anteil der durch den Unterlassungszwang betroffenen Fälle, ergänzender Plausibilitätsannahmen sowie unter Berücksichtigung des künftig zu erwartenden Anzeigeverhaltens wird die Anzahl der zusätzlich zu erwartenden Anzeigen in den ersten fünf Jahren nach dem Wegfall des Unterlassungszwangs auf rund 7.900 je Jahr geschätzt. Darin sind für den gesamten Fünfjahreszeitraum rund 25.500 Bestandsfälle enthalten (jährlich rund 5.100 Fälle). Danach wird sich die Zahl der zusätzlichen Anzeigen langfristig bei rund 2.800 je Jahr stabilisieren. Für die Schätzung ist ein Teil der Bestandsfälle (rund 2.200 Fälle je Jahr) nur mit 20 Prozent des üblichen Aufwands, das heißt mit rund 320 Euro anzusetzen, da diese Fälle in der Vergangenheit bereits ausermittelt worden und lediglich noch Aktualisierungsfeststellungen zu treffen sind. Damit liegt der gesamte Erfüllungsaufwand in den ersten fünf Jahren bei rund 9,9 Millionen Euro (Bestandsfälle: 2.200 Anzeigen x 320 Euro + 2.950 Anzeigen x 1.590 Euro; neue Fälle: 2.800 Anzeigen x 1.590 Euro) und langfristig bei rund 4,5 Millionen Euro (2.800 Anzeigen x 1.590 Euro). Zur Erfüllung der nach § 9 Absatz 1a Satz 3 SGB VII geschaffenen Aufgaben der bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zu errichtenden Geschäftsstelle des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Berufskrankheiten wird wissenschaftlich ausgebildetes Personal (Arbeitsmedizin, Epidemiologie etc.) benötigt. Wesentliche gesetzliche Aufgabe der Geschäftsstelle ist die Durchführung sog. systematischer Reviews als wissenschaftliche Grundlage für die Prüfung neuer Berufskrankheiten durch den Sachverständigenbeirat. Ausgehend von einem gleichbleibenden Beratungsvolumen des Sachverständigenbeirats ergibt sich eine Beauftragung von fünf neuen Reviews pro Jahr beziehungsweise circa zehn parallellaufenden Reviews. Ein systematisches Review erfordert einen personellen Aufwand von durchschnittlich 24 Personenmonaten. Hinsichtlich der erforderlichen Personalkapazitäten ist vor diesem Hintergrund von zehn Stellen auszugehen, wobei zwei Stellen von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin eingebracht werden können. Für externe Reviews ist im Haushalt der Bundesanstalt zudem ein Budget von 200300.000 Euro im zentralen Kapitel 1111, Titel 52602 (Ausgaben für Ausschüsse und Gutachten) einzuplanen; hinzu kommen Kosten für die Recherche in Literatur-Datenbanken und zusätzlicher Literaturbeschaffung in Höhe von 30.000 Euro jährlich.