Aktenzeichen: 14 O 181/19 Landgericht Mannheim Im Namen des Volkes Urteil In dem Einstweiligen Verfugungsverfahren Tichys Einblick GmbH, vertreten durch d. Geschaftsfuhrer Roland Tichy, _ - Verfugungsklagerin - Prozessbevollmachtiote: --Rechtsanwalte-- gegen CORRECTIV - Recherchen fur die Gesellschaft gemeinnutzige gGmbH, vertreten durch d. Geschaftsfuhrer David Schraven und Simon Kretschmer, Huyssenallee 11, 45128 Essen -- Verfugungsbeklagte - Prozessbevollmachtiote: ___--Rechtsanwalte-- wegen unlauteren Wettbewerbs hat das Landgericht Mannheim -- 14. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Lembach, den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Tochtermann und Richter am Landgericht Stihler aufgrund der mundlichen Verhandlung vom 27.11.2019 fur Recht erkannt: 140181/19 -Seite 2-- 1. Der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfugung wird zuruckgewiesen. 2. Die Verfugungskiagerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 3. Das Urteil ist vorlaufig vollstreckbar. Die Verfugungskiagerin kann die Vollstre- ckung gegen Sicherheitsleistung in Hohe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Verfugungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Hohe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. - Seite 3 – 14 O 181/19 Tatbestand Die Verfügungsklägerin nimmt die Verfügungsbeklagte wegen einer behaupteten Wettbewerbsverletzung im Wege einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung in Anspruch. Die Verfügungsklägerin (im Folgenden schlicht: Klägerin) publiziert im Internet unter www.[...].de ein auch in Printform erscheinendes Magazin unter der Bezeichnung „T[...]“. Ferner bewirbt die Klägerin die auf ihrer Internetseite veröffentlichen Artikel durch Veröffentlichung eines Anreißers mit Link auf ihre Internetveröffentlichung auch auf ihrem Profil im sozialen Netzwerk Facebook. Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden schlicht: Beklagte) ist eine gemeinnützige Gesellschaft und betreibt ein Recherchezentrum, das journalistisch-redaktionelle Artikel auf der eigenen Internetseite C[...]und in Zusammenarbeit mit anderen Medien veröffentlicht. Beide Parteien bitten ihre Leser online um Spenden zur Unterstützung für ihre journalistische Tätigkeit. Ferner vertreiben beide online Bücher. Die Verfügungsbeklagte betreibt auf Grundlage einer Kooperationsvereinbarung einen sogenannten „Faktencheck“ für Facebook. Hierfür erhält sie eine Aufwandsentschädigung. Am 26.09.2019 veröffentlichte die Klägerin einen Artikel mit der Überschrift: „500 Wissenschaftler erklären: ‚Es gibt keinen Klimanotfall‘“. Auf den als Anlage JS 6a vorgelegten Artikel, in welchem über einen offenen Brief berichtet wird, in welchem in Gestalt einer „European Climate Declaration“ 500 Wissenschaftler aus dreizehn Ländern eine neue Klimapolitik forderten, wird wegen des näheren Inhalts verwiesen. Auch diesen Artikel bewarb die Klägerin auf facebook.com durch Veröffentlichung eines Beitrags in Gestalt eines Anreißers mit Link auf den auf ihrer Internetseite veröffentlichten Artikel, wie in Anlage JS 6b ersichtlich. Rechts oben über dem Beitrag der Klägerin wurde dabei – wie stets bei allen Beiträgen von Medienunternehmen auf Facebook – in Höhe der Mitte des Beitrags eine kleine Schaltfläche mit der Aufschrift „i“ eingeblendet. Dies geschah wie nachfolgend ersichtlich: 14 O 181/19 - Seite 4 – Bei Aufruf der Schaltfläche „i“ erhielt der Nutzer – wie auch bei anderen Beiträgen von Medienunternehmen auf Facebook – in einem nachfolgend ersichtlichen Pop-Up unter der Überschrift „Infos zu diesem Content“ zunächst eine Kurzbeschreibung der Klägerin und Informationen darüber, ob der Beitrag bereits durch andere Nutzer geteilt, also verbreitet worden war. Der Artikel der Klägerin war Gegenstand des Faktenchecks der Beklagten für Facebook und Behauptungen darin wurden von der Beklagten als „teils falsch“ bewertet. In einem weiteren Abschnitt: „Mehr zum Thema“ wurde in diesem Zusammenhang in dem durch Klick auf die Schaltfläche „i“ aufrufbaren Pop-Up seitens Facebook ein Anreißer und ein Link zu einem auf deren Internetseite veröffentlichten Artikel der Beklagten unter der Überschrift „C[...]Fact-Check“ und der Headline „Nein: Es sind nicht „500 Wissenschaftler“: Behauptungen teils falsch“ eingefügt, wie nachfolgend ersichtlich: 14 O 181/19 - Seite 5 – In dem als Anlage JS 10 vorliegenden Artikel der Beklagten, auf den ebenfalls wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, setzt sich die Beklagte kritisch mit dem im klägerischen Artikel zitierten „Offenen Brief“ auseinander und verweist dabei auch die Publikation der Klägerin. Sie nimmt darin die Auffassung ein, es handle sich bei den Unterzeichnern des Offenen Briefs entgegen der Darstellung in einigen Medien, darunter auch derjenigen der Klägerin, nicht sämtlich um Wissenschaftler, namentlich seien einige der Unterzeichner bereits im Ruhestand beziehungsweise für Unternehmen tätig. Weiterhin sei insbesondere die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit als gering zu bewerten, weil die Aussagen zentralen Kontext vermissen ließen. Der Artikel beginnt wie folgt: 14 O 181/19 - Seite 6 – Wer den Artikel der Klägerin auf Facebook teilen, also den Beitrag der Klägerin in Gestalt des Anreißers samt Link zu dem Artikel auf der Internetseite der Klägerin in seinem eigenen Profil verbreiten wollte, erhielt ein Pop-Up nachfolgenden Inhalts angezeigt, in welchem abermals auf den Artikel der Beklagten und das Ergebnis deren Faktenchecks verwiesen wurde: Entschied sich der angesprochene Verkehr durch Klick auf „Trotzdem teilen“ dazu, den klägerischen Beitrag zu teilen, geschah dies dadurch, dass dem geteilten Beitrag auf dem Profil des teilenden Nutzers das Ergebnis des Faktenchecks und der Anreißer zum Artikel der Beklagten in einem nachfolgenden Abschnitt unter der Überschrift „Mehr zum Thema“ wie nachfolgend ersichtlich angefügt wurde. Dem Faktencheck der Beklagten für Facebook liegt eine Vereinbarung zwischen diesen zu Grunde, auf dessen Grundlage Facebook der Beklagten in bestimmter technischer Form Beiträge übermittelt, die durch einen Algorithmus – etwa auf Grundlage 14 O 181/19 - Seite 7 – von Nutzerbeschwerden – ausgewählt wurden und welche die Beklagte einem Faktencheck in Gestalt eines journalistischen Artikels unterziehen und unter anderem als falsch, teils falsch, zutreffend oder als reine Meinungsäußerung qualifizieren kann. Tut sie dies und beanstandet sie den Artikel, erfolgt bei Facebook technisch eine Verknüpfung des geprüften Beitrags mit dem Ergebnis der Bewertung und einem Anreißer samt Link zu dem bewertenden Artikel der Beklagten in der oben dargestellten Weise. In dem streitgegenständlichen Artikel der Beklagten bittet diese in einem eingerückten Spendenaufruf unter anderem wie folgt um Spenden: Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.10.2019 ließ die Klägerin die Beklagte abmahnen und zur Unterlassung der Verknüpfung eines Artikels der Klägerin auf Facebook in der dargestellten Weise und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Die Beklagte ließ dies mit anwaltlichem Schreiben vom 06.11.2019 zurückzuweisen. Die Verfügungsklägerin trägt vor: Die dargestellte Verknüpfung ihres Artikels mit demjenigen der Klägerin sei als geschäftliche Handlung der Beklagten einzustufen. Mit der streitgegenständlichen Vorgehensweise übe die Beklagte nicht nur eine bezahlte Tätigkeit für Facebook aus, sondern verlinke ihr eigenes publizistisches Online-Angebot, auf welchem sie gezielt und insoweit im Wettbewerb zur Klägerin stehend Spenden einwerbe. Die ideelle Zielsetzung der Beklagten stehe dem nicht entgegen, da auf die tatsächliche Betätigung im Wettbewerb abzustellen sei. Die Parteien seien Wettbewerber und konkurrierten einerseits im Hinblick auf den Vertrieb publizistischer Leistungen. Andererseits stünden sie im Wettbewerb um den Erhalt finanzieller Zuwendungen in Form von Spenden und Unterstützungsleistungen für einzelne Beiträge und ihre jeweiligen Publikationen. 14 O 181/19 - Seite 8 – Die Beklagte überschreite mit der streitgegenständlichen Verknüpfung ihres Beitrags bewusst ihre journalistisch-publizistische Tätigkeit und suche zielgerichtet die Verbreitung konträrer publizistischer Inhalte zu unterbinden oder zumindest zu behindern. Dabei verknüpfe die Beklagte ihre Inhalte technisch-medial mit jenen der Klägerin zu deren Lasten und zu Lasten deren Verbreitungsgrades in Gestalt teilender Nutzer und die Beklagte hänge sich mit ihrem Inhalt an den klägerseits verbreiteten Inhalt an und nutze damit schmarotzerisch die Leserreichweite der Beklagten für sich aus. Ferner nehme die Beklagte für sich sowohl durch die Eigenbezeichnung als „Faktenprüfer“ als auch durch die technischen Möglichkeiten eine übergeordnete Prüfungsautorität in Anspruch, die dem Einfluss des Mediums, vor dessen Veröffentlichung gewarnt wird, entzogen sind. Es handle sich mithin um Maßnahmen, die einem anderen Pressemedium sonst gerade nicht zur Verfügung stünden und der Beklagten nur aufgrund der von ihr von Facebook verliehenen Machtbefugnisse möglich seien. Die Beklagte beschränke und behindere mit den streitgegenständlichen Warnungen die Verbreitung eines Artikels der Klägerin und behindere und hänge sich zugleich schmarotzerisch an die (verbleibende) Reichweite des Artikels der Beklagten an. Dies sei ungeachtet der Reichweite der Meinungsfreiheit unzulässig. Vielmehr werde die Beklagte als Wettbewerberin der Klägerin in die Lage versetzt, ihren Artikel an die der Klägerin anzuhängen und dabei in angemaßter, tatsächlich aber nicht bestehender Neutralität zu agieren. Das Verhalten der Beklagten sei vergleichbar mit dem Anbringen eines Werbung beinhaltenden Aufklebers auf Printpublikationen des Wettbewerbs. Die Klägerin werde zu einem unfreiwilligen Werkzeug der Verbreitung des Warnhinweises der Beklagten. Damit beute die Beklagte die publizistische Tätigkeit der Beklagten zur Generierung von Spendeneinnahmen aus. Seiner Instrumentalisierung als Verbreiter der Ansichten der Beklagten könne der teilungswillige Nutzer nur entgehen, wenn er den Beitrag nicht teile, womit die Beklagte die Verbreitung eines Inhalts der Klägerin behindere, was aber Kernbestandteil der Nutzung des sozialen Netzwerks sei. Die Beklagte sei in ihrer Eigenschaft als Wettbewerberin um Spenden und Zuwendungen ebenso wie aufgrund ideologischer Voreingenommenheit zudem nicht geeignet, neutral als „Faktenprüfer“ für Facebook zu agieren. Gleichwohl agiere die Beklagte als 14 O 181/19 - Seite 9 – vermeintlich neutraler Faktenprüfer und ein diesbezüglicher Eindruck werde durch die beklagtenseits verwendete Top-Level-Domain „.org“ untermauert. Vielmehr sei die streitgegenständliche Bewertung irreführend und wettbewerbswidrig. Der beklagtenseits herangezogene Anlass sei willkürlich gesucht und vorsätzlich irreführend, wenn der Begriff „Wissenschaftler“ in bestimmter, abweichender Weise definiert oder die Wissenschaftlichkeit der Äußerungen in dem in Bezug genommenen offenen Brief diskreditiert werde. Ferner bestehe auch eine intransparente Schieflage bei der Auswahl der Prüfobjekte, wenn die Beklagte etwa an anderer Stelle geltend mache, etablierte Medien nicht überprüfen zu wollen. Schließlich seien auch die Unternehmensinteressen von Facebook zu berücksichtigen, das, wie das Bundeskartellamt festgestellt habe, auf dem Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend sei und seine Marktmacht missbrauche. Die Klägerin habe demgegenüber keine Möglichkeit, den Monopolisten Facebook zu substituieren. Die Löschungspraxis von Facebook sei erratisch und voreingenommen, was einer objektiven Maßstäben verpflichteten Beurteilung ungeachtet eines Einflusses auf die Löschungspraxis im Einzelfall diametral entgegenstehe. Die streitgegenständliche Verknüpfung sei vor diesem Hintergrund unlauter und irreführend, aber auch unter dem Gesichtspunkt der schmarotzerischen Ausbeutung der Werbewirkung eines fremden Erzeugnisses wettbewerbswidrig. Die Verfügungsklägerin b e a n t r a g t : Im Wege der einstweiligen Verfügung wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), verboten - Seite 10 – 14 O 181/19 im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken das Posten und/oder Teilen eines Artikels der Antragstellerin durch Nutzer des sozialen Netzwerks Facebook mit den Hinweisen: „C[...]Fact-Check Nein: Es sind nicht ‚500 Wissenschaftler‘: Behauptungen teils falsch“ und/oder „Weitere Bewertung durch Faktenprüfer Bevor du diesen Inhalt teilst, solltest du wissen, dass es weitere Bewertungen von C[...] gibt“ C[...]Fact-Check Nein: Es sind nicht ‚500 Wissenschaftler‘; Behauptungen teils falsch“ zu verknüpfen und/oder verknüpfen zu lassen, wenn dies geschieht, wie unter facebook.com mit den hier eingeblendeten Hinweisen und/oder 14 O 181/19 - Seite 11 – geschehen. Die Verfügungsbeklagte b e a n t r a g t : den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der Verfügungsklägerin zurückzuweisen. Die Verfügungsbeklagte trägt vor: Eine geschäftliche Handlung der Beklagten liege bereits nicht vor. Sie handle nicht mit der Absicht, mit ihrer Tätigkeit bei Facebook den Wettbewerb über das mit der Wahrnehmung ihrer publizistischen Aufgabe zweckmäßige Maß hinaus zu eigennützigen wirtschaftlichen Zwecken zu fördern. Die Berichterstattung der Medien könne nicht mit wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen unterbunden werden. Die Beklagte handle allein aus journalistisch-redaktionellen Motiven in Bezug auf die Debatte um den Klimaschutz, und mithin in einer Angelegenheit, welche die Öffentlichkeit wesentlich berühre. Dass das Wettbewerbsverhältnis fehle, sei alleine schon dadurch belegt, dass jemand, der für Klägerin zu spenden bereit ist, niemals auf die Idee käme, für die Beklagte zu spenden. Bei der hiesigen Auseinandersetzung gehe es zudem nicht um den Wettbewerb um Spenden, Anzeigen werbender Unternehmen oder um zahlende 14 O 181/19 - Seite 12 – Abonnenten. Es gehe lediglich darum, dass die Klägerin auf einem bestimmten publizistischen Kanal eine fragwürdige These formuliert habe, der die Beklagte im selben Forum widerspreche. Die Klägerin sei vertraglich sowohl gegenüber Facebook als auch gegenüber der Beklagten zur Duldung des Hinweises verpflichtet und die Beklagte habe sich bei der streitgegenständlichen Bewertungshandlung an ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Facebook gehalten. Soweit die Klägerin behaupte, die Reichweite ihrer Meldung werde durch die streitgegenständliche Verknüpfung mit dem Faktencheck verringert, erkläre sich die Beklagte hierzu mit Nichtwissen. Die Klägerin sei durch den Hinweis auf Facebook allenfalls mittelbar betroffen. Die Beklagte tätige keine Aussage über die Klägerin. Der Beitrag der Beklagten befasse sich ausschließlich mit dem von der Klägerin in Bezug genommenen Offenen Brief der 500 Personen. Ein Unwerturteil über die Klägerin sei nicht enthalten. Ihr sozialer Geltungsanspruch werde dadurch mangels Betroffenheit nicht beeinträchtigt. Die streitgegenständliche Äußerung enthalte, zumal in der gebotenen Beurteilung im gesamten Kontext, auch keine unwahren Tatsachenbehauptungen, sondern – auch im Hinblick auf die Bildung des Begriffs des Wissenschaftlers anwendbare – Wertungen. Zur Tatsachenbehauptung mache dies auch nicht der Begriff des „Fact-Checks“. Soweit man schließlich in dem Beitrag der Beklagten einen Tatsachenkern im Hinblick auf die dortigen Äußerungen zum Klimawandel erkennen wollte, stimmte dieser mit der Wahrheit überein. Jedenfalls sei der Schutz des Art. 5 GG zu bedenken. Der kommerzielle Zusammenhang schließe nicht aus, dass die Veröffentlichung auch der Information der Allgemeinheit diene und der Schutz der Presse- und Meinungsfreiheit erstrecke sich auf kommerzielle Meinungsäußerungen mit wertendem, meinungsbildendem Inhalt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 14 O 181/19 - Seite 13 – Entscheidungsgründe I. Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat in der Sache keinen Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aufgrund des streitgegenständlichen Verhaltens kein Unterlassungsanspruch unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten aus §§ 4 Nr. 1, Nr. 3 lit. b, 5 Abs. 1 Nr. 1, 5a Abs. 6, 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 S. 1 UWG beziehungsweise deliktsrechtlich aus §§ 823, 826, 1004 BGB zu; ein Verfügungsanspruch i.S.d. §§ 935, 940 ZPO, 12 Abs. 2 UWG besteht mithin nicht. 1. Es kann dahinstehen, ob die Durchführung des Faktenchecks durch die Beklagte in Gestalt einer Verknüpfung ihres bewertenden Artikels mit demjenigen der Klägerin in der dargestellten Form für die Beklagte eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellt und von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG auszugehen ist, was jeweils durch die Klägerin zu beweisen bzw. vorliegend glaubhaft zu machen wäre (vgl. BGH, GRUR 2009, 871 Rn. 27 – Ohrclips). a) Eine „geschäftliche Handlung“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen oder fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Der Begriff der geschäftlichen Handlung dient insoweit dazu, den Anwendungsbereich des Lauterkeitsrechts gegenüber dem allgemeinen Deliktsrecht abzugrenzen (vgl. BGH, GRUR 2013, 945 Rn. 17, 23 – Standardisierte Mandatsbearbeitung). Deshalb ist das Merkmal des „objektiven Zusammenhangs“ funktional zu verstehen und setzt voraus, dass die Handlung bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet ist, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern (vgl. BGH, GRUR 2013, 945 Rn. 17 – Standardisierte Mandatsbearbeitung; BGH, GRUR 2010, 1117 14 O 181/19 - Seite 14 – Rn. 18 – Gewährleistungsausschluss im Internet; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2010, 47 [48] – Vergleich). Bei der Prüfung, ob vorliegend von einer geschäftlichen Handlung der Beklagten auszugehen ist, kann die Eigenschaft der Beklagten als – zumal gemeinnütziges – Medienorgan und der Inhalt des streitgegenständlichen Artikels der Beklagten, in welchem diese originär journalistisch informierend und meinungsbildend und mithin im Rahmen ihrer besonderen Aufgabe, die Öffentlichkeit über Vorgänge von allgemeiner Bedeutung zu unterrichten und zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen, tätig wird, nicht aus dem Blick genommen werden. Die in Artikel 5 GG sowie Art. 11 GRCh und Art. 10 EMRK verbürgte Presse-, Rundfunk- und Meinungsfreiheit ist insoweit bei der Anwendung des Lauterkeitsrechts zu berücksichtigen und wirkt bereits bei der Auslegung der wettbewerbsrechtlichen Vorfrage des Vorliegens einer geschäftlichen Handlung ein (vgl. BVerfGK 11, 409 = GRUR 2008, 81 [83] – Pharmakartell; BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 15 – Coaching-Newsletter; BGH, GRUR-RR 2016, 410 Rn. 11 – Dr. Estrich; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 2 Rn. 63; MüKoUWG/Bähr, 3. Aufl. 2020, UWG § 2 Rn. 178). Im Ausgangspunkt ist dabei zu sehen, dass jede redaktionelle, funktionsgerechte und erlaubte Berichterstattung eines Medienorgans objektiv auch die Wirkung haben kann, die eigene Wettbewerbslage im Verhältnis zu anderen Medienunternehmen zu verbessern oder zu behaupten (vgl. bereits BGH, GRUR 1990, 373 – Schönheits-Chirurgie). Dies kann allerdings nur eine notwendige Begleiterscheinung funktionsgerechten Pressehandelns darstellen und es kann daher hierin nicht per se der Zweck des Handelns gesehen werden, weil ungeachtet der objektiven Eignung zur Wettbewerbsförderung der Grund für die gewählte Berichtsform in dem Anliegen der Presse zu sehen sein kann, die Öffentlichkeit über eine Angelegenheit von allgemeiner Bedeutung zu unterrichten. Die Beklagte kommt im Rahmen ihrer Aufgabe als – zumal gemeinnütziges – Medienunternehmen, die Öffentlichkeit über Vorgänge von allgemeiner Bedeutung zu unterrichten und zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen, nach. Zur Aufgabe der öffentlichen Medien gehört auch die Medienkritik (vgl. BGH, GRUR 2000, 703 (706) – Matt- 14 O 181/19 - Seite 15 – scheibe), deren Eigenschaft es gerade ist, mittelbar zugleich im Wettbewerb zwischen den betroffenen Medien Auswirkungen zu zeitigen. Andernfalls bedeutete dies, dass den öffentlichen Medien die grundrechtlich geschützte Befugnis zur kritischen Berichterstattung wettbewerbsrechtlich entzogen werden könnte, wenn sie ein anderes Medienunternehmen oder dessen Berichterstattung trifft. Vielmehr ist auch insoweit eine geschäftliche Handlung erst zu bejahen, wenn die Wahrnehmung der Informations- und Pressefreiheit hinter der erkennbaren Absicht, den Absatz des eigenen Presseerzeugnisses zu fördern, zurücktritt und Verleger, Redakteure oder Journalisten über stets aus der Berichterstattung selbst folgende Reflexe hinaus zur Förderung des Wettbewerbs des eigenen Medienunternehmens oder eines anderen Unternehmens handeln. Ein objektiver Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes ist daher zu verneinen, wenn der redaktionelle Beitrag nur der Information und Meinungsbildung der Adressaten dient (vgl. Begr. RegE UWG 2008 zu § 2, BT-Drs. 16/10145, 21; BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 15 – Coaching-Newsletter; BGH, GRUR-RR 2016, 410 Rn. 11 – Dr. Estrich; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 2 Rn. 67; sowie jeweils zur – indes im Ergebnis nicht abweichenden [vgl. BGH, GRUR 2013, 301 Rn. 18 – Solarinitiative] – Rechtslage vor dem UWG 2008 und der insoweit seitens der Rechtsprechung verneinten Vermutung der Wettbewerbsabsicht BGH GRUR 1980, 311 – Pressebericht in eigener Sache; BGH, GRUR 1982, 234 [235] – Großbankenrestquoten; BGH, GRUR 1986, 812 [813] – Gastrokritiker; BGH, GRUR 1990, 973 – Schönheits-Chirurgie; BGH, GRUR 1995, 270 [272] - Dubioses Geschäftsgebaren; GRUR 2000, 703 [706] – Mattscheibe; BGH, GRUR 2006, 875 Rn. 23 – Rechtsanwalts-Ranglisten; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2002, 1695). Auch als Geschäftspraktik i. S. von Art. 2 lit. d Richtlinie 2005/29 sind Veröffentlichungen mit informativem und darstellendem redaktionellem Inhalt in den Medien nur dann anzusehen, wenn sie geeignet sind, die Veröffentlichung selbst bzw. das dahinterstehende Medium zu bewerben (vgl. EuGH, GRUR 2013, 1245, C-391/12 RLvS Verlagsgesellschaft mbH/Stuttgarter Wochenblatt GmbH [Good News] Rn. 39). Allerdings ist vorliegend zu sehen, dass die Beklagte im Rahmen des Faktenchecks nicht nur – was nach dem oben Gesagten für sich nicht für eine geschäftliche Handlung hinreichen würde – schlicht medienkritisch im Hinblick auch auf die 14 O 181/19 - Seite 16 – Klägerin auf ihrer Internetseite publiziert, sondern zum einen gezielt ihren Artikel mit dem eines generellen publizistischen Mitbewerbers (hierzu sogleich) mit der Folge einer verbesserten Wahrnehmbarkeit ihres Beitrags und jedenfalls potentiellen Auswirkungen auf die Reichweite des anderen Beitrags verknüpft und zum anderen für den streitgegenständlichen Faktencheck unstreitig eine Aufwandsentschädigung in unbekannter, nach Maßgabe des Klägervortrags jedenfalls sechsstelliger Höhe erhält. Zudem wirbt sie auf ihrer Internetseite und auch im unmittelbaren Zusammenhang – ebenso wie die Klägerin – sodann im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Artikel für Spenden und Zuwendungen. Sie verfolgt damit über ihre ideelle, rein journalistische Zwecksetzung hinaus durchaus auch eigene erwerbswirtschaftliche Ziele, wenn auch nicht zu verkennen ist, dass das Vorliegen genereller erwerbswirtschaftlicher Ziele eines Mediums per se die Medienprivilegierung nicht in Frage stellen würde, weil selbstverständlich auch kommerzielle Medien den Schutz der Pressefreiheit genießen und auch ihre Publikationen wettbewerbsrechtlich privilegiert sein können. Dass die Beklagte – anders als die Klägerin – eine gemeinnützige Gesellschaft und daher per se nicht gewinnorientiert ist, stellt das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung nicht unbedingt in Frage, da zwar gemeinnützige, nicht auf einen wirtschaftlichen Betrieb ausgerichtete Einrichtungen grundsätzlich nicht geschäftlich i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG handeln, dies aber abweichend zu beurteilen sein kann, wenn sich das Handeln gemeinnütziger Einrichtungen im konkreten Fall als erwerbswirtschaftlich darstellt (vgl. BGH, GRUR 1981, 823 – Ecclesia-Versicherungsdienst; BGH, GRUR 1990, 522 – HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz). Ob und wann schließlich auch das Handeln mit dem Ziel der Einwerbung von Spenden zu eigenen Zwecken eine geschäftliche Handlung darstellt, ist umstritten, wenn damit zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens der Absatz oder der Bezug von Waren oder die Erbringung oder der Bezug von Dienstleistungen – auch in Gestalt der Entlohnung der Bediensteten – gefördert wird (vgl. LG Berlin, WRP 2012, 237 Rn. 6 ff; LG Köln, GRUR-RR 2008, 198; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 2 Rn. 41; MüKoUWG/Bähr, 3. Aufl. 2020, UWG § 2 Rn. 76). 14 O 181/19 - Seite 17 – Mit dem streitgegenständlichen, gegen Aufwandsentschädigung erbrachten Faktencheck auf einem mit Marktmacht ausgestatteten sozialen Netzwerk und der Verknüpfung ihrer Inhalte mit der Werbung eines Mitbewerbers bewegt sich die Beklagte mithin an der Grenze der in der Rechtsprechung etablierten Kontrapunkte der Beurteilung von Medienveröffentlichungen als geschäftliches Handeln i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bedarf diese grundsätzliche Frage, ob mit der konkreten Verfahrensweise des Faktenchecks auch unter Berücksichtigung der Wertungen der Artikel 5 GG sowie Art. 11 GRCh und Art. 10 EMRK eine geschäftliche Handlung der Beklagten anzunehmen ist, keiner abschließenden Klärung, da ein Verfügungsanspruch jedenfalls mangels unlauteren Handelns der Beklagten aus den nachfolgend unter Ziff. 2 dargelegten Gründen im Ergebnis nicht besteht. b) Gleiches gilt für die Frage des Vorliegens eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses. Zwar sind die Parteien generell Mitbewerber auf dem Markt publizistischer Leistungen. Die Mitbewerbereigenschaft eines Unternehmers i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG lässt sich allerdings nicht abstrakt feststellen, sondern ist handlungsbezogen unter Anknüpfung an die jeweilige konkrete geschäftliche Handlung festzustellen (vgl. BGH, GRUR 2014, 573 Rn. 17 – Werbung für Fremdprodukte; BGH, GRUR 2017, 918 Rn. 16 – Wettbewerbsbezug; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 2 Rn. 98). Vom erforderlichen konkreten Wettbewerbsverhältnis ist auszugehen, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann (vgl. BGHZ 168, 314 = GRUR 2006, 1042 Rn. 14 – Kontaktanzeigen; BGH, GRUR 2012, 193 – Sportwetten im Internet II; BGH, GRUR 2017, 918 Rn. 16 – Wettbewerbsbezug). Da im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen sind (vgl. BGH, GRUR 2017, 918 Rn. 16 – Wettbewerbsbezug), reicht es hierfür aus, dass sich der Verletzer durch 14 O 181/19 - Seite 18 – seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stellt (vgl. BGHZ 93, 96 [97 f.] = GRUR 1985, 550 – DIMPLE; BGH, GRUR 2014, 1114 Rn. 32 – nickelfrei). Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist daher anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (vgl. BGH, GRUR 2014, 1114 Rn. 32 – nickelfrei; BGH, GRUR 2015, 1129 Rn. 19 – Hotelbewertungsportal), wobei nicht ausreichend ist, wenn die Maßnahme den anderen nur irgendwie in seinem Marktstreben betrifft und zwar eine Beeinträchtigung vorliegt, es aber an jeglichem Konkurrenzmoment im Angebots- oder Nachfragewettbewerb fehlt (vgl. BGH, GRUR 2014, 573 Rn. 20 f. – Werbung für Fremdprodukte; BGH, GRUR 2014, 1114 Rn. 32 – nickelfrei; BGH, GRUR 2017, 918 Rn. 16 – Wettbewerbsbezug). Unerheblich ist, ob sich der Kundenkreis und das Angebot von Waren und Dienstleistungen völlig oder nur teilweise decken (vgl. BGH, GRUR 2007, 1079 Rn. 22 – Bundesdruckerei; BGH, GRUR 2014, 573 Rn. 15 – Werbung für Fremdprodukte). Nimmt man das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung nach dem oben Gesagten an, so dürfte im Hinblick auf die generelle Mitbewerbereigenschaft auf dem Markt für journalistische Berichterstattung im Internet und die potentielle Einwirkung auf die Reichweite der Klägerin einerseits sowie die Erweiterung der Reichweite des Beitrags der Beklagten andererseits eine Wechselwirkung zwischen der Förderung des eigenen Wettbewerbs der Beklagten und der Beeinträchtigung des Wettbewerbs der Klägerin nicht zu verneinen sein. Dies bedarf jedoch nach dem Gesagten ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung, da sich das Handeln der Beklagten jedenfalls aus den nachfolgenden Gründen als wettbewerbsrechtlich lauter erweist. 2. Das streitgegenständliche Verhalten der Beklagten im Rahmen des Faktenchecks ist nicht unlauter i.S.d. § 4 Nr. 1 UWG infolge Herabsetzung oder Verunglimpfung der Leistungen der Klägerin im Rahmen des streitgegenständlichen Faktenchecks. 14 O 181/19 - Seite 19 – a) Herabsetzung ist die sachlich nicht gerechtfertigte Verringerung der Wertschätzung des Mitbewerbers, seines Unternehmens oder seiner Leistungen durch ein abträgliches Werturteil oder eine abträgliche wahre oder unwahre Tatsachenbehauptung. Verunglimpfung ist eine gesteigerte Form der Herabsetzung und besteht in der Verächtlichmachung des Mitbewerbers ohne sachliche Grundlage (BGH, GRUR 2018, 622 Rn. 15 – Verkürzter Versorgungsweg II; BGH, GRUR 2016, 710 Rn. 38 – Im Immobiliensumpf mwN). Ob eine Herabsetzung oder Verunglimpfung vorliegt, beurteilt sich ungeachtet der Absicht des äußernden Mitbewerbers nach dem Sinngehalt der Äußerung im Eindruck der angesprochenen oder erreichten Verkehrskreise aus der Sicht des durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten (vgl. BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 22 – Coaching-Newsletter; BGH, GRUR 2005, 609 [610] Sparberater II). Dies erfordert eine Gesamtwürdigung, bei der die Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Inhalt und die Form der Äußerung, ihr Anlass und der Zusammenhang, in den sie gestellt ist sowie die Verständnismöglichkeiten des angesprochenen Verkehrs zu berücksichtigen sind. Die Unzulässigkeit einer Äußerung darf also nicht aus den gewählten Formulierungen allein gefolgert werden; vielmehr sind sie im Gesamtzusammenhang zu betrachten und es ist eine Gesamtabwägung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen (vgl. BGH, GRUR 2018, 622 Rn. 35, 40 – Verkürzter Versorgungsweg II; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 1.13). Bei der Würdigung sind nicht nur die unmittelbaren Äußerungen, sondern auch Links auf andere Äußerungen einzubeziehen, soweit sie erkennbar als Beleg und Ergänzung dienen sollen (vgl. BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 23, 24 – Coaching-Newsletter). Im Rahmen der Gesamtwürdigung sind auch die widerstreitenden Interessen und die betroffenen Grundrechte der Beteiligten, nämlich die Meinungsfreiheit des Äußernden (Art. 5 Abs.1 GG) und der Schutz des geschäftlichen Rufs des Mitbewerbers nach Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 GG, zu berücksichtigen (vgl. BGH, GRUR 2018, 622 Rn. 15, 31 – Verkürzter Versorgungsweg II; BGH, GRUR 2016, 710 Rn. 38 – Im Immobiliensumpf; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 1.13). Ein beeinträchtigendes Werturteil kann danach umso eher zulässig sein, je nützlicher die Information für den Adressatenkreis ist oder je mehr aus anderen Gründen ein berechtigtes Informationsinteresse oder hinreichender Anlass für die Kritik besteht 14 O 181/19 - Seite 20 – und je sachlicher die Kritik präsentiert bzw. in welchem Maß der Mitbewerber beeinträchtigt wird (vgl. BGH, GRUR 2018, 622 Rn. 35 – Verkürzter Versorgungsweg II). Demgegenüber ist der Schutz der Pressefreiheit allerdings umso geringer, je weniger ein Presseerzeugnis der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von öffentlichem Interesse oder der Einwirkung auf die öffentliche Meinung dient und je mehr es eigennützige Geschäftsinteressen verfolgt (vgl. BGH, GRUR 2015, 906 Rn. 37 – TIP der Woche). b) Auf Grundlage dieser Güter- und Interessenabwägung ist das beanstandete Verhalten nach gebotener Gesamtwürdigung nicht als unlauter i.S.d. § 4 Nr. 1 UWG zu untersagen. aa) Zweifelsohne wird der angesprochene, an der Lektüre oder gar am Teilen des klägerischen Artikels auf Facebook potentiell interessierte Verkehr, wird er mit der Bewertung der Beklagten als „Faktenprüferin“ mit „teils falsch“ konfrontiert, den so gewonnenen Blickwinkel an den Artikel der Klägerin ansetzen und mithin diese klägerseits angebotene Leistung nicht ausschließbar zunächst mit verringerter Wertschätzung bedenken, kann er doch unter dem Blickwinkel der Recherche oder der inhaltlichen Darstellung an der der journalistischen Leistung der Klägerin zweifeln. bb) Dies erweist sich allerdings in der gebotenen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung der legitimen Interessen von Facebook und der Beklagten im Hinblick auf deren Interesse an der öffentlichen Information und Meinungsbildung der Leser nicht als unlauter. cc) Bei dem Inhalt des verlinkten Beitrags der Beklagten – dessen Inhalt als Kontext des beanstandeten Verhaltens der Beklagten zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 22, 23 – Coaching-Newsletter) – handelt es sich um Äußerungen, die in den sachlichen Schutzbereich der Meinungs- und Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG fallen. Ansprüche gegen ein Presseunternehmen auf Unterlassung einer bestimmten Veröffentlichung betreffen die Zulässigkeit einer bestimmten Äußerung. Diese beurteilt sich nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, auch wenn sie in 14 O 181/19 - Seite 21 – der Presse veröffentlicht wird (vgl. BVerfGE 85, 1 [12f.] = NJW 1992, 1439; BVerfGE 95, 28 [34] = NJW 1997, 386; BVerfGE 97, 391 [400] = NJW 1998, 2889). Maßgeblich ist insoweit die Differenzierung zwischen Tatsachenbehauptung und Werturteil. Tatsachen sind Vorgänge oder Zustände, deren Vorliegen dem Wahrheitsbeweis zugänglich ist. Werturteile sind hingegen durch das Element des Wertens, Meinens und Dafürhaltens gekennzeichnet (vgl. BVerfGE 61, 1 [8] = NJW 1983, 1415; BVerfGE 90, 241 [247] = NJW 1994, 1779). Die Einstufung einer Äußerung bestimmt sich danach, wie der angesprochene Verkehr sie nach Form und Inhalt in ihrem Gesamtzusammenhang versteht (vgl. BGH, GRUR 2016, 710 Rn. 23 – Im Immobiliensumpf). Vermengt eine Äußerung Tatsachen und Meinungen, so kommt es für die Anwendung des Art. 5 Abs. S. 1 GG darauf an, ob sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird. Bei der Bewertung, bei den 500 Unterzeichnern des Offenen Briefs, der Gegenstand des klägerischen Artikels ist, handle es sich nach Maßgabe der beklagtenseits offen gelegten Definition nicht, wie klägerseits bereits in der Überschrift angegeben, sämtlich um Wissenschaftler im eigentlichen Sinne, ist als Stellungnahme des Dafürhaltens und Meinens als wertend und daher als Meinungsäußerung anzusehen. Gleiches gilt für die offenkundige Bewertung der Beklagten, es mangle dem Offenen Brief an Wissenschaftlichkeit. Es wird klägerseits auch nicht konkret geltend gemacht, dass der Artikel – und sei es als Tatsachenkern – unwahre Aussagen enthalte. Auch die Einstufung als „teils falsch“ kann nicht ohne den Kontext des Artikels der Beklagten bewertet werden und muss daher – auch in der Zusammenschau mit der hervorgehobenen und im Verkehr den Eindruck von Tatsachenbehauptungen hervorrufenden, indes äußerungsrechtlich für sich privilegierten Überschrift „Fact Check“ – als Meinungsäußerung der Beklagten angesehen werden. Im Falle einer solchermaßen engen Verknüpfung von Tatsachenbehauptung und Bewertung darf der Grundrechtsschutz nicht dadurch verkürzt werden, dass ein tatsächliches Element („Faktencheck“) aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet wird oder durch die Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile einer Äußerung ihr Sinn verfälscht wird (vgl. BVerfG, ZUM 2013, 793 Rn. 18; BGH, GRUR 2016, 710 Rn. 23 – Im Immobiliensumpf). 14 O 181/19 - Seite 22 – Die angegriffenen Äußerungen sind danach als Meinungsäußerungen zu bewerten. Es handelt sich um wertende Argumente, die im Rahmen der Debatte um den Offenen Brief der 500 Unterzeichner – und dahinter stehend im Rahmen der im öffentlichen Interesse stehenden Debatte um den Klimawandel – in dem Presseartikel ausgetauscht werden. Die Aussagen enthalten zwar einen Tatsachenkern, sind aber ganz überwiegend von wertenden Begriffen geprägt. Die klägerseits angestrebte Verurteilung zur Unterlassung dieser Äußerungen griffe in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG ein. dd) Das Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranke in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die lauterkeitsrechtlichen Bestimmungen des UWG gehören, die ihrerseits allerdings im Lichte der Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 GG auszulegen und daher in ihrer dieses Grundrecht beschränkenden Wirkung selbst einzuschränken sind (vgl. BVerfGK 11, 409 = GRUR 2008, 81 [82] – Pharmakartell, BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 31 – Coaching-Newsletter; GRUR 2016, 710 Rn. 46 – Im Immobiliensumpf; BGH, GRUR 2018, 622 Rn. 31 – Verkürzter Versorgungsweg II). Eine Einschränkung des Grundrechts der Meinungsfreiheit durch lauterkeitsrechtliche Bestimmungen setzt deshalb die Feststellung einer Gefährdung des an der Leistung orientierten Wettbewerbs voraus (vgl. BVerfG, GRUR 2002, 455 [456] – Tier- und Artenschutz). Bei werblichen Äußerungen über Themen von erhöhter gesellschaftlicher, politischer oder sozialer Bedeutung, die zum geistigen Meinungskampf in der Öffentlichkeit anregen sollen, unterliegt der Nachweis einer solchen Gefährdung besonderen, im Rahmen der Gesamtabwägung festzustellenden Anforderungen (vgl. BVerfGE 107, 275 [281] = GRUR 2003, 442 – Benetton-Werbung II), soweit nicht ausnahmsweise bereits der Charakter der herabsetzenden Äußerungen als Formalbeleidigung oder Schmähung zum Überwiegen der Belange des Ehrenschutzes führt (vgl. BVerfGE 93, 266 [294] = NJW 1995, 3303; BGH, GRUR 2018, 622 Rn. 31 – Verkürzter Versorgungsweg II). Der Schutz der Meinungs- und Pressefreiheit erstreckt sich auch auf kommerzielle Meinungsäußerungen sowie reine Wirtschaftswerbung, die einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat (BVerfG GRUR 2001, 170 – Schockwerbung). 14 O 181/19 - Seite 23 – (1) Insoweit ist in der Abwägung freilich von Gewicht, dass die Klägerin durch den Faktencheck in ihrem Recht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG und als Medienunternehmen ebenso in deren Grundrechtsposition aus Art. 5 Abs. 1 GG betroffen ist und in ihren Werbemöglichkeiten und möglicherweise auch in der Reichweite ihrer Werbung eingeschränkt wird. Bei der Beurteilung der Eingriffsintensität ist überdies – wenn dies auch für den lauterkeitsrechtlichen Tatbestand bei § 4 Nr. 1 UWG selbst noch keine, sondern erst bei § 4 Nr. 4 UWG eine Rolle spielt – zu sehen, dass die streitgegenständliche unmittelbare technische Verknüpfung des Ergebnisses des Faktenchecks mit dem Beitrag der Klägerin, und insbesondere im Rahmen der Einwirkung auf den zum Teilen des Beitrags bereiten Nutzer, die Klägerin in ihrer Werbung auf Facebook für ihren Artikel nicht unerheblich trifft. Anders als bei auf einer anderen Internetseite vorgehaltenen Kritik am Mitbewerber, ist solcherart nämlich stets die Kenntnisnahme der Äußerungen der Beklagten durch jeden Nutzer möglich, der den streitgegenständlichen werbenden Beitrag der Klägerin betrachtet. Andererseits bedarf es im Regelfall bei der Kenntnisnahme des Beitrags auf dem Profil der Klägerin zunächst noch eines Klicks auf die Schaltfläche „i“, was jedenfalls nur ein Teil des angesprochenen Verkehrs tun wird. (2) In der Abwägung der widerstreitenden Interessen ist dies von der Klägerin jedoch hinzunehmen. Gegenüber der möglicherweise verbleibenden Herabsetzung der Leistung der Klägerin überwiegt die Rechtsposition der Beklagten. Die Beklagte kommt durch den Faktencheck ihrer Aufgabe als – zumal gemeinnütziges – Medienunternehmen nach, die Öffentlichkeit über Vorgänge von allgemeiner Bedeutung zu unterrichten und zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen. Zur Aufgabe der öffentlichen Medien gehört auch die Medienkritik (vgl. BGH, GRUR 2000, 703 [706] – Mattscheibe), deren Eigenschaft es gerade ist, mittelbar zugleich im Wettbewerb zwischen den betroffenen Medien Auswirkungen hervorzurufen. Medienkritik durch andere Medienunternehmen, bei denen die Absicht, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken, ganz im Vordergrund steht, ist daher grundsätzlich selbst dann zulässig, wenn sie subjektiv einseitig zum Nachteil 14 O 181/19 - Seite 24 – eines Mitbewerbers erfolgt (vgl. BGH, GRUR 2000, 703 [706] – Mattscheibe; GRUR 2018, 622 Rn. 42 – Verkürzter Versorgungsweg II). Im Rahmen dieser Aufgabe der Medien ist ferner zu berücksichtigen, dass Teil der öffentlichen Meinungsbildung auch die von der Richtlinie 2010/13/EU über audiovisuelle Mediendienste sowie von der Richtlinie (EU) 2018/1808 vom 14.11.2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU auch im Hinblick auch auf Medienintermediäre, also auch Facebook (vgl. Erwägungsgründe 4, 16, 25, 54 und 59), europarechtlich determinierte Aufgabe ist, Einzelpersonen und die Gesellschaft so vollständig wie möglich und mit dem größtmöglichen Grad an Vielfalt zu informieren und Bürgern zu ermöglichen, auf verantwortungsvolle und sichere Weise auf Informationen zugreifen und Medieninhalte zu verwenden, kritisch zu beurteilen, Medienkompetenz zu erwerben und zwischen Meinungen und Tatsachen zu unterscheiden (vgl. Erwägungsgründe 54 und 59 der Richtlinie EU 2018/1808). Medienintermediäre wie u.a. Facebook sind ein wichtiger Faktor für die öffentliche Meinungsbildung. Sie machen als sog. „Gatekeeper“ den Nutzern allerdings nur die Inhalte wahrnehmbar, die nach ihren algorithmisch berücksichtigten Kriterien für diese im Einzelnen relevant sind. Es besteht daher die Gefahr der Erzeugung sog. „Echokammern“ und „Filterblasen“ (vgl. Schwartmann/Hermann/Mühlenbeck: Eine Medienordnung für Intermediäre, MMR 2019, 498). Die Vermeidung solcher mit tatsächlichen Gefahren verbundenen „Filterblasen“ ist vor diesem Hintergrund gerade Aufgabe von Medien und ein legitimes Ziel der Beklagten in der Zusammenarbeit mit Facebook. Die beanstandete Verhaltensweise der Beklagten und ihre Äußerungen erweisen sich unter dem Gesichtspunkt der Einwirkung auf den Wettbewerb vor diesem Hintergrund als moderat. Zum einen wird der angesprochene Verkehr sich zu Informationszwecken beide Artikel betrachten, veranlasst doch der Faktencheck eines bestimmten Artikels den Verkehr dazu, die Artikel gerade im Vergleich zueinander zur Kenntnis nehmen zu wollen, weil auch der Faktencheck-Artikel selbst ohne den konkreten Bezug der Lektüre nicht bedürfte. Dies wird dem Verkehr durch die konkrete Ausgestaltung der Verknüpfung auf Facebook auch nahegelegt, wenn der Faktencheck-Artikel der Beklagten unter der Überschrift „Mehr zum Thema“ – 14 O 181/19 - Seite 25 – also für den angesprochenen Verkehr ersichtlich ergänzend zum Artikel der Klägerin – beworben wird. Hiernach wird der angesprochene Verkehr erkennen, dass die Bewertung der Beklagten nicht auf pauschaler Abwertung, sondern auf konkret dargelegten unterschiedlichen Auslegungen des Offenen Briefs beruht. Soweit sie Aussagen im klägerischen Artikel als „teils falsch“ bewertet, werden die Hintergründe erläutert. Der Artikel der Beklagten selbst ist sachlich gehalten. Ausgehend hiervon wird der Verkehr angeleitet, sich selbst eine eigenständige Auffassung über den Inhalt des Artikels der Klägerin zu bilden, die nicht auf beklagtenseits vermittelter verringerter Wertschätzung als solches beruht. Zum anderen aber begibt sich die Klägerin selbst mit ihrer meinungsbildenden Publikation im Rahmen ihrer aus Art. 5 Abs. 1 folgenden Grundrechtsposition in die öffentliche mediale Auseinandersetzung. Mit dem Klimawandel ist vorliegend ein Thema betroffen, das Gegenstand stetiger gesellschaftlicher und politischer Debatte und Meinungsbildung ist. Dies birgt stets die hinzunehmende Möglichkeit, dass Dritte – auch Mitbewerber – an den veröffentlichten Beiträgen Anstoß nehmen und sie, auch kritisch, zum Gegenstand der Debatte in der öffentlichen Meinungsbildung machen (vgl. BVerfG, NVwZ 2016, 761 Rn. 25). In der gebotenen Gesamtwürdigung erweisen sich daher die streitgegenständlichen Äußerungen der Beklagten im Rahmen des Faktenchecks nicht als herabsetzend oder verunglimpfend i.S.d. § 4 Nr. 1 UWG. Die plakative, aber sachlich begründete Kritik der Klägerin stellt unter Berücksichtigung der Meinungs- und Pressefreiheit der Beklagten einerseits und der Berufsfreiheit der Klägerin sowie dem Schutz des Wettbewerbs i.S.d. § 1 UWG andererseits angesichts des Inhalts der Publikation keine unlautere Herabsetzung der Klägerin dar. Bei der Gewichtung der Meinungsäußerungsfreiheit gegenüber anderen Grundrechtspositionen ist zu berücksichtigen, ob von dem aus Art. 5 Abs. GG folgenden Grundrecht im Zusammenhang mit einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage Gebrauch gemacht wird. Je mehr das Interesse der sich Äußernden auf politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit gerichtet ist, desto eher ist ihre Äußerung in Abwägung mit anderen Belangen gerechtfertigt (vgl. BVerfGK 11, 409 = GRUR 2008, 81 [83] – Pharmakartell; BGH, GRUR 2018, 622 Rn. 35 – Verkürzter Versorgungsweg II). So liegt es hier. 14 O 181/19 - Seite 26 – Ob schließlich die Beklagte die Möglichkeit zu dieser – nach allem nicht nach Maßgabe des § 4 Nr. 1 UWG als unlauter anzusehenden – Äußerung über den Artikel der Klägerin nur durch Ausnutzung einer ihr durch Facebook vermittelten Marktposition und unter unlauterer Erzielung eigener Wettbewerbsvorteile erlangt, ist keine Frage des § 4 Nr. 1 UWG, sondern des § 4 Nr. 4 UWG (hierzu sogleich). 3. Der streitgegenständliche Faktencheck erweist sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt gezielter Mitbewerberbehinderung als unlauter i.S.d. § 4 Nr. 4 UWG. a) Unter Behinderung ist die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Mitbewerbers zu verstehen (vgl. BGHZ 148, 1 = GRUR 2001, 1061 [1062] – Mitwohnzentrale.de; BGH, GRUR 2002, 902 [905] – Vanity-Nummer; BGH, GRUR 2004, 877 [879] – Werbeblocker I), wenn sie über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (stRspr; vgl. BGH, GRUR 2011, 1018 Rn. 65 – AutomobilOnlinebörse; BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 14 – Fremdcoupon-Einlösung; BGH, GRUR 2017, 397 4 Rn. 49 – World of Warcraft II; BGH, GRUR 2018, 317 Rn. 12 – Portierungsauftrag). Auch insoweit ist ein unlauteres Handeln der Beklagten im Ergebnis zu verneinen. b) Die streitgegenständliche Verknüpfung des Faktenchecks der Beklagten mit dem klägerischen Beitrag erweist sich nicht unter dem Gesichtspunkt des Ausspannens oder Abfangens von Kunden durch die Beklagten unlauter. 14 O 181/19 - Seite 27 – aa) Zunächst gehören das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Ausspannen sowie Abfangen von Kunden grundsätzlich zum Wesen des Wettbewerbs. Eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers liegt deshalb erst vor, wenn auf Kunden, die bereits dem Wettbewerber zuzurechnen sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Abfangende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung seines Entschlusses aufzudrängen, die Waren oder Dienstleistungen des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen (stRspr; vgl. BGH, GRUR 2012, 645 Rn. 17 – Mietwagenwerbung; BGH, GRUR 2014, 393 Rn. 35 – wetteronline.de; BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 16 – Fremdcoupon-Einlösung; BGH, GRUR 2018, 317 Rn. 13 – Portierungsauftrag). bb) Vorliegend ist im Ausgangspunkt bereits zu sehen, dass die streitgegenständliche Verknüpfung des Artikels der Klägerin mit demjenigen der Beklagten auch unter Berücksichtigung des weiteren Aussagegehalts des Beitrags der Beklagten („Fact -Check – teils falsch“) nicht im Sinne einer Wechselwirkung dahinführt, dass der angesprochene Verkehr sich dem Artikel der Beklagten zu- und zwingend im selben Zuge – abwerbungsgleich – vom Artikel der Klägerin abwendet. Daher kommt es schon nicht darauf an, ob und gegebenenfalls ab welchem Zeitpunkt der Leser bzw. Teilende als ein der Klägerin zuzurechnender „Kunde“ anzusehen ist (vgl. BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 17 – Fremdcoupon-Einlösung). Vielmehr wird der angesprochene Verkehr sich zu Informationszwecken beide Artikel betrachten, veranlasst doch der Fakten-Check eines bestimmten Artikels den Verkehr dazu, die Artikel gerade im Vergleich zueinander zur Kenntnis nehmen zu wollen, weil auch der Faktencheck-Artikel selbst ohne den konkreten Bezug der Lektüre nicht bedürfte und wird dies doch dem Verkehr durch die konkrete Ausgestaltung der Verknüpfung auf Facebook auch durch die Überschrift „Mehr zum Thema“ – also für den angesprochenen Verkehr ersichtlich ergänzend zum Artikel der Klägerin – nahegelegt. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist insoweit anerkannt, dass eine unlautere Behinderung i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 4 UWG zu verneinen ist, wenn der angesprochene Verkehr zwar durch wettbewerbsrelevantes Handeln auf eine andere Internetseite als die des Mitbewerbers gelenkt wird, aber aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht angenommen werden kann, dass ein erheblicher Teil 14 O 181/19 - Seite 28 – der Nutzer deshalb von der Nutzung der Internetseite des Mitbewerbers absehen werde (vgl. BGH, GRUR 2014, 393 Rn. 48 – wetteronline.de). Der Nutzer wird von der fremden Werbung nicht ab-, sondern lediglich (auch) zur eigenen Werbung hingelenkt (vgl. BGHZ 148, 1 = GRUR 2001, 1061 [1063] – Mitwohnzentrale.de; OLG Karlsruhe, MMR 2008, 105 [107]). Dies unterscheidet den vorliegenden Fall auch von dem klägerseits geltend gemachten Vergleich eines Aufklebers auf einem Printmedium der Konkurrenz. Betroffen ist hier zum einen nicht das Produkt selbst, sondern nur die Werbung (hierzu sogleich), zum anderen wird zu Gunsten des Marktüberblicks über entsprechende Veröffentlichungsangebote lediglich ein weiteres Angebot dieser Werbung beigefügt, damit der angesprochene Verkehr seine Wahl treffen kann. Treffender ist daher der beklagtenseits in der mündlichen Verhandlung geprägte Vergleich mit einer Pinnwand, auf welcher im Umfeld eines Angebots der Klägerin ein die klägerische Leistung bewertendes Angebot eines Mitbewerbers angepinnt und zur vergleichenden Lektüre beider Artikel aufgefordert wird. cc) Allerdings ist es unlauter, wenn das betreffende Verhalten zwar nicht auf eine Änderung des Kundenentschlusses selbst gerichtet ist, derjenige, der eine zur Ausführung des Entschlusses des Kunden notwendige Mitwirkungshandlung vornehmen muss, aber diese entgegen des Kundenwunsches so vornimmt, dass der Kunde auf sein Unternehmen umgelenkt wird (vgl. BGH, GRUR 2007, 987 Rn. 32 – Änderung der Voreinstellung I; BGH, GRUR 2009, 876 Rn. 22 – Änderung der Voreinstellung II; BGH, GRUR 2018, 317 Rn. 13 – Portierungsauftrag). Auch diese Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor. Zwar wird der angesprochene Verkehr, der den klägerischen Beitrag teilen will, im Rahmen der durch Facebook erforderlichen technischen Mitwirkungshandlung beim Teilen durchaus dazu angehalten, diese Entscheidung nach Lektüre des Artikels der Beklagten zu überdenken („trotzdem teilen“). Vom Teilen abgehalten, gar in ihm technisch nicht offenbarter Weise, wird er ebenso wie von der Lektüre des klägerischen Artikels nicht. Gleiches gilt letztlich unter diesem Blickwinkel auch für das Anhängen des Beitrags der Beklagten an den geteilten Beitrag im Profil des Teilenden, die sich erst im Anschluss an das bereits erfolgte Teilen zeigt. 14 O 181/19 - Seite 29 – dd) Eine unlautere Behinderung ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Ausnutzung einer fremden Einrichtung. Bei dieser in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppe liegt die gezielte Behinderung eines Mitbewerbers darin, dass die von oder für einen Mitbewerber geschaffenen Einrichtungen für eigene Zwecke ausgenutzt werden, ohne dafür ein Entgelt zu entrichten (vgl. BGH, GRUR 2010, 346 Rn. 15, 18 ff. – Rufumleitung; BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 26 – FremdcouponEinlösung). Hiervon kann auszugehen sein, wenn der Mitbewerber das Bereithalten der Internetseite des Mitbewerbers selbst – also als Einrichtung – ausnutzt (vgl. BGH, GRUR 2014, 393 Rn. 33 – wetteronline.de). Es bedarf allerdings keiner Entscheidung, ob sich auch die streitgegenständliche Verknüpfung des Beitrags der Beklagten mit derjenigen der Klägerin als eine solche Ausnutzung der Einrichtung der Klägerin in Gestalt deren Anreißers auf ihrem Profil darstellt. Der Bundesgerichtshof hat es bereits als zweifelhaft erachtet, ob die Werbung eines Mitbewerbers – wie hier in Gestalt des klägerischen Teasers auf Facebook – eine fremde Einrichtung sein kann, die in unlauterer Weise ausgenutzt werden kann, oder ob der Begriff der Einrichtung in diesem Sinne auf Produktions- und Betriebsmittel zu beschränken ist, die unmittelbar für oder im Zusammenhang mit Umsatzgeschäften genutzt werden, so dass die dem Umsatzgeschäft vorgelagerte Werbung nicht erfasst wird (vgl. BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 27 – Fremdcoupon-Einlösung). Zwar stellt nämlich die Beklagte den Beitrag ein, die Einrichtung wird allerdings seitens Facebook vorgehalten, an die beklagtenseits technisch angeknüpft wird. Der bewertende Faktencheck-Beitrag der Beklagten überlagert auch nicht denjenigen der Klägerin, sondern wird jeweils ergänzend hierzu dargestellt. ee) Auch unter dem Gesichtspunkt einer Einwirkung auf die Dienstleistung der Klägerin ist schließlich eine Unlauterkeit nicht zu bejahen. Im Regelfall unlauter ist die unmittelbare Einwirkung auf das Produkt eines Mitbewerbers wie etwa die Vernichtung, Beiseiteschaffung, Veränderung oder Beschädigung der Ware, um ihren Absatz zu erschweren oder zu vereiteln oder ihren guten Ruf zu beeinträchtigen (vgl. BGH, GRUR 2004, 877 [879] – Werbeblocker I; BGH, GRUR 2018, 1251 Rn. 29 – Werbeblocker II; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 4.48a). Allerdings muss die Beeinträchtigung in diesen Fällen unmittelbar vom Mitbewerber ausgehen, dieser also direkt auf das Produkt einwirken (vgl. BGH, GRUR 2018, 1251 Rn. 29 – Werbeblocker II). Eine Beeinträchtigung, die 14 O 181/19 - Seite 30 – sich erst aufgrund einer freien Entscheidung eines weiteren Marktteilnehmers ergibt, stellt grundsätzlich keine unlautere Behinderung dar (vgl. BGH, GRUR 2018, 1251 Rn. 30 – Werbeblocker II). Der verknüpfte, auf ihrer Internetseite veröffentlichte und unverändert abrufbare Artikel der Klägerin selbst bleibt von den Maßnahmen des Faktenchecks vollständig unberührt, eine Einwirkung findet lediglich auf Ebene der auf Facebook betriebenen Werbung statt. Auch das werbewirksame Teilen als solches ist weiter möglich. Sieht der Nutzer im Hinblick auf das Ergebnis des Faktenchecks davon ab, so stellt dies seine eigene, nicht auf einer unmittelbaren Einwirkung durch die Beklagte beruhende Entscheidung dar. ff) Damit konzentriert sich der im Hinblick auf § 4 Nr. 4 UWG zu beurteilende Sachverhalt auf den klägerseits erhobenen Vorwurf, die Beklagte erlange einerseits die Werbewirkung zu Gunsten ihres eigenen Artikels nur durch Ausnutzung der klägerischen Werbebemühungen und beeinträchtige andererseits durch die Verknüpfung des klägerischen Artikels mit ihrem Artikel in Gestalt des Faktenchecks die Klägerin in diesen Werbebemühungen, namentlich durch eine Einschränkung von deren Reichweite durch Einwirkung auf den Artikel teilen wollende Nutzer. Unter dem Gesichtspunkt unlauterer Werbebehinderung ist es allerdings grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Werbemaßnahmen eines Unternehmens mittelbar dazu führen, dass die Werbung von Mitbewerbern nicht oder nicht mehr so wie zuvor zur Geltung kommt, mag dies dem Werbenden auch bewusst sein (vgl. BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 21 – Fremdcoupon-Einlösung). So ist auch Gegenwerbung, also eine Werbung, die bewusst in räumlicher Nähe zur Werbung eines Mitbewerbers angebracht oder verteilt wird mit dem Ziel, den Verbraucher auf das eigene Angebot hinzulenken, sofern keine besonderen Umstände hinzukommen, nicht unlauter (vgl. BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 21 – Fremdcoupon-Einlösung; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 4.75). Demgegenüber kann allerdings die Beeinträchtigung der Werbung eines Mitbewerbers – etwa durch deren Zerstörung, Beschädigung, Beseitigung oder Verdeckung – im Einzelfall eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers darstellen, etwa durch Beeinträchtigung der Werbewirkung gegenüber einem durch diesen angesprochenes Publikum (vgl. BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 21 – Fremdcoupon- 14 O 181/19 - Seite 31 – Einlösung; BGH, GRUR 2004, 877 (879) – Werbeblocker; OLG Karlsruhe, GRURRR 2008, 350 – Wildes Plakatieren). Denn diese Maßnahme hat nur den Zweck, den Mitbewerber in seiner wettbewerblichen Entfaltung zu behindern. Abzugrenzen ist dies grundsätzlich danach, ob eine Werbung erst aufgrund einer bewussten Entscheidung der Verbraucher beeinträchtigt wird (vgl. BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 21 – Fremdcoupon-Einlösung). Auch umgekehrt ist das bloße Ausnutzen einer Werbung eines Mitbewerbers für eigene Zwecke nicht per se unlauter (vgl. BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 23 – Fremdcoupon-Einlösung). Etwas Anderes gilt allerdings dann, wenn diese Maßnahme den Verkehr irreführt, den Umständen nach darauf zielt, die Werbung des Mitbewerbers auszuschalten oder zu behindern, oder eine unlautere Leistungsübernahme darstellt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 4.74). Gleiches gilt für die Ausnutzung von öffentlich abrufbaren Leistungen von Mitbewerbern für Zwecke eigenen Wettbewerbs (vgl. BGH, GRUR 2011, 1018 Rn. 65 – Automobil-Onlinebörse). Die Klägerin wird vorliegend durch den Faktencheck in ihrem Recht aus Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG und als Medienunternehmen ebenso in deren Grundrechtsposition aus Art. 5 Abs. 1 GG betroffen und in ihren Werbemöglichkeiten und auch in der Reichweite ihrer Werbung eingeschränkt. Wie bereits dargelegt trifft die streitgegenständliche unmittelbare technische Verknüpfung des Ergebnisses des Faktenchecks mit dem Beitrag der Klägerin, und insbesondere im Rahmen der Einwirkung auf den zum Teilen des Beitrags bereiten Nutzer, die Klägerin in ihrer Werbung auf Facebook für ihren Artikel nicht unerheblich. Ohne Weiteres kommt damit – und es wird durch Vorlage der Ziele von Facebook auch glaubhaft gemacht, dass dies sogar Ziel des Faktenchecks sei – in Betracht, dass die Reichweite der klägerischen Werbung erheblich eingeschränkt wird. Es genügt die Eignung der geschäftlichen Handlung zur Behinderung (vgl. BGH, GRUR 2018, 317 Rn. 34 – Portierungsauftrag), die Behinderung muss also nicht tatsächlich eingetreten sein. Dem steht jeweils auch ein unmittelbarer wettbewerblicher Vorteil der Beklagten gegenüber, wird doch der angesprochene Teil des Verkehrs gerade dazu ange- 14 O 181/19 - Seite 32 – halten, den auf ihrer Internetseite veröffentlichten Artikel der Beklagten zur Kenntnis zu nehmen. Hierdurch erzielt sie unmittelbare Werbewirkung. Allerdings wird man auch zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte als gemeinnütziges Unternehmen nicht unmittelbar mit dem Aufrufen ihres Artikels – etwa infolge Werbeeinnahmen oder aufgrund Entgeltpflichtigkeit ihres Angebots – Einnahmen tätigt. Indes wird man dem eine mittelbare auch erwerbsdienliche Werbewirkung nicht absprechen können, wenn die so vergrößerte Leserreichweite einerseits zu einem erhöhten Spendenaufkommen beitragen kann und andererseits jedenfalls künftiges Einkommen durch die entgeltliche Aufwandsentschädigung für den Faktencheck dadurch gesichert wird, dass der angesprochene Verkehr diese gemeinschaftlich von Facebook und der Beklagten angebotene Leistung nutzt. gg) In der gebotenen Gesamtwürdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (stRspr; vgl. BGH, GRUR 2011, 1018 Rn. 65 – Automobil-Onlinebörse; BGH, GRUR 2017, 92 Rn. 14 – Fremdcoupon-Einlösung; BGH, GRUR 2017, 397 Rn. 49 – World of Warcraft II; BGH, GRUR 2018, 317 Rn. 12 – Portierungsauftrag) erweist sich das Handeln der Beklagten im Rahmen des streitgegenständlichen Faktenchecks allerdings nicht als unlauter. Unlauter ist eine Maßnahme hiernach dann, wenn die Maßnahme bei objektiver Würdigung der Umstände auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht in erster Linie auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (vgl. BGH, GRUR 2008, 917 Rn. 23 – EROS; BGH, GRUR 2015, 607 Rn. 29 – Uhrenankauf im Internet) oder aber das Eigeninteresse des Handelnden unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wettbewerbsfreiheit weniger schutzwürdig ist als die Interessen der übrigen Beteiligten und der Allgemeinheit (vgl. BGH, GRUR 2009, 685 Rn. 41 – ahd.de; BGH, GRUR 2014, 393 Rn. 42 – wetteronline.de; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 4.11). Entscheidend ist, ob die Auswirkungen der Handlung auf das Wettbewerbsgeschehen bei objektiver Betrachtung so erheblich sind, dass sie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Gesetzes von den Marktteilnehmern 14 O 181/19 - Seite 33 – nicht hingenommen werden müssen (vgl. BGH, GRUR 2007, 800 Rn. 21 – Außendienstmitarbeiter). Dabei ist auch die Marktmacht des handelnden Unternehmens im Verhältnis zum behinderten Mitbewerber zu berücksichtigen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 4.11). Ausgehend davon sind auch an dieser Stelle die bereits oben im Zusammenhang mit der Frage der unlauteren Herabsetzung erörterten Rechtspositionen der Klägerin an freier wettbewerblicher Entfaltung und deren Meinungs- und Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG mit derjenigen der Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 GG in Übereinstimmung zu bringen. Das Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG findet nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranke in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die lauterkeitsrechtlichen Bestimmungen des UWG gehören, die ihrerseits allerdings im Lichte der Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 GG auszulegen und daher in ihrer dieses Grundrecht beschränkenden Wirkung selbst einzuschränken sind (vgl. BVerfGK 11, 409 = GRUR 2008, 81 [82] – Pharmakartell, BGH, GRUR 2012, 74 Rn. 31 – Coaching-Newsletter; GRUR 2016, 710 Rn. 46 – Im Immobiliensumpf; BGH, GRUR 2018, 622 Rn. 31 – Verkürzter Versorgungsweg II). In der Abwägung dieser widerstreitenden Interessen ist die wettbewerbliche Einschränkung von der Klägerin hinzunehmen. (1) Wie bereits oben erläutert, kommt die Beklagte durch den Faktencheck ihrer Aufgabe als – zumal gemeinnütziges – Medienunternehmen nach, die Öffentlichkeit über Vorgänge von allgemeiner Bedeutung zu unterrichten und zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen. Zur Aufgabe der öffentlichen Medien gehört auch die Medienkritik (vgl. BGH, GRUR 2000, 703 [706] – Mattscheibe), deren Eigenschaft es gerade ist, mittelbar zugleich im Wettbewerb zwischen den betroffenen Medien Auswirkungen hervorzurufen. Medienkritik durch andere Medienunternehmen, bei denen die Absicht, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken, ganz im Vordergrund steht, ist daher grundsätzlich selbst dann zulässig, wenn sie subjektiv einseitig zum Nachteil eines Mitbewerbers erfolgt (vgl. BGH, GRUR 2000, 703 [706] – Mattscheibe; GRUR 2018, 622 Rn. 42 – Verkürzter Versorgungsweg II). 14 O 181/19 - Seite 34 – Auch im Hinblick auf § 4 Nr. 4 UWG muss berücksichtigt werden, ob der verursachten Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers die öffentliche Auseinandersetzung im Zusammenhang mit einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage zugrunde liegt. Je mehr das Interesse der sich Äußernden auf politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit gerichtet ist, desto eher ist ihre Äußerung – und damit auch die wettbewerbliche Beeinträchtigung – in Abwägung mit anderen Belangen gerechtfertigt (vgl. BVerfGK 11, 409 = GRUR 2008, 81 [83] – Pharmakartell; BGH, GRUR 2018, 622 Rn. 35 – Verkürzter Versorgungsweg II). Ausgehend von der Meinungs- und Pressefreiheit der Beklagten aus Art. 5 Abs. 1 GG und unter Berücksichtigung der oben dargelegten europarechtlichen Determinierung durch die Ziele der Richtlinie 2010/13/EU über audiovisuelle Mediendienste sowie der Richtlinie (EU) 2018/1808 vom 14.11.2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU im Hinblick auch auf Medienintermediäre, also auch Facebook (vgl. Erwägungsgründe 4, 16, 25, 54 und 59), darf sich die Beklagte als legitimes Ziel im Rahmen ihrer Einwirkung auf die öffentliche Meinungsbildung setzen, „Filterblasen“ durch Information entgegenzutreten, Leser zur kritischen Auseinandersetzung mit Medieninhalten anzuhalten und Meinungspluralismus zu fördern. Medienintermediäre wie u.a. Facebook sind ein wichtiger Faktor für die öffentliche Meinungsbildung, da gerade bei ihnen aufgrund ihrer algorithmisch berücksichtigten Kriterien die besondere Gefahr der Erzeugung sog. „Echokammern“ und „Filterblasen“ besteht (vgl. Schwartmann/Hermann/Mühlenbeck, MMR 2019, 498). Letztere können, etwa im Vorfeld von Wahlen oder im Zusammenhang mit Themen von gesamtgesellschaftlichem Interesse, auch in tatsächlicher Hinsicht eine Gefahr für das gesellschaftliche Gesamtgefüge darstellen, deren Vermeidung ist daher als legitimes Ziel anzusehen. (2) Angesichts dieser legitimen Ziele darf sich auch Facebook selbst als Intermediär eines verhältnismäßigen Faktenchecks durch Dritte bedienen. Dies gilt gerade weil Facebook angesichts seiner Bedeutung als jedenfalls marktstärkstes soziales Netzwerk als zum Zweck des gegenseitigen Austausches und der Meinungsäußerung eröffnetes, nicht ohne weiteres austauschbares Medium 14 O 181/19 - Seite 35 – von besonderer Bedeutung und daher nicht ohne Weiteres substituierbar ist (vgl. BVerfG, NVwZ 2019, 959 Rn. 19). Dies ist zu berücksichtigen, weil sich die Beklagte, wie die Klägerin im Ausgangspunkt zu Recht geltend macht, zur Ermöglichung des Faktenchecks, aber auch zur Erlangung der hiermit verbundenen eigenen wettbewerblichen Vorteile, der technischen und vertraglichen Voraussetzungen und damit der Rechts-, aber auch der Marktposition von Facebook gegenüber der Klägerin als deren Nutzerin bedient. Die Klägerin hat mit Facebook auf Grundlage von dessen Nutzungsbedingungen einen schuldrechtlichen Vertrag über die Nutzung des sozialen Netzwerks geschlossen (vgl. BGH, MMR 2018, 740 Rn. 19, 25), dessen Rechtsnatur für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens keiner abschließenden Einordnung bedarf und auf den jedoch jedenfalls nach Maßgabe von Art. 3 Abs. 1, 6 Abs. 2 VO (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 17.6.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO; ABl. L 177 v. 4.7.2008, S. 6) das deutsche Sachrecht Anwendung findet (vgl. BGH a.a.O. Rn. 20). Die Beklagte hat insoweit bereits ohne konkretes, lediglich auf die Zulässigkeit der konkreten Verknüpfung durch die Beklagte selbst bezogenes Bestreiten der Klägerin vorgetragen, dass die Nutzungsbedingungen von Facebook, denen die Klägerin zugestimmt habe, generell die Möglichkeit eines Fakten-Checks vorsähen und die Klägerin zu dessen Duldung daher vertraglich verpflichtet sei. Dafür sprechen auch die klägerseits als Anlage JS 21 vorgelegten Facebook-Auszüge. Darauf kommt es letztlich nicht an. Dies würde nicht zur unbedingten lauterkeitsrechtlichen Freizeichnung der Beklagten als Mitbewerberin der Klägerin im Hinblick auf den Faktencheck führen. Insoweit hat andererseits auch die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass sich für den Nutzer aus dem Vertragsverhältnis gegenüber Facebook unmittelbar das Recht ergebe, dass seine veröffentlichten Beiträge ungeachtet der abstrakten „Facebook-Grundsätze“ (Anlage JS 20) generell nicht durch Facebook – das etwa auch selbstständig über die algorithmische Anordnung von dem Nutzer angezeigten Beiträgen oder die generelle Gestaltung des Nutzerprofils entscheiden darf – als Medienintermediär redaktionell mit anderen Beiträgen verknüpft werden dürfte. Rechtsfolge ist, dass die generelle Überprüfung von 14 O 181/19 - Seite 36 – Beiträgen und die streitgegenständliche Verknüpfung des Ergebnisses eines solchen Faktenchecks nicht schon ungeachtet der konkreten Inhalte von der Klägerin gegenüber Facebook nicht hingenommen werden müsste. Auch im Verhältnis zwischen Facebook und der Klägerin ist dabei eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen geboten. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG können die Grundrechte auch im Verhältnis zwischen Privaten im Wege der mittelbaren Drittwirkung Wirksamkeit entfalten (vgl. BVerfGE 7, 198 [205 f.] = NJW 1958, 257; BVerfGE 42, 143 [148]; BVerfGE 89, 214 [229] = NJW 1994, 36; BVerfGE 103, 89 [100] = NJW 2001, 957; BVerfGE 137, 273 [313] = NVwZ 2015, 517 Ls., BVerfG, NVwZ 2019, 959 Rn. 15) und es können sich insoweit jedenfalls in spezifischen Konstellationen auch gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten ergeben (vgl. BVerfGE 148, 267 [283 f.] = NJW 2018, 1667 – Stadionverbot). Ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Forderungen sich insoweit auch für Betreiber sozialer Netzwerke im Internet – etwa in Abhängigkeit vom Grad deren marktbeherrschender Stellung, der Ausrichtung der Plattform, des Grads der Angewiesenheit auf eben jene Plattform und den betroffenen Interessen der Plattformbetreiber und sonstiger Dritter – ergeben, ist bislang nicht abschließend geklärt (vgl. BVerfG, NVwZ 2019, 959 Rn. 15). Dies bedarf auch im vorliegenden Verfahren keiner Vertiefung. Bei der im Rahmen des § 4 Nr. 4 UWG gebotenen Gesamtwürdigung sind nämlich ohnehin die widerstreitenden Rechtspositionen und Interessen, grundrechtlicher wie wettbewerbsbezogener Natur, in die Abwägung einzustellen. Wie oben dargelegt, entspricht es legitimen, auch europarechtlich determinierten Zielen von Facebook, als Medienintermediär auf dessen Plattform die öffentliche Meinungsbildung nicht durch die Erzeugung von „Filterblasen“ zu beeinträchtigen, sondern bei Inhalten, bei denen dies möglicherweise in Betracht kommt, geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen in dem von ihr zur Verfügung gestellten öffentlichen Kommunikationsraum dagegen zu ergreifen. (3) Letztlich erweist sich vor diesem Hintergrund auch die konkrete Ausgestaltung des Faktenchecks im wettbewerblichen Verhältnis zwischen den Parteien als verhältnismäßig. - Seite 37 – 14 O 181/19 (a) Ersichtlich handelt die Beklagte nicht im primären wettbewerblichen Interesse im konkreten Wettbewerb zwischen den Parteien, sondern handelt – mag ihr Verhalten auch zugleich zur Förderung eigenen Wettbewerbs, zur Gewinnung weiterer Interessenten an ihrem eigenen publizistischen Inhalten und mittelbar auch zur Erhöhung ihres Spendenaufkommens geeignet sein –, in ihrer Eigenschaft als gemeinnütziges Medienorgan im Bestreben, ein Informationsbedürfnis von öffentlichem Interesse im Hinblick auf politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit zu befriedigen und zur Meinungspluralität und Vermeidung von „Filterblasen“ auf Facebook beizutragen. Demgegenüber treten bei der gemeinnützigen Beklagten ohnehin allenfalls untergeordnet – nämlich nur hinsichtlich Zuwendungen – vorhandene eigennützige Geschäftsinteressen in den Hintergrund. (b) Mit Blick auf die wettbewerblichen Auswirkungen ist zudem zu sehen, dass der Teaser zum Artikel der Beklagten jeweils deutlich abgegrenzt und dem Verkehr daher als Hinweis auf ein anderes Angebot deutlich erkennbar ist (vgl. BGH, GRUR 2009, 500 Rn. 23 – Beta Layout; BGH, GRUR 2011, 828 Rn. 35 – Bananabay II). (c) Auch mit Blick auf den konkreten Aussagegehalt im vorliegenden Einzelfall ist die konkrete Ausgestaltung verhältnismäßig. (aa) Wie oben bereits dargelegt, wird dem angesprochenen Verkehr nahegelegt, sich zu Informationszwecken beide Artikel betrachten, veranlasst doch der Faktencheck eines bestimmten Artikels den Verkehr dazu, die Artikel gerade im Vergleich zueinander zur Kenntnis nehmen zu wollen, weil auch der FaktencheckArtikel selbst ohne den konkreten Bezug der Lektüre nicht bedürfte. (bb) Inhaltlich enthält der durch den Faktencheck in Bezug genommene Artikel, wie oben dargelegt, als Meinungsäußerung auszulegende abweichende Bewertungen der Beklagten im Hinblick auf die Auslegung des Offenen Briefs, die für sich jedenfalls vertretbar sind. Im Falle einer solchermaßen engen Verknüpfung von Tatsachenbehauptung und Bewertung darf der Grundrechtsschutz nicht dadurch verkürzt werden, dass ein tatsächliches Element („Faktencheck“) aus - Seite 38 – 14 O 181/19 dem Zusammenhang gerissen und isoliert betrachtet wird oder durch die Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile einer Äußerung ihr Sinn verfälscht wird (vgl. BVerfG, ZUM 2013, 793 Rn. 18; BGH, GRUR 2016, 710 Rn. 23 – Im Immobiliensumpf, mwN). Dass demgegenüber im Artikel der Beklagten unrichtige Tatsachenbehauptungen über den Artikel der Klägerin enthalten seien, im klägerischen Artikel also als durch die Beklagte unzutreffend falsch bezeichnete zutreffende Tatsachenbehauptungen zumindest als Tatsachenkerne enthalten seien – was zu einem Überwiegen der Interessen der Klägerin führen könnte (vgl. etwa BGH GRUR 2016, 855 Rn. 31 – jameda), macht die Klägerin bereits nicht geltend. (d) Weiterhin ist auch die generelle Vornahme und Ausgestaltung des Faktenchecks und des Auftretens der Beklagten als „Faktenprüferin“ auf Facebook verhältnismäßig und daher im Verhältnis zwischen den Parteien vorliegend nicht unlauter. (aa) Sieht man die Vermeidung von „Filterblasen“ im Interesse der öffentlichen Meinungsbildung als legitimes Ziel der Beklagten bzw. Facebook an, wird man sich die Frage stellen müssen, wie dies erreicht werden kann. Man wird nicht darauf verweisen können, dass es genüge, schlicht eine Gegenauffassung an anderer Stelle zu publizieren, weil derartige Angebote existieren und dies gerade nicht der Vermeidung einer „Filterblase“ dienen würde. Letztlich kann dies nur dadurch umgesetzt werden – eine andere Möglichkeit vermochte auch die Klägerin im Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung nicht aufzuzeigen –, dass im Umfeld eines möglicherweise unwahre Tatsachen enthaltenen Beitrags durch eine unlösbare technische Verknüpfung hierauf sowie auf abweichende Darstellungen als mögliche Erkenntnisquellen hingewiesen wird. Die hier beanstandete Ausgestaltung des Faktenchecks mittels Verknüpfung ist daher auch unter Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Position der Klägerin als verhältnismäßig anzusehen. (bb) Auch hält die Auswahl des geprüften Artikels einer Überprüfung am Maßstab des Willkürverbots stand. - Seite 39 – 14 O 181/19 (cc) Ebenso wie bei der unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten unter Berücksichtigung der zugrundeliegenden Wertungen festzustellenden ausnahmsweisen Lauterkeit von Boykottmaßnahmen (vgl. BGH, GRUR 1999, 1031 – Sitzender Krankentransport; BGH, GRUR 2000, 344 [347] – Beteiligungsverbot für Schilderpräger) setzt allerdings auch der mit der Verknüpfung des Faktenchecks mit der Werbung des Veröffentlichenden verbundene Eingriff voraus, dass sich der bewertete Artikel mit einer Angelegenheit von öffentlicher Bedeutung, also im Hinblick auf politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit, befasst (vgl. BVerfG, NJW-RR 2008, 200 [201]; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 4.123), weil nur dann das legitime Interesse an der Vermeidung einer diesbezüglichen „Filterblase“ im Einzelfall gegenüber den Interessen des Veröffentlichenden aus Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG Vorrang genießen kann. Ohne Weiteres erfüllt die Debatte um den Klimawandel diese Voraussetzung. (dd) Ferner muss sich der Faktencheck, auch ebenso wie bei Boykottaufrufen, ohne unzulässige Druckausübung auf den Versuch der geistigen Einflussnahme und Überzeugung beschränken (vgl. BVerfG, GRUR 1984, 357 [359] – markt-intern; NJW 1992, 1153 (1154); NJW-RR 2008, 200 [201]; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 4.123). Auch dies ist nach dem oben Gesagten der Fall, weil sich der Artikel sachlich mit dem Artikel der Klägerin und dem dort in Bezug genommenen Offenen Brief auseinandersetzt und der Verkehr dazu angeleitet wird, beide Artikel in ihrer Zusammenschau zu lesen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Auch der Hinweis an den Nutzer im Zusammenhang mit dem Teilen eines Artikels („Trotzdem teilen“) hält sich noch im Rahmen dieser Anforderung. (ee) Schließlich muss die Art und Weise der Auswahl und Durchführung des Fak- tenchecks selbst unter Berücksichtigung eines Ermessenspielraums objektiv vertretbar und zudem willkürfrei erfolgen. 14 O 181/19 - Seite 40 – Im Hinblick auf Warentests wurde in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Ermessensspielraum angenommen, wenn die Untersuchung neutral und sachkundig vorgenommen wird. Zudem muss sie objektiv sein, wobei nicht die objektive Richtigkeit eines gewonnenen Ergebnisses im Vordergrund steht, sondern das Bemühen um diese Richtigkeit (vgl. BGH, GRUR 1976, 268 Rn. 31 – Warentest II; BGH, GRUR 1987, 468 Rn. 13 – Warentest IV; BGH, GRUR 1989, 539 Rn. 11 – Warentest V; BGH, GRUR 1997, 942 Rn. 10 – Druckertest). Sind diese Anforderungen erfüllt, hat der Testveranstalter bei Warentests einen erheblichen Spielraum bei der Angemessenheit der Prüfungsmethoden, der Auswahl der Testobjekte und bei der Darstellung der Untersuchungsergebnisse, wie dies dem Einfluss des Rechts der freien Meinungsäußerung auf die rechtliche Beurteilung einer nachteiligen Äußerung im Wertungsbereich entspricht (BGH, GRUR 1976, 268 Rn. 32 – Warentest II; OLG Stuttgart, GRUR 2018, 1066 Rn. 71). Die Grenze der Unzulässigkeit ist erst dann überschritten, wo es sich um bewusste Fehlurteile und bewusste Verzerrungen, insbesondere auch unrichtige Angaben und einseitige Auswahl der zum Vergleich gestellten Waren und Leistungen handelt, aber auch dort, wo die Art des Vorgehens bei der Prüfung und die sich aus den durchgeführten Untersuchungen gezogenen Schlüsse als sachlich nicht mehr vertretbar erscheinen (OLG Stuttgart, GRUR 2018, 1066 Rn. 71; BGH, GRUR 1976, 268 Rn. 32 – Warentest II). Dies gilt auch für neutrale Waren- oder Preistests durch Verbraucherverbände, Zeitschriftenverlage und andere neutrale Institute (vgl. BGH, GRUR 1981, 658 – Preisvergleichsliste II). Es kann dahinstehen, ob diese Erwartung an Waren- und Dienstleistungstests und der daraus abgeleiteten Zulässigkeit der Werbung mit dem Ergebnis eines solchen unter Berücksichtigung der entsprechenden Verbrauchererwartung (vgl. OLG Stuttgart, GRUR 2018, 1066 Rn. 73) in vollem Umfang auf einen seitens des Betreibers eines sozialen Netzwerks unterstützten und technisch vorgehaltenen medienkritischen „Faktenchecks“ übertragen werden kann. (ff) Jedenfalls genügt der Faktencheck der Beklagten den genannten Anforderungen. Zwar lässt Facebook mit der Beklagten im Ausgangspunkt eine journalistische Mitbewerberin der Klägerin den Faktencheck durchführen. Dies ist aber nicht per se 14 O 181/19 - Seite 41 – unzulässig. Zum einen hat Facebook auf Institutionen zurückzugreifen, die zur Vornahme des Faktenchecks tatsächlich geeignet sind und auch eine Gewähr für Objektivität bieten – dies werden regelmäßig bereits auf dem Markt befindliche, unabhängige Medien sein. Zum anderen wird das Ergebnis eines Faktenchecks stets verschriftlicht werden, mit der Folge, dass nie auszuschließen sein wird, dass sich das prüfende Medium allein hierdurch in die Mitbewerberstellung gegenüber dem geprüften Medium begibt. Allein, dass die Beklagte auch eigene wettbewerbliche Vorteile durch den Faktencheck erzielt, genügt nicht, ihr die Objektivität abzusprechen. Wie dargelegt, ist das eigene wettbewerbliche Interesse der gemeinnützigen und journalistisch publizierenden Beklagten im Wettbewerb gegenüber der Klägerin nicht sonderlich ausgeprägt, mag sie auch entgeltlich für Facebook handeln und überdies Spenden einwerben. Die Klägerin hat auch bereits nicht darzulegen und glaubhaft zu machen vermocht, dass die Beklagte – über die Tatsache hinaus, dass sie, wie naturgemäß auch bei objektivster Bewertung vorkommend, zu einer anderen Beurteilung als die Klägerin betreffend den „offenen Brief“ gelange – nicht objektiv bewerte. Dass das Ergebnis des Faktenchecks in Gestalt des Artikels der Beklagten schließlich auf Grundlage der darin vertretenen Meinungsäußerungen vertretbar ist, wurde oben aufgezeigt. Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte, wie die Klägerin meint, in ihrer politischen Grundausrichtung einem anderen Spektrum zuzuordnen ist. Im Übrigen vermochte die Beklagte in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen aufzuzeigen, dass sie – ohne dass es darauf ankommt, inwieweit dies hinreichend oder erforderlich ist – ihre Eignung zur Faktenprüfung, wie andere Partnerunternehmen von Facebook auch, habe objektiv validieren lassen. Ohne Erfolg macht die Klägerin schließlich geltend, die Beklagte überprüfe Meldungen etablierter Medien nicht, weil sie insoweit auf die durch den sog. Presserat etablierte Selbstkontrolle verweise. Die Beklagte ist bereits unter Kapazitätsgesichtspunkten nicht gehalten, die Vielzahl täglich auf Facebook publizierter Meldungen sämtlich zu überprüfen, sondern darf sich beschränken. Zwar wäre eine willkürliche und gleichheitswidrige Auswahl der zu überprüfenden Artikel (bei- 14 O 181/19 - Seite 42 – spielsweise nur einer bestimmten politischen Anschauung oder nur eines bestimmten Mediums oder zu Wettbewerbszwecken) nach den obigen Grundsätzen sachwidrig. Dies macht die Klägerin aber nicht geltend. Dass die Beklagte solche Meldungen nicht überprüft, die bereits Gegenstand aus ihrer Sicht wirksamer Selbstkontrolle sind und von denen sie daher annimmt, eine externe Überprüfung sei entbehrlich, beruht demgegenüber auf einem sachlichen und nachvollziehbaren Differenzierungskriterium, das den berechtigten Motiven des Faktenchecks – die Ermöglichung einer pluralistischen, nicht eingeschränkten Informationsaustauschs („Vermeidung der Filterblase“) bei Meldungen, bei denen dies ihr aufgrund von ihr angenommener unzutreffend berichteter Tatsachen gefährdet erscheint – Rechnung trägt. Darauf, ob die Selbstkontrolle in jedem Einzelfall – wie die Klägerin unter Bezugnahme auf Fälschungsskandale in etablierten Medien in Zweifel zieht – tatsächlich wirksam ist, kommt es demgegenüber nicht an. (e) Demgegenüber liegt eine – nicht nur im Rahmen des § 5 UWG, sondern auch bereits im Rahmen des § 4 Nr. 4 UWG grundsätzlich beachtliche (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 4.27) – Irreführung entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darin, dass sich die Beklagte gegenüber dem Verkehr in Gestalt der Faktenprüfung eine ihr tatsächlich nicht zukommende Objektivität anmaße. Vielmehr kann unter dem Gesichtspunkt der Wertung des Art. 5 Abs. 1 GG auch dem journalistischen Mitbewerber unter den oben dargestellten Voraussetzungen eine für sich in Anspruch genommene und so verlautbarte objektive Faktenprüfung redaktioneller Inhalte nicht untersagt und dem angesichts der generellen Zulässigkeit von Medienkritik auch nicht per se die Mitbewerbereigenschaft eines redaktionellen Mediums entgegengehalten werden. (f) Nach allem überwiegen die berechtigten Belange von Facebook und der Beklagten die wettbewerblichen Belange der Klägerin vorliegend in der erforderlichen Gesamtabwägung. In der gebotenen Gesamtwürdigung erweisen sich daher die streitgegenständlichen Äußerungen der Beklagten im Rahmen des Faktenchecks nicht als unlautere Behinderung i.S.d. § 4 Nr. 1 UWG. 14 O 181/19 - Seite 43 – 4. Auf Grundlage der oben getätigten Ausführungen kann in dem Handeln der Beklagten auch eine irreführende geschäftliche Handlung i.S.d. § 5 Abs. 1 UWG nicht gesehen werden. Der Faktencheck ist in der gebotenen Gesamtwürdigung auf Grundlage der Vorstellung des verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (vgl, BGH, GRUR 2002, 550 [552] – Elternbriefe; BGH, GRUR 2016, 521 Rn. 10 – Durchgestrichener Preis II; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 38. Aufl. 2020, UWG § 5 Rn. 1.76) nicht geeignet, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zugunsten der Leistungen der Beklagten zu beeinflussen (vgl. BGH, GRUR 2016, 521 Rn. 10 – Durchgestrichener Preis II). 5. Auch der klägerseits geltend gemachte, selbstständige Unlauterkeitstatbestand des § 5a Abs. 6 UWG liegt bereits im Ausgangspunkt nicht vor. Ein Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks ist gegeben, wenn das äußere Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass der Verbraucher ihren geschäftlichen Zweck nicht klar und eindeutig erkennen kann (vgl. OLG Frankfurt, MMR 2019, 313 Rn. 27; BGH, GRUR 2012, 184 Rn. 18 – Branchenbuch Berg; BGH, GRUR 2013, 644 Rn. 15 – Preisrätselgewinnauslobung V; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 38. Aufl. 2020, UWG § 5 Rn. 1.76). Dabei ist auf den konkreten Fall abzustellen und es sind alle tatsächlichen Umstände sowie die Beschränkungen des verwendeten Kommunikationsmittels zu berücksichtigen. Maßgebend ist die Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe (vgl. BGH, GRUR 2012, 184 Rn. 19 – Branchenbuch Berg; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 38. Aufl. 2020, UWG § 5 Rn. 1.76). Vorliegend wird der angesprochene Verbraucher den kommerziellen Zweck der Handlung der Beklagten, soweit er anzunehmen ist, den Umständen nach ebenso erkennen, wie er es bei der Veröffentlichung des Beitrags der Klägerin selbst tut. 14 O 181/19 - Seite 44 – In beiden Fällen wird der angesprochene Verkehr davon ausgehen, dass Medienunternehmen die Beiträge bzw. die verlinkten Artikel verfasst haben und eine entsprechende geschäftliche Handlung annehmen. Zwar ist als Fallgruppe des § 5a Abs. 6 UWG anerkannt, wenn eine neutrale Berichterstattung vorgetäuscht wird, es sich tatsächlich aber um Werbung handelt, dabei muss es sich aber um Werbung für Dritte, nicht für das veröffentlichende Medium selbst handeln. Ebenso wenig, wie das allgemeine Interesse an Anzeigenaufträgen redaktionell in Bezug genommener und damit beworbener Dritter genügt (vgl. BGH, GRUR 2006, 875 Rn. 28 – Rechtsanwalts-Ranglisten), genügt hier das abstrakte Interesse an Spendenaufkommen durch einen Besuch der eigenen Internetseite. Schließlich richtet sich das Verbot des Nichtkenntlichmachens des kommerziellen Zwecks zwar weiterhin auch an solche Personen oder Organisationen, von denen die Öffentlichkeit auf Grund ihrer Stellung oder ihres Auftretens unabhängige, neutrale und objektive Auskünfte erwartet (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 5a Rn. 7.93). Selbst wenn man aber die Beklagte in ihrer Eigenschaft als „Faktenprüferin“ und gemeinnützige Gesellschaft hierunter fasst, so erschöpfte sich ihre geschäftliche Handlung in der Veröffentlichung des Links zu Ihrem Artikel, der ohne weiteres als solches erkennbar ist. 6. Nach allem besteht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch unter deliktsrechtlichen Gesichtspunkten nicht. Ist der Betroffene ein Mitbewerber i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, erfüllt aber das Verhalten des Handelnden nicht den Tatbestand des § 3 UWG, so ist daher auch kein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb anzunehmen (vgl. BGH GRUR 2004, 877 [880] – Werbeblocker; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 4 Rn. 4.23). Auch im Übrigen führt das Ergebnis der obigen Abwägung dazu, dass die Klägerin auch unter deliktsrechtlichen Gesichtspunkten aus §§ 823, 826, 1004 BGB die begehrte Unterlassung nicht verlangen kann. - Seite 45 – 14 O 181/19 II. 1. War nach allem der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen, hat die unterlegene Verfügungsklägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 91 ZPO zu tragen. 2. Das Urteil ist nach Maßgabe der §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar. Lembach Dr. Tochtermann Stihler Vorsitzender Richter am Landgericht Vorsitzender Richter am Landgericht Richter am Landgericht