(19) & (11) EP 1 833 636 B1 EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT (12) (45) Veröffentlichungstag und Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung: 21.07.2010 Patentblatt 2010/29 (21) Anmeldenummer: 05796451.2 (51) Int Cl.: B23K 26/14 (2006.01) B26F 3/00 (2006.01) B23K 26/06 (2006.01) B26F 1/31 (2006.01) B23K 26/42 (2006.01) (86) Internationale Anmeldenummer: PCT/CH2005/000636 (22) Anmeldetag: 01.11.2005 (87) Internationale Veröffentlichungsnummer: WO 2006/050622 (18.05.2006 Gazette 2006/20) (54) VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUR ERZEUGUNG EINES FLÜSSIGKEITSSTRAHLS FÜR EINE MATERIALBEARBEITUNG PROCESS AND DEVICE FOR OPTIMISING THE COHERENCE OF A FLUIDJET USED FOR MATERIALWORKING MÉTHODE ET DISPOSITIF POUR OPTIMISER LA COHÉRENCE D’UN JET DE FLUIDE UTILISÉ POUR LE TRAVAIL DE MATÉRIAUX (74) Vertreter: Roshardt, Werner Alfred et al (84) Benannte Vertragsstaaten: AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR (30) Priorität: 10.11.2004 EP 04405689 (43) Veröffentlichungstag der Anmeldung: 19.09.2007 Patentblatt 2007/38 Keller & Partner Patentanwälte AG Schmiedenplatz 5 Postfach 3000 Bern 7 (CH) (56) Entgegenhaltungen: WO-A-99/56907 DE-A1- 19 518 263 DE-A1- 10 113 475 US-A1- 2004 164 058 (73) Patentinhaber: SYNOVA S.A. 1024 Ecublens (CH) (72) Erfinder: EP 1 833 636 B1 • RICHERZHAGEN, Bernold CH-1025 St-Sulpice (CH) • SPIEGEL, Akos CH-1022 Chavannes (CH) • DATABASE WPI Section Ch, Week 200119 Derwent Publications Ltd., London, GB; Class M23, AN 2001-185155 XP002324969 -& JP 2000 334590 A (AMADA CO LTD) 5. Dezember 2000 (2000-12-05) in der Anmeldung erwähnt Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents im Europäischen Patentblatt kann jedermann nach Maßgabe der Ausführungsordnung beim Europäischen Patentamt gegen dieses Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen). Printed by Jouve, 75001 PARIS (FR) 1 EP 1 833 636 B1 Beschreibung [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erzeugung eines Flüssigkeitsstrahls gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 und eine Vorrichtung zur Erzeugung eines Flüssigkeitsstrahls gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 6 (siehe z.B. WO 99/56907). 5 Stand der Technik 2 volumen verwirbelt, sondern sich in einem "Unterwasserluftkanal" ausbreiten kann. [0006] Die bisher bekannten Methoden zur Verlängerung der Kohärenzlänge eines Wasserstrahls eignen sich entweder nicht für die wasserstrahl-geführte Lasertechnologie oder bringen namentlich bei dünnen Flüssigkeitsstrahlen keine brauchbaren Ergebnisse. Darstellung der Erfindung 10 [0002] Die Materialbearbeitung durch Laserstrahlung hat sich in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen etabliert. Eine technisch weiterentwickelte Variante davon ist das Schneiden mit einem wasserstrahlgeführten Laser (EP 0 762 947 B1, WO 99/56907). Der Laserstrahl wird in einen dünnen Wasserstrahl eingekoppelt, um so zur Materialbearbeitungsstelle geführt zu werden. Da der Wasserstrahl .den Laserstrahl in der Art eines optischen Wellenleiters führt, bleibt die Strahlenergie über eine relativ grosse Länge auf den durch den Wasserstrahl vorgegebenen Querschnitt konzentriert. Je grösser die Kohärenzlänge des Wasserstrahls ist, d.h. je später der Wasserstrahl in Tröpfchen zerfällt, desto grösser ist die Variabilität der Arbeitsdistanz der Vorrichtung. [0003] In der JP 2000-334590 ist ebenfalls eine Vorrichtung zur wasserstrahlgeführten Laserbearbeitung beschrieben. Dabei wird vorgeschlagen, den Wasserstrahl mit einem Gasstrahl (z.B. Stickstoff, Argon, Sauerstoff oder Luft) zu umhüllen, indem die Wasserstrahldüse von einer Ringdüse für das Gas umgeben wird. [0004] Eine verbreitete Alternative zur Laserbearbeitung ist das Wasserstrahlschneiden. Dabei wird mit sehr feinen Düsen von deutlich unter 1 mm ein Wasserstrahl erzeugt, mit dessen kinetischer Energie das Werkstück bearbeitet werden kann. Aus der DE 101 13 475 A1 ist dabei bekannt, dass die Kohärenzlänge des Wasserstrahl erhöht werden kann, indem der Wasserstrahl in einem Arbeitsraum mit kontrollierter .Atmosphäre verwendet wird. Der Arbeitsraum wird z.B. mit Unterdruck versehen oder mit einem Spülgas beschickt, dessen Dichte kleiner als diejenige von Luft ist (insbesondere Wasserstoff, Helium oder Methan). Das Spülgas ergiesst sich aus einer hinter der Wasserstrahldüse angeordneten Kammer grossvolumig über das Werkstück. [0005] Auf ganz anderen Überlegungen basiert die in der US-A 4,047,580 beschriebene Technologie. Diese betrifft ein Verfahren zum Abgraben, Durchdringen oder Zerkleinern von Bodenschichten mit einem grossen Hochgeschwindigkeitswasserstrahl. Damit der Wasserstrahl auch in einer Flüssigkeit (z.B. unter Wasser) eine grössere Strecke durchdringen kann, wird er mit einem Gasstrahl umhüllt, der mindestens die halbe Schallgeschwindigkeit hat. Zur Strahlerzeugung wird eine konzentrische Doppeldüse verwendet Der Wasserstrahl tritt aus der kreisförmigen Innendüse und der Gasstrahl aus der ringförmigen Aussendüse aus. Der Gasstrahl schafft quasi einen Freiraum im wassergefluteten Arbeitsbereich, so dass der Arbeitswasserstrahl nicht im Wasser- 15 20 25 30 35 40 45 50 55 2 [0007] Aufgabe der Erfindung ist es, ein dem eingangs genannten technischen Gebiet zugehörendes Verfahren zu schaffen, welches auch bei sehr dünnen Flüssigkeitsstrahlen eine ausreichend grosse, insbesondere eine gegenüber dem Stand der Technik verbesserte, Kohärenz der Strahllänge des Flüssigkeitsstrahls ermöglicht. Weiter ist es Aufgabe der Erfindung eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens anzugeben. [0008] Gemäss der Erfindung sind ein Verfahren und eine Vorrichtung in den Ansprüche 1 und 6 definiert. [0009] Flüssigkeitsdüse und Gasauslassdüse sind also in z-Achse (Strahlachse) nicht auf der gleichen Position (wie bei der eingangs erwähnten JP 2000-334590) sondern zueinander in z-Richtung versetzt. Zuerst formt die Flüssigkeitsdüse den (vorzugsweise sehr dünnen) Flüssigkeitsstrahl und danach formt die Gasauslassdüse den Gasstrom. Diese Anordnung erlaubt es, die Gasauslassdüse optimal auf die strömungstechnischen Anforderungen für eine gute Gasstrahlerzeugung auszubilden. Anders als bei der "integrierten" Anordnung gemäss JP 2000-334590) muss der Gasauslass nicht um eine Flüssigkeitsdüse herum konstruiert werden (und es muss folglich nicht den Gegebenheiten der Flüssigkeitsdüse Rechnung getragen werden). Ein weiterer Vorteil gegenüber der "integrierten" Anordnung besteht darin, dass die Flüssigkeitsdüse auswechselbar ausgestaltet sein kann. Das heisst, die (technisch diffizile und daher leichter beschädigbare) Flüssigkeitsdüse kann ersetzt werden, ohne dass gleichzeitig die Gasauslassdüse ersetzt werden muss. [0010] Die erfindungsgemässe Gasauslassdüse wird typischerweise durch einen im Querschnitt kreisförmigen Durchgang gebildet. Der Wasserstrahl schiesst im Wesentlichen zentral durch den Durchgang. Der Gasstrahl wird unmittelbar an den Flüssigkeitsstrahl angeformt. Es sind also keine Trennwände zwischen dem zentralen Flüssigkeitsstrahl und dem Austritt bzw. dem Ort der Erzeugung des Gasstrahls vorhanden, wie z.B. in der eingangs zitierten Je 2000-334590). Unerwünschte Turbulenzen im Gasstrom (insbesondere zwischen dem Flüssigkeitsstrahl und dem Gasstrom) können so minimiert werden. [0011] Nach einer einen Strahl erzeugenden Düse 1 hat jeder Flüssigkeitsstrahl, wie in Figur 1 angedeutet ist, eine stabile Strahllänge s. An diesen stabilen (kohärenten) Bereich schliesst ein Bereich mit einer Länge Ü an, in der der Strahlmantel beginnt sich einzuschnüren. Diesen "Einschnürbereich" bezeichnet man als Über- 3 EP 1 833 636 B1 gangsbereich. Nach dem Übergangsbereich erfolgt ein Zerperlen des Strahls in einzelne Tropfen, welche über die Falllänge P in leicht abgeflachte annähernd kugelförmige Tropfen übergehen. Die stabile Strahllänge s ist bei einem frei auslaufenden Strahl länger als bei einem auf eine Werkstückoberfläche zur Materialbearbeitung auftreffenden Strahl. [0012] Wird eine Materialbearbeitung mit einem "abrasiven" Hochdruck-Flüssigkeitsstrahl vorgenommen, so kann noch im Übergangsbereich, eventuell auch noch mit einem zerperlenden Flüssigkeitsstrahl, gearbeitet werden. Wird jedoch der Flüssigkeitsstrahl als Strahlleiter verwendet, in dem z.B. die Strahlung eines Laserstrahls eingekoppelt wird, um einen "kalten Schnitt" bzw. einen "kalten" Materialabtrag zu erhalten, wie beispielsweise in der WO 95/32834 und der WO99/56907 beschrieben, so beginnt in den Flüssigkeitsstrahl eingekoppelte Strahlung im Übergangsbereich seitlich aus dem flüssigkeitsstrahl auszutreten. Diese bereits ausgetretene Strahlung ist für die Materialbearbeitung verloren. [0013] Bei einer herkömmlichen Laserbearbeitung, bei der die Laserstrahlung auf die zu bearbeitende Werkstückoberfläche fokussiert wird, muss der Fokuspunkt einem Oberflächenprofil tiefenmässig (d.h. in Richtung der z-Achse) nachgefahren werden. Bei in einen Flüssigkeitsstrahl eingekoppelter Laserstrahlung hingegen entfällt dieses tiefenmässige Nachstellen hier der Düse, sofern die Profilunterschiede kleiner sind als die stabile Strahllänge s (minus Düsenabmessungen). Für eine optimale Materialbearbeitung mit einem in einen Flüssigkeitsstrahl eingekoppelten Laserstrahl sollte deshalb eine möglichst grosse stabile Flüssigkeitsstrahllänge erreicht werden. [0014] Um einen Flüssigkeitsstrahl, der als Strahlleiter für eine Laserstrahlung dient, mit einer möglichst fangen stabilen Strahllänge s zu erreichen, wird im Gegensatz zum Stand der Technik zuerst der Flüssigkeitsstrahl mit eingekoppelter Laserstrahlung erzeugt und dieser Flüssigkeitsstrahl dann durch eine Gasauslassdüse geführt. Die Gasauslassdüse formt einen den Flüssigkeitsstrahl umhüllenden Gasstrahl. Typischerweise (aber nicht zwingend) fällt die Strahlachse des Flüssigkeitsstrahls (bis auf eine Toleranz) mit der Düsenachse der Gasauslassdüse zusammen. Zwischen der Düse, welche den Flüssigkeitsstrahl erzeugt, und der Gasauslassdüse ist quasi ein Stauraum für das Gas gebildet. Es liegt in der Natur einer Düse, dass sie eine Verengung darstellt für das Fluid, welches aus einem ersten Bereich (hier dem Bereich zwischen Flüssigkeitsstrahldüse und Gasauslassdüse) durch die Düse (hier die Gasauslassdüse) in einen zweiten Bereich (hier der Bereich zwischen Gasauslassdüse und Materialoberfläche) strömen soll. [0015] Bei einer Materialbearbeitung mit einem im Flüssigkeitsstrahl geführten Laserstrahl (z.B. die Strahlung eines Nd:YAG-Lasers mit einer Wellenlänge von 1,06 Pm) hat der Flüssigkeitsstrahl typischerweise einen Durchmesser im Bereich von 20 Pm bis 200 Pm. Die Gasauslassdüse hat einen Durchmesser von typischer- 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 3 4 weise 0,5 mm bis 2 mm. Als Richtwert sollte gelten: Der Durchmesser des Düsenkanals der Gasauslassdüse sollte etwa zehnmal bis zwanzigmal so gross sein wie der Durchmesser des Kanals der Flüssigkeitsdüse. Dies ist allerdings keine zwingende Dimensionsvorgabe der Erfindung. Eine Toleranz für das Übereinstimmen der Gas- und der Flüssigkeitsstrahlachse im Gasauslassdüsenbereich ist vorzugsweise derart, dass der Flüssigkeitsstrahl durch die Mitte der Gasauslassdüse mit einer Toleranz von 200 Pm gehen sollte. [0016] Im Gegensatz zum Stand der Technik werden lange stabile Strahllängen erreicht, wenn, wie oben ausgeführt, zuerst der Flüssigkeitsstrahl mit eingekoppelter Laserstrahlung gebildet wird und erst nach einem vorgegebenen Weg (d.h. stromabwärts bezüglich der Flüssigkeitsdüse) das Beaufschlagungsgas zugeführt wird. Im Stand der Technik wird das Beaufschlagungsgas immer in unmittelbarer Nähe zur Bildung des Flüssigkeitsstrahles zugeführt, wobei die Ausströmrichtungen der Flüssigkeit des Flüssigkeitsstrahls und diejenige des Beaufschlagungsgases parallel zueinander gewählt wurden. [0017] Die Erfindung geht davon aus, dass die Gasbeaufschlagung derart erfolgen muss, dass am Ort der Gaseinströmung möglichst keine Störung des Flüssigkeitsstrahls erfolgen darf. Eine Störung auf den Flüssigkeitsstrahl wirkt sich nämlich bedeutend stärker auf eine Verkürzung der Strahllänge aus als eine erreichbare Verlängerung durch die Eigenschaften des Beaufschlagungsgases. [0018] Vorzugsweise wird ein Beaufschlagungsgas in einem Hohlraum eines Gehäuses derart eingebracht, dass der eingebrachte Gasstrom den Flüssigkeitsstrahl nicht direkt trifft, sondern dass der gesamte Hohlraum mit dem Beaufschlagungsgas füllbar ist (d.h. das Gas staut sich) und dass das Beaufschlagungsgas den Flüssigkeitsstrahl umhüllend das Gehäuse verlässt. [0019] Vorzugsweise wird das Beaufschlagungsgas in einen Gehäuseinnenraum eingebracht. Bei dem Gehäuse ist dann einem als Gasdüse ausgebildeten Auslass gegenüberliegend die Flüssigkeitsdüse angeordnet. Wie unten noch ausführlich ausgeführt wird, ist dann der durch die Flüssigkeitsdüse erzeugte Flüssigkeitsstrahl sofort mit dem Beaufschlagungsgas umgeben. [0020] Nicht jedes Gas ist gleich gut als Beaufschlagungsgas geeignet. Die kinematische Gasviskosität des verwendeten Beaufschlagungsgases sollte kleiner sein als diejenige des Atmosphärengases (= Umgebungsgas am Bearbeitungsort). Sofern nicht unter einem Schutzgas gearbeitet wird, ist Luft das Atmosphärengas. Unter einer kinematischen Gasviskosität wird eine Viskosität bezogen auf das spezifische Gewicht des Gases verstanden. Die kinematische Gasviskosität von Luft beträgt bei 20°C und einem Druck von 1 atm 151,1·10-3 cm2/sec. [0021] Gemäss American Institute of Physics Handbook, Second Edition, Seite 2-229 kämen somit beispielsweise die nachfolgenden Gase in Frage, wobei die angegebenen Werte die Dimension 10-3 cm2/sec haben: 5 EP 1 833 636 B1 Wasserstoff (H2) 1,059 Helium (He) 1,179 Acetylen (C2H2) 80,6 Ammoniak (NH3) * † 138 Argon (Ar) 134,3 Bromgas *(Br2) 22,50 31,0 iso-Butan (C4H10) n-Butan (C4H10) 35, 1 Chlor (C 2) *† 150,6 Chloroform (CHCl3) *†20,16 Cyan (C2N2)† 46,35 72,9 Ethan (C2H6) Ethylen (C2H4) 5 10 85,84·10-3 cm2/sec *† Bromwasserstoff (HBr) 54,79 Chlorwasserstoffgas